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Der geriatrische Patient mit mildem SHT – eine deutschlandweite Umfrage zur Behandlungsrealität
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Published: | October 21, 2024 |
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Fragestellung: Ca. 48.000 geriatrische Patienten erleiden in Deutschland jährlich ein mildes Schädel-Hirn-Trauma (mSHT). Dieses Kollektiv stellt aufgrund der häufig nötigen Bildgebung und stationären Aufnahme zur Überwachung, einen erheblichen Zeit- und Kostenfaktor in unseren Notaufnahmen dar. Dennoch existiert derzeit keine einheitliche Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung dieser Patienten. Hierzu führten wir eine deutschlandweite Umfrage zur Erhebung der aktuellen klinischen Behandungsrealität durch.
Methodik: Im Rahmen einer schriftlichen Umfrage an die Chefarztsekreteriate aller im Krankenhausverzeichnis aufgeführten unfallchirurgisch tätigen Kliniken wurden 17 Fragen zum Management des geriatrischen mSHT gestellt. Der Versand erfolgte postalisch unter Verwendung eines adressierten Rückumschlages in zwei zeitlich versetzen Versandrunden. Die Datenspeicherung erfolgte pseudonymisiert, die Datenauswertung erfolgte deskriptiv.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: 69% der 841 befragten Kliniken nahmen an der Umfrage teil. In 99% der befragten Krankenhäuser werden mSHT Patienten primär in unfallchirurgischen Abteilungen aufgenommen. 91% der antwortenden Abteilungen führten initial keine interdisziplinäre Behandlung durch. Als entscheidende Faktoren zur Durchführung eines primären cCT wurden u.a. die Einnahme von Gerinnungshemmern (97%), Bewusstlosigkeit (90%) und die GCS (87%) angegeben. Das Alter der Patienten spielte in 30% eine Rolle. Kriterien zur stationären Aufnahme waren Bewusstlosigkeit (93%), GCS (86%), Einnahme von Gerinnungshemmern (84%), retrograde Amnesie (79%), Übelkeit und Erbrechen (69%), sowie das Vorliegen einer die Beurteilbarkeit erschwerenden kognitiven Einschränkungen (59%). Weitere 20% gaben das Alter der Patienten als Indikation zur stationären Aufnahme an. Die Standarddiagnostik umfasste zu 72% ein EKG ,43% der antwortenden Kliniken gaben an eine Schwindeldiagnostik zu initiieren. Untersuchungen wie Echokardiographie, Schellong-Test oder Karotidenschall wurden in 4% der teilnehmendenKliniken durchgeführt. Ein Zeitraum von 24 h war mit 49% das am häufigsten genannte Überwachungsintervall. 53% gaben an, ein standardisiertes Schema zur Erfassung von Sturzursachenim Verlauf heranzuziehen. 97% der Kliniken gaben an, dass es sich bei dieser Umfrage um eine relevante Thematik handle.
Die vorliegende Auswertung zeigt, dass geriatrische Patienten mit mSHT in Deutschland überwiegend durch unfallchirurgische Abteilungen behandelt werden. Weiterhin zeigte die Auswertung eine bundesweite Divergenz bei der Behandlung des geriatrischen mSHT. Sowohl betreffend der notwendigen Diagnostik, als auch bezüglich der Dauer des Überwachungsintervalls herrscht kein Konsens. Dieses Thema wird von der großenMehrheit der antwortenden Kliniken als relevant erachtet. Im Rahmen des demographischen Wandels der Gesellschaft scheint die Etablierung einer Behandlungsempfehlung zur Therapie des geriatrischen mSHT sinnvoll.