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Zunehmend individualisierte und kriterienbasierte Entscheidungsfindung zur Sportrückkehr nach primärer VKB-Rekonstruktion
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Published: | October 21, 2024 |
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Fragestellung: Der optimale Zeitpunkt zum Return to Sport (RTS) nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes (VKB) und die entscheidenden Kriterien zur Beurteilung der Sportrückkehr sind viel diskutierte Fragestellungen. Ziel dieser Studie war es, objektive Kriterien und aktuelle Handlungsstrategien im RTS nach primärer VKB-Rekonstruktion unter ausgewiesenen Expert:innen in der rekonstruktiven Kniechirurgie zu erheben.
Methodik: Eine elektronische Umfrage wurde in einem mehrstufigen Prozess durch das AGA-Komitee Kniegelenksligamente erstellt. Die Umfrage wurde von November bis Dezember 2023 online an ausgewiesene Expert:innen in der rekonstruktiven Kniechirurgie (AGA-Expert Knie) gesendet. Die Umfrage setzte sich aus 26 Fragen zusammen und diente der Festlegung objektiver Kriterien und aktueller Handlungsstrategien zum RTS nach isolierter primärer VKB-Rekonstruktion. Nach Beendigung der Umfrage wurden sämtliche Daten zusammengefasst und deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt haben 113 von 202 (56%) AGA-Expert:innen Knie an der Umfrage teilgenommen. Mehr als 50 primäre VKB-Rekonstruktionen werden jährlich von 71% der AGA-Expert:innen durchgeführt. Autologe Hamstringsehnen (86%) und die Quadrizepssehne (12%) zählen zu den bevorzugten Transplantaten zur primären VKB-Rekonstruktion, wobei die Transplantatwahl bei knapp 58% vom präoperativen Aktivitätsniveau der Patient:innen abhängig ist. Eine additive anterolaterale Stabilisierung wird von 38% der Teilnehmer:innen bei durchschnittlich 32% der primären VKB-Rekonstruktionen durchgeführt. Als wichtigste Kriterien zur Durchführung einer additiven anterolateralen Stabilisierung werden ein hochgradig positiver Pivot-Shift Test (> Grad 1, 90%), ein hohes präoperatives Aktivitätsniveau (Tegner Aktivitätsskala > 6, 71%) sowie der Wunsch zur Rückkehr zu Hochrisiko- bzw. Pivoting-Sportarten (69%) angesehen. Eine RTS-Testung wird von 64% routinemäßig durchgeführt und beinhaltet vorwiegend Sprungtests (93%), Beurteilung der Bewegungsqualität (59%) und posturalen Kontrolle (56%), isokinetische und isometrische Kraftmessungen (53%) sowie Schnelligkeits- (46%) u. Agilitätstests (44%). Der Faktor Zeit, die klinische Untersuchung, RTS Assessment Tools sowie das subjektive Befinden der Patient:innen zählen zu den wichtigsten Kriterien zur Beurteilung der Sportfähigkeit. Eine sportpsychologische Untersuchung wird von 12% der Teilnehmer:innen routinemäßig durchgeführt.
Die Zunehmende Evidenzlage im RTS nach primärer VKB-Rekonstruktion spiegelt sich in den aktuellen Handlungsstrategien der AGA-Expert:innen Knie wider. Die Transplantatwahl sowie begleitende Eingriffe werden an das Aktivitätsniveau sowie die sportlichen Ambitionen der Patient:innen angepasst. Ein Wandel von einer rein zeitbasierten zu einer auf objektiven Kriterien basierten Entscheidungsfindung kann beobachtet werden. Auch sportpsychologische Aspekte gewinnen zunehmend an Bedeutung.