Article
Wie beeinflusst die Länge einer Skoliose-Instrumentierung den Bewegungsumfang und den lumbalen Bandscheibendruck? Eine In-vitro-Studie mit kompletten thorakolumbalen Wirbelsäulen- und Brustkorb-Präparaten
Search Medline for
Authors
Published: | October 21, 2024 |
---|
Outline
Text
Fragestellung: Schwere Fälle von Skoliose erfordern eine operative Behandlung mittels posteriorer Fixierung, wobei die Instrumentierungslänge vom Grad der Deformität, aber auch vom Chirurgen abhängt [1]. In dieser In-vitro-Studie sollten Einflüsse der Instrumentierungslänge auf den segmentalen Bewegungsumfang und den lumbalen intradiskalen Druck untersucht werden.
Methodik: N=6 humane Wirbelsäulenpräparate (C7-S) mit Brustkorb von jungen Spendern (26–45 Jahre, 2 w/4 m) ohne klinisch relevante Deformität wurden quasi-statisch (1°/s) mit reinen Momenten von 5 Nm in einem Wirbelsäulenbelastungssimulator [2] getestet (Abbildung 1 [Abb. 1]). Intersegmentale Bewegungsumfänge (ROM) wurden mittels optischer Bewegungsanalyse gemessen (Vicon MX13). Der lumbale intradiskale Druck (IDP) wurde mit flexiblen Drucksensoren bestimmt (FISO Tech).
Die Präparate wurden in zwei Gruppen mit jeweils zunehmender Instrumentierungslänge in kaudaler Richtung (Gruppe 1: (1) ohne posteriore Fixierung, (2) T8-L1, (3) T8-L2, (4) T8-L3, (5) T8-L4) und kranialer Richtung (Gruppe 2: (1) ohne posteriore Fixierung, (2) T8-L1, (3) T6-L1, (4) T4-L1, (5) T2-L1)) getestet, basierend auf einer Umfrage unter Skoliosechirurgen [1] für die Lenke-Typen 2 (Doppelte thorakale Kurve, Gruppe 1) und 5 (Thorako-/Lumbale Kurve, Gruppe 2) [3]. Statistische Unterschiede wurden mittels Friedman’s ANOVA und paarweisem Friedman-Test in SPSS 27 ermittelt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Alle Fixierungslängen beider Gruppen verringerten den Gesamtbewegungsumfang (C7-S) signifikant (p<0,05) gegenüber dem Intaktzustand sowie gegenüber der jeweils kürzeren Länge, vor allem in axialer Rotation (max. -37% in Gruppe 1, max. -47% in Gruppe 2). Signifikante (p<0,05) ROM-Zunahmen in den Anschlusssegmenten wurden in beiden Gruppen vor allem kranial der Fixierungen festgestellt (max. +72% in Gruppe 1, max. +60% in Gruppe 2, jeweils in Seitneigung). Der IDP nahm vor allem in den fixierten Segmenten in Flexion signifikant (p<0,05) um bis zu 562% zu. Auch im kaudalen Anschlusssegment L1-L2 war der IDP in Flexion signifikant (p<0,05) gegenüber dem Intaktzustand erhöht (max. +23%).
Eine Skoliose-Instrumentierung verursacht vor allem in den kranialen, thorakalen Anschlusssegmenten erhöhte Bewegungen, was klinische Komplikationen wie etwa Proximale Junktionale Kyphose erklären könnte. Die erhöhte Belastung im kaudalen Bereich könnte sich langfristig negativ auf die sagittale Balance auswirken. Die Instrumentierung sollte daher möglichst kurz gewählt werden, um das Risiko negativer Langzeitfolgen zu verringern.
Literatur
- 1.
- Schlager B, Großkinsky M, Ruf M, Wiedenhöfer B, Akbar M, Wilke HJ. Range of surgical strategies for individual adolescent idiopathic scoliosis cases: evaluation of a multi-centre survey. Spine Deform. 2024 Jan;12(1):35-46. DOI: 10.1007/s43390-023-00756-0
- 2.
- Wilke HJ, Claes L, Schmitt H, Wolf S. A universal spine tester for in vitro experiments with muscle force simulation. Eur Spine J. 1994;3(2):91-7. DOI: 10.1007/BF02221446
- 3.
- Lenke LG, Betz RR, Harms J, Bridwell KH, Clements DH, Lowe TG, Blanke K. Adolescent idiopathic scoliosis: a new classification to determine extent of spinal arthrodesis. J Bone Joint Surg Am. 2001 Aug;83(8):1169-81.