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Der Wert einer hochspezialisierten Primärversorgung bei einer traumatischen Querschnittlähmung: Eine Propensity-Score-Matched-Studie
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Published: | October 21, 2024 |
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Fragestellung: Eine traumatische Querschnittlähmung (tQSL) führt zu sensomotorischen und autonomen Störungen, die mit einem hohen Anteil sekundärer Komplikationen einhergehen, die eine sofortige multidisziplinäre Behandlung erfordern. Aufgrund der Notfallsituation und der begrenzten Anzahl spezialisierter Zentren kann die chirurgische Erstversorgung nicht immer in einem hochspezialisierten paraplegiologischen (HP) Zentrum durchgeführt werden. In dieser Studie werden die Behandlungsergebnisse und die Aufenthaltsdauer nach einer tQSL untersucht und in zwei Gruppen miteinander verglichen: Patienten mit Primärversorgung im HP-Zentrum (primHP) vs. sekundär in ein HP Zentrum (sekHP) verlegte Patienten mit bereits andernorts erfolgter Wirbelsäulenoperation und damit verspätetem Zugang zur spezialisierten paraplegiologischen Behandlung.
Methodik: Ambispektivie Monozentrumsstudie (2011–2017) mit akuter tQSL in einem Level-1-Traumazentrum. Vergleich der Gruppen (a) Wirbelsäulenoperation primär im HP-Zentrum (primHP) vs. (b) nach sekundärer Verlegung ins HP-Zentrum (sekHP). Beim Propensity-Score-Matching wurden Alter, Geschlecht, Charlson Comorbidity Index, neurologischer Grad der Verletzung, ASIA Impairment Scale (AIS) und die Zeit vom Unfall bis zur ersten Wirbelsäulenoperation berücksichtigt. Die Auswirkungen des Verlegungsweges auf das Auftreten von Sekundärkomplikationen, das neurologische Outcome und die Aufenthaltsdauer wurden in der Gesamtstichprobe und in der angepassten Stichprobe anhand von deskriptiven Statistiken und Regressionsmodellen untersucht, die für soziodemografische und klinische Patientenmerkmale angepasst wurden.
Ergebnisse: Im Vergleich zur sekHP Gruppe mit einer Gesamtstichprobe n=70 (angepasste Stichprobe n=65), hatte die primHP Gruppe (n=239/n=123) eine höhere Verbesserungswahrscheinlichkeit des neurologischen Niveaus [OR (95%CI) 16,5 (2,03; 135,4)/4,64 (1,05; 20,48)] und teilweise auch des AIS Grades [OR 2,27 (0,94; 5,46/OR 2,07 (0,72; 5,93)]. Darüber hinaus war die Verweildauer in der primHK Gruppe, deutlich kürzer [Median (Interquartilsbereich)] als in der sekHK Gruppe (b). In der sekHK Gruppe zeigte sich eine höhere Rate an Sekundärkomplikationen, insbesondere in Bezug auf Harnwegsinfektionen und Isolierung aufgrund nosokomialer multiresistenter Erreger.
Schlussfolgerungen: Die primäre und damit sofortige multidisziplinäre Behandlung einer traumatischen Querschnittlähmung in einem Traumazentrum mit hochspezialisierter paraplegiologischer Versorgung ist mit einer kürzeren Aufenthaltsdauer und reduzierten Komplikationen verbunden. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die neurologische Erholung durch eine direkte Verlegung in ein HP-Zentrum geschützt werden kann. In der Zusammenschau mit multizentrischen internationalen Daten (Bak et al. [1]) erscheint eine Neubewertung von Sekundärverlegungen notwendig, da diese einen vermeidbaren Risikofaktor für eine verschlechterte neurologische Erholung darstellen.
Literatur
- 1.
- Bak AB, Moghaddamjou A, Harrop JS, Aarabi B, Fehlings MG. The Impact of Interhospital Transfer on the Extent of Neurological Recovery in Acute Traumatic Spinal Cord Injury: Analysis of a Prospective Multicenter Data Set in 970 Cases. Neurosurgery. 2024 Jan 1;94(1):90-8. DOI: 10.1227/neu.0000000000002642