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Dynamische Untersuchung unterschiedlicher Einflussparameter auf die Funktion und Stabilität ungekoppelter Oberflächenersatz-Knieendoprothesen
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Published: | November 6, 2018 |
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Fragestellung: Eine häufige Komplikation in der Knieendoprothetik ist die postoperative Instabilität, die durch mehrere Einflussgrößen wie Implantatpositionierung und Weichteilinsuffizienz bedingt ist. Dadurch wird eine reproduzierbare Identifikation von Versagensmechanismen und von zu optimierenden Parametern erschwert. Eine Erweiterung der bisherigen Konzepte zur Analyse von Knieendoprothesen stellt die Hardware-in-the-Loop (HiL) Simulation dar, in welcher ein Industrieroboter als physikalisches Aktuatorsystem mit einem muskuloskelettalen Modell interagiert. Ziel war es, die Parameter Implantatposition und Weichteilinsuffizienz, insbesondere die Resektion des hinteren Kreuzbands und des mediales Seitenbands, auf die Stabilität ungekoppelter Oberflächenersatz-Knieendoprothesen während einer passiven Knieflexion in sitzender Position mittels HiL-Simulation zu analysieren.
Methodik: Im HiL-Prüfstand bewegt ein 6-Achs-Industrieroboter (Stäubli TX200) die Femurkomponente in einer nachgiebig gelagerten Tibiakomponente entsprechend der vorgegebenen Bewegungsaufgabe von 0° bis 120° Knieflexionswinkel. Die resultierende Gelenkdynamik entsteht einerseits in Folge der realen Artikulation von Endoprothesenkomponenten sowie andererseits durch die simulierte anatomische Umgebung des menschlichen Kniegelenks mit Hilfe eines muskuloskelettalen Mehrkörpermodells (Simpack v9.7,Abb.1). Untersucht wurde die ungekoppelte bicondyläre Knieendoprothese Multigen Plus, Größe 3 (Lima Corporate). Es wurden exemplarisch die intraoperative Malrotation der Tibiakomponente um die Tibiaschaftachse um 10° nach innen sowie außen und Auswirkungen von auftretenden Ereignissen am Weichgewebe, d.h .eine Läsion bzw. Resektion des hinteren bzw. vorderen Kreuzbands und des medialen Seitenbands konsekutiv untersucht.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Eine Resektion des vorderen und hinteren Kreuzbandes bewirkt in tiefer Flexion(115°) eine um 3,8 mm höhere femorale Translation nach anterior. Ein zusätzliches Release des medialen Seitenbandes erhöht die tibiale Abduktion um bis zu 4,9° und führt zu einem Öffnen des medialen Gelenkspalts bzw. zur abnehmenden Gelenkstabilität.
Eine Außenrotation der Tibiakomponente um -10° führt zu einer Translation um 0,5 mm nach anterior bei einer Flexion von 115°. Gegenüber dem Referenzmodell reduziert eine nach außen gedrehte Tibiakomponente den lateralen femoralen Rollback ab. Eine Innenrotation der Tibiakomponente um +10° verursacht dagegen eine Translation nach posterior um 3,1 mm bei einer Flexion von 115°. Die laterale Femurkondyle verschiebt sich gegenüber der medialen Kondyle deutlich weiter nach posterior im Vergleich zum Referenzmodell.
Im Ergebnis begünstigt ein insuffizientes hinteres Kreuzband wesentlich die Instabilität von ungekoppelten Oberflächenersatz-Knieendoprothesen. Eine intraoperative Malrotation der Tibiakomponente nach innen fördert die Instabilität stärker als eine Malrotation nach außen. Mittels HiL-Simulation können präklinisch Knieendoprothesen realitätsnah evaluiert werden.