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Inzidenz und Einfluss von gerinnungsaktiven Medikamenten bei polytraumatisierten Patienten über 65 Jahre
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Published: | November 6, 2018 |
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Fragestellung: Der demografische Wandel verbunden mit einem erhöhten Aktivitätslevel auch im höheren Alter führt zu steigenden Zahlen polytraumatisierter geriatrischer Patienten. Eine veränderte Pathophysiologie, Multimorbidität sowie die häufige Einnahme gerinnungsaktiver Substanzen machen dieses Patientenkollektiv besonders vulnerabel. In dieser Arbeit soll bei polytraumatisierten Patienten über 65 Jahren die Inzidenz und der Einfluss gerinnungsaktiver Medikamente untersucht werden.
Methodik: Wir führten eine monozentrische, retrospektive Studie anhand klinikeigener Daten des Traumaregisters der DGU (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie) im Zeitraum 01/2010 bis 12/2015 an einem überregionalen Traumazentrum durch. Eingeschlossen wurden alle Patienten ab 65 Jahren mit einem ISS ≥ 16. Untersucht wurden Unfallhergang, Verletzungsmuster, GCS, ISS, Mortalität, Einnahme von gerinnungsaktiven Medikamenten, sowie verschiedene Laborparameter (Hb, aPTT, Thrombozyten).
Ergebnisse: 231 Patienten ≥ 65 Jahre (76,2 ± 6,9; 134 männlich, 97 weiblich). Etwa 40% der Patienten nahmen gerinnungsaktive Medikamente ein, davon 25,1% Thrombozytenaggregationshemmer, 10,3% Vitamin-K-Antagonisten und 4,0% NOAKs (neue orale Antikoagulantien). Die Einnahme gerinnungsaktiver Medikamente hatte keinen Einfluss auf die Häufigkeit relevanter Kopfverletzungen (AIS ≥ 3) (34,3% vs. 24,4%; p=0,92) und auf den GCS (11,2 ± 4,1 vs. 11,5 ± 4,5; p=0,75). Bei den Laborparametern zeigte sich eine signifikant höhere aPTT bei Patienten mit gerinnungsaktiven Medikamenten (32,0 ± 17,4 vs. 27,4 ± 6,6 s; p=0,019). Kein Unterschied bestand bei Hämoglobin- (7,1 ± 1,3 vs. 7,3 ± 1,5 mmol/l; p=0,49) und Thrombozytenwerten (184,9 ± 69,0 vs. 186,4 ± 76,3; p=0,969). In unserem Patientenkollektiv hatten gerinnungsaktive Medikamente insgesamt keinen Einfluss auf die Mortalität (9,4% vs. 10,3%; p=0,35), jedoch war die Einnahme von NOAKs mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (55,6% vs. 17,6%; p=0,016).
Schlussfolgerung: Die Behandlung von polytraumatisierten Patienten mit gerinnungsaktiven Medikamenten wird in der Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. In unserem Patientenkollektiv war die Einnahme von NOAKs mit einer höheren Mortalität assoziiert. Daher ist die Kenntnis von Medikamenten, die in das Gleichgewicht der Hämostase eingreifen, essentiell für alle mitbehandelnden Fachdisziplinen.