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German Congress of Orthopedic and Trauma Surgery (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Verletzungsinzidenzen älterer Menschen ab 85 Jahren

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Olaf Schneider - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, I.1.4 Versorgungsanalyse, Stuttgart, Germany
  • Hanns-Peter Scharf - Universitätsklinikum Mannheim, Orthopädisch-Unfallchirurgisches Zentrum, Mannheim, Germany
  • Bernd Kladny - m&i-Fachklinik Herzogenaurach, Orthopädie /Unfallchirurgie, Herzogenaurach, Germany
  • Sabine Knapstein - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, I.5.4 Med. Qualitätsförderung und Arztkommunikation, Stuttgart, Germany
  • Johannes Flechtenmacher - Orthop. Gemeinschaftspraxis am Ludwigsplatz, Karlsruhe, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocWI49-883

doi: 10.3205/17dkou446, urn:nbn:de:0183-17dkou4466

Published: October 23, 2017

© 2017 Schneider et al.
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Text

Fragestellung: Obwohl die Inzidenzen einzelner Frakturformen oder Unfallmechanismen bei älteren Menschen bisher beschrieben wurden, liegt eine umfassende Untersuchung zur Inzidenz von Verletzungen und zur Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen beim älteren Patienten bisher nicht vor. Ziel der Untersuchung war eine repräsentative Datenerhebung an einem großen Kollektiv, um zur Entwicklung von kooperativen und strukturierten Behandlungs- und Kommunikationskonzepten beizutragen.

Methodik: Für die retrospektive Analyse wurden pseudonymisierte Daten der AOK BW (ambulant und stationär) verwendet. Analysiert wurden 3,6 Mio. (2008) bzw. 3,8 Mio. Versicherte (2013). Betrachtet wurden nur Versicherte, die 85 Jahre oder älter waren, d.h. 92.556 Versicherte in 2008 (73.364 Frauen [F] und 19.192 Männer [M]) bzw. 105.284 Versicherte in 2013 (79.953 F und 25.331 M).

Versicherte galten als inzident, wenn mindestens eine Verletzungsdiagnose im Analysequartal und keine Verletzungsdiagnose in den vier vorhergehenden Quartalen vorlag. Betrachtet wurden die ICD S00-S99 (Gruppen- und Einzelebene).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In 2013 waren 18.855 Versicherte (17,8%) mindestens einmal wegen einer Verletzungsdiagnose in ärztlicher Behandlung (14.612 F, 18,3%; 4.243 M, 16,8%). Das ist die höchste Verletzungsrate aller Altersgruppen.

Häufig waren Kopfverletzungen mit einer Inzidenzrate von 10,8% für beide Geschlechter, Hüft- und Oberschenkelverletzungen v.a. bei Frauen (6,4%) sowie Verletzungen des Thorax (F 4,9%, M 4,6%) (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Auf Ebene der Einzel-ICD dominierten oberflächliche Verletzungen des Kopfes (F 4,4%, M 3,7%), offene Wunden des Kopfes (F 3,5%, M 4,1%) und Femurfrakturen (F 3,4%, M 2,2%). Frakturen der LWS/des Beckens (F 2,2%, M 1,1%), Frakturen von Rippen, Sternum oder BWS (F 1,8%, M 1,7%) sowie Intrakranielle Verletzungen (F 1,7%, M 1,8%) waren ebenfalls häufig.

Der Vergleich der Inzidenzraten 2008 und 2013 zeigte einen leichten Rückgang der Femurfrakturen (F -2,7%, M -2,9%) und eine starke Zunahme der Intrakraniellen Verletzungen (F +19,4%, M +23,0%).

Die hier erstmals vorgestellten Zahlen zeigen eine sehr hohe Verletzungsinzidenz bei älteren Menschen, knapp jeder 5. Mensch über 85 Jahren wird wegen Verletzungsfolgen pro Jahr behandelt. Angesichts der demografischen Entwicklung kommt der Prävention, der Versorgung und der Nachbehandlung von Verletzungen beim Älteren für die Fächer Orthopädie und Unfallchirurgie und Geriatrie eine zunehmende Bedeutung zu. Die Integration von geriatrischen und alterstraumatologischen Aspekten in die Weiterbildung O+U und die Implementierung strukturierter Behandlungspfade durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Orthopädie und Unfallchirurgie und Geriatrie erscheinen notwendig.