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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014)

28.10. - 31.10.2014, Berlin

Die Akutphase der traumatischen Blutung – Grenzen der Kompensationsfähigkeit des Herzkreislaufsystems – Analyse eines mathematischen Modells

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Thorsten Tjardes - Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Klinikum Köln-Merheim, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie u. Sporttraumatologie, Lehrstuhl der Privaten Universität Witten/Herdecke, Köln, Germany
  • Robin Otchwemah - Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Klinikum Köln-Merheim, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie u. Sporttraumatologie, Lehrstuhl der Privaten Universität Witten/Herdecke, Köln, Germany
  • Bertil Bouillon - Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Klinikum Köln-Merheim, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie u. Sporttraumatologie, Lehrstuhl der Privaten Universität Witten/Herdecke, Köln, Germany
  • Markus Lücking - Mathematisches Institut der Universität zu Köln, Köln, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI25-1028

doi: 10.3205/14dkou139, urn:nbn:de:0183-14dkou1390

Published: October 13, 2014

© 2014 Tjardes et al.
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Fragestellung: Schuss- und Stichverletzungen verursachen einen massivem Blutverlust binnen kürzester Zeit. Der Begriff der ‚Platinium ten minutes’ wurde für diese kritische Phase nach einer Verletzung geprägt. Ziel der therapeutischen Interventionen in dieser Phase ist es zu verhindern, dass der Patient in das Stadium des umkompensierten Schockes gerät. In der Frühphase einer traumatischen Blutung bestimmen insbesondere die passiven Regulationsmechanismen des Verhalten des kardio-zirkulatorischen Systems.

Das Verständnis der Hämodynamik, insbesondere das Ansprechen auf Volumengaben im Kontext einer akuten Blutung, noch unvollständig, da klinische Experimente in diesem Kontext ebenso unmöglich sind wie Interventionsstudien. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es das Verständnis der Hämodynamik und den Effekt von Volumengaben in der Akutsituation einer massiven Blutung mit einem mathematischen Modell abzubilden und zu simulieren.

Methodik: Das Herz Kreislauf System wird über ein Differentialgleichungsmodel abgebildet. Hierbei wird auf das Analogon eines elektrischen Schaltkreises zurückgegriffen. Die unterschiedlichen anatomischen Gefäßabschnitte (große Arterien, Wiederstandsgefäße, Kapillare, Venolen, große Venen) werden über ihre Wiederstände im Sinne einer Reihenschaltung abgebildet. So wird unter Berücksichtigung der Elastizitäten der einzelnen Gefäßabschnitte die passive, inhärente Regulationsfähigkeit des Gefäßsystems inkl. der pulsatilen kardialen Funktion abgebildet. Als wesentlicher, kurzfristig aktiver Regulationsmechanismus wird der Barozeptormechanismus implementiert. Es werden Blutverluste entsprechend der ATLS Schockklassifikation von 10% (Klasse I), 20% (Klasse II) und 30% (Klasse III) und die Volumensubstitution mit einer Rate von 343 ml/min (entsprechend einer braunen Venenverweilkanüle) simuliert. Das Ausgangsblutvolumen beträgt 6.000 ml. Als Blutungszeitraum wird analog zur Verletzung eines großen arteriellen Gefäßes 30 Sek. angenommen. Die Simulation des Modells erfolgt mit MATLAB.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Ein Blutverlust von 30%/30sec. führt zu einem irreversiblen Zusammenbruch der Zirkulation. Bei 10% bzw. 20% Blutverlust kommt es nach 30 bzw. 20 Sek. zur Restabilisierung des Mitteldrucks bei ca. 85 bzw. 70mmHg. Die Volumensubstituion mit 343 ml/min führt bei einem 10% bzw. 20% Blutverlust bereits nach ≤1 min. zum Erreichen der Ausgangswerte.

Die in der akuten Blutungssituation erforderlichen Volumina zur Rekompensation der Zirkulation – unter der Bedingung einer vollständig gestoppten Blutung – sind deutlich kleiner (<500 ml) als die in der klinischen Realität gegebenen Flüssigkeitsmengen, so dass auf der Grundlage dieser Simulation das zur Therapie in der Akutsituation erforderliche Zeitfenster sehr klein ist. In der Realität ergibt sich hierdurch z.B. ein größeres Zeitfenster zur Rettung aus einer Gefahrensituation.