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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014)

28.10. - 31.10.2014, Berlin

Spielt die präklinische Zeit beim schwerstverletzten Patienten eine Rolle? Eine matched pairs Analyse von 13.851 Patienten des TraumaRegister DGU

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Björn Hußmann - Universitätsklinikum Essen, Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • Rolf Lefering - Private Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM), Köln, Germany
  • Ulrike Fochtmann - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • Judith Keitel - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • Carsten Schöneberg - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • Sven Lendemans - Klinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI25-913

doi: 10.3205/14dkou135, urn:nbn:de:0183-14dkou1358

Published: October 13, 2014

© 2014 Hußmann et al.
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Text

Fragestellung: Der Einfluss des Faktors Zeit (golden hour of shock) bei der Behandlung von schwerstverletzten Patienten ist lange bekannt. Seit Bestehen des TraumaRegisters DGU der AUC hat sich an der Dauer der präklinischen Zeit nur wenig geändert (~71 min.). Die Letalität hat aber dennoch seit 20 Jahren abgenommen. Ziel dieser Untersuchung war es, den Einfluss der präklinischen Zeit auf den posttraumatischen Verlauf von Patienten nach Trauma im Rahmen einer Matched-Pair-Analyse zu untersuchen.

Methodik: Daten von 93.024 Patienten des TraumaRegisters DGU der AUC wurden ausgewertet. Eingeschlossen wurden Patienten, die folgende Kriterien erfüllt haben: ISS≥16 Punkte, primäre Aufnahme, Alter ≥16 Jahre und dokumentierte Angaben zu präklinischer Intubation, Blutdruck, Rettungsmittel, Alter. Diese Patienten wurden in drei Gruppen eingeteilt: 10-50 min präklinische Zeit (Gruppe 1); 51-75 min präklinische Zeit (Gruppe 2), >75 min präklinische Zeit (Gruppe 3).

Anschließend erfolgte eine Matched-Pair-Analyse folgender Kriterien: Intubation am Unfallort (ja/nein), Rettungsmittel (RTH, NAW), AIS der Körperregionen, Unfalljahr, systolischer Blutdruck, präklinischer Schock und Lebensalter.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: 4617 Patienten in jeder Gruppe erfüllten die Einschlusskriterien. Es zeigte sich eine signifikante Reduktion der präklinischen Rettungszeit bei Patienten mit einem GCS≤8 (Gruppe 1: 36.6%, Gruppe 2: 33.5%, Gruppe 3: 30.3%; p<0.001). Ebenfalls kam es zu einer signifikanten Verringerung der Rettungszeit bei Patienten, die bei Eintreffen im Krankenhaus einen hämorrhagischen Schock aufwiesen und präklinisch reanimiert werden mussten (p≤0.01). Auch zeigten Patienten mit einer kurzen Rettungszeit vermehrt ein Multiorganversagen (MOV) [MOV: Gruppe 1: 31.6%, Gruppe 2: 29.6%, Gruppe 3: 28.2%; p≤0.001] und eine signifikant erhöhte Letalität (Gruppe 1: 20,4%, Gruppe 2: 18,1%, Gruppe 3: 15,9%; p≤0.001). Im Gegensatz dazu kam es bei ausgedehnten präklinischen Maßnahmen (z.B. Anlage Thoraxdrainage, Volumengabe) zu einem signifikanten Anstieg der Zeit (p≤0.01).

Die hier präsentierten Daten zeigen, dass bei schwerstverletzten Patienten im kritischsten Zustand (GCS<9, Reanimation) das agierende Rettungsteam die Schwere der Verletzung schneller zu erkennen und am Unfallort zu arbeiten scheint. So erreichen Patienten noch das Krankenhaus, die möglicherweise sonst am Unfallort verstorben wären. Die Fokussierung der Notärzte auf den Faktor „Zeit“ bei der Versorgung der Patienten durch z.B. die aktuelle S3-Leitlinie und das Weißbuch der DGU spiegelt sich hier wieder.