Article
Traumatische proximale Sehnenruptur des Musculus Biceps Femoris und des Musculus Semitendiosus – Fallbericht einer seltenen Verletzung
Search Medline for
Authors
Published: | October 21, 2010 |
---|
Outline
Text
Fragestellung: Sehnenrupturen der ischiokruralen Muskulatur sind sehr selten, obwohl leichtere Verletzungen dieser Muskelgruppe zu den häufigsten Sportverletzungen zählen. Der ursächliche Verletzungsmechanismus ist eine Muskelkontraktion bei gleichzeitig flektierter Hüfte und extendiertem Kniegelenk. Diesem Mechanismus entsprechend tritt diese Verletzung unter anderem beim Hürdenlauf, Wasserskifahren und bei fernöstlichen Kampfsportarten auf. Meist reißt die jeweilige Sehne Nahe dem Ursprung am Tuber Ischiadicum. Dabei entspringen der M. Biseps Femoris und der M. Semitendinosus von einem caput commune, so daß die isolierte Ruptur einer dieser Sehnen praktisch nicht vorkommt. Deswegen ist der dementsprechende Funktionsausfall auch immens.
Histologische Untersuchungen des rupturierten Sehnengewebes sind uns bisher nicht bekannt, könnten aber wertvolle Hinweise zur weiteren Klärung der Genese der Verletzung geben.
Die Refixationstechnik der Rupturierten Sehne am Sitzbein wurde durch Transossäre Nähte oder über Fadenanker beschrieben.
Im vorliegenden Fall beschreiben wir eine Refixation mit Fadenankern, das Langzeitergebnis und das Ergebnis der pathologischen Untersuchung des Sehnengewebes.
Methodik: Ein 48-jähriger Tennisspieler rutschte bei einem Ausfallschritt mit dem linken Fuß weg und verspürte, als er die Beinbeugemuskulatur zur Stabilisierung des Gleichgewichtes anspannte, plötzliche einschiessende stechende Schmerzen unter dem Sitzbein, ein Instabilitätsgefühl und einen Kraftverlust.
Bei der Untersuchung am Unfalltag zeigten sich eine tastbare Kontinuitätsunterbrechung in der proximalen dorsalen Oberschenkelmuskulatur und eine Unfähigkeit der Kniebeugung in Bauchlage. Die Nativaufnahmen des Beckens schlossen einen knöchernen Sehnenausriss aus. Die Sonographie zeigte eine Ruptur in der Ischiokruralen Muskulatur, und das MRT bestätigte eine komplette Ruptur der Sehnen des M. Biceps Femoris und des M. Semitendinosus.
Die Sehnenrefixation wurde über einen horizontalen Zugang am Übergang des Gesäßes in den dorsalen Oberschenkel durchgeführt. Zwei Kork-Screw Anker wurden im Abstand von 1,5 cm zueinander ins Tuber Ischiadicum eingebracht und die Sehnen daran fixiert. Zusätzlich erfolgte noch eine Naht nach Bunell.
Die Intraoperativ entnommene Histologische Probe zeigte deutlich degenerativ verändertes Sehnengewebe.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Der Patient ist im Nachbeobachtungszeitraum von 43 Monaten komplikations- und beschwerdefrei. 8 Monate nach der Operation führte er seinen Sport bereits auf gleichem Niveau (Breitensport) wie vor der Ruptur durch, 3 Monate nach dem Trauma war der Patient wieder voll Arbeitsfähig. Die Muskelkraft erreicht 96% der Gegenseite.
Bei perakut auftretenden Beschwerden an typischer Stelle mit typischem Unfallmechanismus muss man an eine Ruptur der Sehnen denken.
Degenerative Veränderungen des Sehnengewebes sind eine Ursache für die traumatische Sehnenruptur.
Das Ergebnis nach akuter Versorgung der Sehnenruptur mit Fadenankern ist excellent.