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33. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

11. - 12.11.2022, Frankfurt am Main

Erste klinische Erfahrungen mit einer neuen Methode für das pelvine intraoperative Neuromonitoring bei Roboter-assistierter tiefer anteriorer Rektumresektion mit totaler mesorektaler Exzision

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Christoph Marquardt - RKH Klinikum Ludwigsburg, Ludwigsburg, Deutschland
  • Ramona Schuler - Dr. Langer Medical GmbH, Waldkirch, Deutschland
  • Georgi Kalev - RKH Klinikum Ludwigsburg, Ludwigsburg, Deutschland
  • Andreas Langer - Dr. Langer Medical GmbH, Waldkirch, Deutschland
  • Matthias Goos - Helios Klinik Müllheim, Müllheim, Deutschland
  • Marko Konschake - Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
  • Thomas Schiedeck - RKH Klinikum Ludwigsburg, Ludwigsburg, Deutschland

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 33. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Frankfurt am Main, 11.-12.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22

doi: 10.3205/22dkg22, urn:nbn:de:0183-22dkg223

Published: November 9, 2022

© 2022 Marquardt et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


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Text

Einleitung: Bei der tiefen anterioren Rektumresektion (TAR) mit totaler mesorektaler Exzision (TME) liegt die Kunst bei der Schonung der vegetativen Nerven im kleinen Becken. Seit 2016 führen wir diese Operation Roboter-assistiert durch und verfügen somit über eine Vergleichsgruppe, die ohne pelvines intraoperatives Neuromonitoring operiert wurde. Das pelvine intraoperative Neuromonitoring bietet eine neue technische Hilfe, um insbesondere bei tief gelegenen Tumoren und nach präoperativer Radiotherapie die autonomen Nerven sicher zu identifizieren, zu schonen und damit Langzeitfolgen wie neuerogene Blasenentleerungsstörungen oder fäkale Inkontinenz zu vermeiden. Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und klinische Prüfung der neuen technischen Meßmethode zur intraoperativen Überprüfung der Funktion der pelvinen autonomen Nerven.

Methode: 30 Patienten wurden nach erfolgter Einwilligung in unsere klinische Studie eingeschlossen (Deutsches Klinisches Studienregister DRK S00017437). Die Patienten wurden einer nervenschonenden Roboter-assistierten TAR mit TME bei Rektumkarzinom unterzogen. Als klinische Parameter wurden zunächst präoperativ eine Restharnbestimmung und die Evaluation der Blasenfunktion (International Prostata Symptom Score, IPSS) und Stuhlhaltefunktion (Low Anterior Resektion Score, LARS) jedes Patienten durchgeführt. Dies erfolgte außerdem postoperativ und nach 3, 6, 9 und 12 Monaten erneut. Das verwendete neue Neuromonitoring-System besteht aus einem direkten Beckennervenstimulator und einem Modul zur Gewebeimpedanzmessung an der leeren Harnblase und am Rektum zur Identifikation der efferenten Beckennerven im Operationsgebiet. Zur Impedanzmessung wird ein konstanter Wechselstrom an das Gewebe angelegt. Der Spannungsabfall zwischen Vertex und Trigonum der Blase sowie zwischen oberem Rektum und Analkanal wird gemessen, gefiltert und verstärkt. Das Ausgangssignal ist dann zur Auswertung durch den Chirurgen als Funktion der Zeit direkt am Monitor im Operationssaal in Echtzeit ablesbar.

Ergebnisse: Die intraoperativ gut zu beobachtende Kontraktion der glatten Muskulatur der Harnblase und des Rektums als Reaktion auf die direkte Stimulation der innervierenden Nerven korrelierte mit einer Veränderung der Gewebeimpedanz im Vergleich zum Zustand vor der Kontraktion. Die Messsignale veränderten sich in langsamen Wellen, in Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus der vorangegangenen präklinischen Tierstudie im Schweinemodell. Zur qualitativen Bewertung der Impedanz der glatten Muskulatur wurde die prozentuale Impedanzänderung an der Harnblase und dem Rektum berechnet. Unterschiedliches Erregungs- und Kontraktionsverhalten der glatten Muskulatur führte zu unterschiedlichen Signalmorphologien, die sich hauptsächlich auf die Signalamplitude und den Gradienten auswirkten. Die Ergebnisse wurden anhand von 75 physiologischen Impedanzmessungen an der Harnblase und 26 physiologischen Impedanzmessungen am Rektum aus den Operationen bewertet. Die mittlere prozentuale Impedanzänderung an der Harnblase betrug 4,6 %, am Rektum 4,3 %, die mittlere Anfangslatenz an der Blase 3,2 s und am Rektum 2,4 s, die mittlere Zeit bis zum Erreichen der maximalen Impedanzänderung lag an der Blase bei 16,4 s und am Rektum bei 14,2 s. Bei der Korrelation mit den klinischen Parametern (Restharnbestimmung, IPSS und LARS Score) konnten die intraoperativen Meßergebnisse bestätigt werden.

Schlussfolgerung: Durch direkte Nervenstimulation und Impedanzmessung war es möglich, den Plexus hypogastricus, insbesondere den Nervus hypogastricus inferior (linker und rechter Ast) im Operationsgebiet schnell und sicher zu identifizieren und die intakte Funktion zu verifizieren. Die klinischen Ergebnisse korrelierten mit der nach Resektion gemessenen intakten Nervenfunktion. Das pelvine intraoperative Neuromonitoring kann als wertvolle technische Hilfe dazu dienen, eine Schädigung der autonomen Nerven bei der Rektumchirurgie in Zukunft zu vermieden oder frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Somit wird die Patientensicherheit durch Anwendung des pelvinen intraoperativen Neuromonitoring erhöht.

Interessenkonflikte:

  • Christoph Marquardt: Zulassungsstudie intraoperatives Neuromonitoring des BMBF und Dr. Langer Medical
  • Ramona Schuler: Mitarbeiter Dr. Langer Medical
  • Georgi Kalev: Zulassungsstudie intraoperatives Neuromonitoring des BMBF und Dr. Langer Medical
  • Andreas Langer: Inhaber Dr. Langer Medical
  • Matthias Goos: Zulassungsstudie intraoperatives Neuromonitoring des BMBF und Dr. Langer Medical
  • Marko Konschake: Zulassungsstudie intraoperatives Neuromonitoring des BMBF und Dr. Langer Medical
  • Thomas Schiedeck: Zulassungsstudie intraoperatives Neuromonitoring des BMBF und Dr. Langer Medical