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33. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

11. - 12.11.2022, Frankfurt am Main

Der Effekt der Langzeitanwendung mittelfrequent-modulierter Elektrontherapie auf die Regeneration weiblicher Beckenbodenmuskulatur im unterschiedlichen Ausgangssituationen (frührehabilitativ, defekttherapeutisch-regenerativ) – eine Anwendungsbeobachtung

Meeting Abstract

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Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 33. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Frankfurt am Main, 11.-12.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc01

doi: 10.3205/22dkg01, urn:nbn:de:0183-22dkg018

Published: November 9, 2022

© 2022 Bani Al-Marjeh et al.
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Einführung: Bei der Frau sind Inkontinenz und Senkungsleiden häufig die (Spät-)Folge von Schwangerschaften, Geburten und anderen Überbelastungen des Beckenbodens, oft in Kombination mit hereditären Faktoren auf Bindegewebsebene. Die betroffenen Frauen sind in ihrem Alltag oft erheblich eingeschränkt und dementsprechend auf therapeutische Unterstützung angewiesen. Das vielfältige Angebot im Bereich des Beckenbodentrainings kommt allerdings aus unterschiedlichen Gründen nicht ausreichend zum Einsatz oder scheint nicht jeder Frau weiterzuhelfen.

Die elektro-muskuläre Aktivierung (EMA) bietet eine weitere, sehr effektive Möglichkeit diesen Frauen zu helfen. Der modulierte mittelfrequente Strom aktiviert die Beckenbodenmuskulatur; im Gegensatz zum bislang meist verwendeten niederfrequenten Strom wird mit moduliert-mittelfrequentem Storm eine bessere Tiefenwirkung und somit eine bessere Ansteuerung der Beckenbodenmuskulatur erreicht. Die so trainierte Muskulatur verbessert die Stabilität des Beckenbodens und wirkt sich dadurch positiv auf die Inkontinenzproblematik und deren konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten und deren Ergebnisse aus.

Wir setzen auf diese Therapieform im Rahmen der Frührehabilitation post partum ebenso wie in der Behandlung der Beckenbodeninsuffizienz in späteren Lebensphasen. Allerdings zeigte sich in der Behandlung deutlich, dass die allermeisten Frauen mehr als die üblicherweise im Rahmen der Verordnung von Physiotherapie üblichen 3 x 6 Einheiten benötigen, um einen auseichenden Effekt zu erzielen. Diese Daten werden hier präsentiert.

Material und Methoden: Die in den vergangenen 3 Jahren (2019–2021) erhobenen Daten bei den mit Langzeit-EEMA-Ganzkörpertraining versorgten Frauen aus der postpartalen Beckenbodenchecksprechstunde und der Beckenbodensprechstunde des MVZ werden hier dargestellt. Dabei reicht die Altersspanne der therapierten Frauen von Mitte 20 bis zum 80. Lebensjahr, die Anwendung umfasst 6 Monate mit 20-minütigem Training jeden 3. Tag und die Evaluation erfolgt unter Anwendung von Oxford- und Perfect-Score sowie der Erfassung subjektiver behandlungsrelevanter Daten.

Ergebnisse: Während man nach der initialen Trainingsphase mit 3 x 6 Einheiten EEMA-Training (Verordnung von KGG) abschätzen kann, ob eine Fortsetzung der Behandlung zur möglichst umfassenden Regeneration der Beckenbodenmuskulatur sinnvoll ist, gelingt diese in den allermeisten Fällen erst nach einem längeren Zeitraum konsequenten Trainings. Ein Behandlungserfolg bei Hypokontraktilität und Ansteuerungsproblemen lässt sich in den 18 Sitzungen (2/Woche à 20 Minuten), die unter physiotherapeutischer Anleitung stattfinden (sollten) durchaus erreichen und die Patientin sollte danach in Eigentraining das Ergebnis zu halten versuchen. Die hypo- bzw. atrophe Muskulatur benötigt zum Erreichen eines signifikanten Hypertrophieeffektes deutlich mehr, d.h. längere Stromanwendung im Rahmen eines Heimtrainings (jeden 3. Tag 20 Minuten). Selten wurde am Ende der 6 Monate die weitere Stromanwendung empfohlen. Auch hier ist dann konsequentes Eigentraining in der Folge erforderlich/wünschenswert.

Diskussion: Um einen guten Muskelaufbau zu erreichen bedarf es in vielen Fällen einer längerfristigen Behandlung. Dies ist auch mit dem Gerät StimaWell® im Rahmen eines Heimtrainings umsetzbar. Die meisten der behandelten Frauen wendeten das Gerät in den 6 Monaten regelmäßig an, wobei sich abzeichnete, dass bei subjektiv gutem Therapieeffekt die Compliance aufgrund der Logistik im Umfeld der externen Stromtherapie zum Teil auch mehr oder weniger deutlich nachließ. Ähnliches beobachteten wir bei der Konsequenz, mit der die Frauen die konventionelle Beckenbodenphysiotherapie im Follow-up durchführten. Je geringer der durch die Symptomatik bestimmte Leidensdruck, desto niedriger die Compliance für konsequente Beckenbodenübungen.

Deutlich wurde aber im Rahmen der Auswertung unserer Daten, dass auch für die moduliert-mittelfrequente Therapie die Heimanwendung über einen längeren Zeitraum von großer Bedeutung ist.

Fazit: Während der Benefit der Langzeitanwendung moduliert-mittelfrequenten Stromes unstrittig scheint, gibt es, um die Compliance der Frauen zu verbessern, dringend Entwicklungsbedarf für alternative Möglichkeiten, den Beckenboden mit moduliert-mittelfrequentem Strom zu behandeln, um die logistischen Schwierigkeiten durch die Ganzkörperanwendung mit (nassem) Stromanzug zu umgehen und einen niederschwelligeren Zugang zur Elektrotherapie zu schaffen.