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32. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

05. - 06.11.2021, online

Entwicklung der Urodynamik in Deutschland von 2013 bis 2019

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Martin Baunacke - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Isabel Leuchtweis - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Albert Kaufmann - Zentrum für Kontinenz und Neuro-Urologie, Kliniken Maria Hilf GmbH, Mönchengladbach, Deutschland
  • Marcel Schmidt - Coloplast GmbH, Hamburg, Deutschland
  • Christer Groeben - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Angelika Borkowetz - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Nicole Eisenmenger - Reimbursement Institute, Hürth, Deutschland
  • Christian Thomas - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Johannes Huber - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 32. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. sine loco [digital], 05.-06.11.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc07

doi: 10.3205/21dkg07, urn:nbn:de:0183-21dkg079

Published: November 4, 2021

© 2021 Baunacke et al.
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Outline

Text

Einleitung: Der aktuelle Stellenwert der Urodynamik in der deutschen Versorgungswirklichkeit ist unklar. In den letzten 10 Jahren stellten mehrere Studien die routinemäßige Durchführung der Urodynamik in der Diagnostik von Harninkontinenz und bei Blasenauslassobstruktion in Frage. Als zusätzliches Problem erweist sich die nicht adäquate Vergütung bei hohem Material- und Personalaufwand. Ziel dieser Longitudinalstudie war die Nutzung der Urodynamik in Deutschland zu analysieren.

Methode: Wir analysierten die Fallzahl-Entwicklungen der stationär durchgeführten Urodynamik anhand der Qualitätsberichte der deutschen Krankenhäuser von 2013 bis 2019 mit dem Analysetool reimbursement.INFO. Zur Schätzung der Urodynamik-Nutzung im ambulanten Sektor diente eine nach Alter und Regionen repräsentative Stichprobe von 4 Millionen Versichertenanonymen aus der Forschungsdatenbank des Instituts für angewandte Gesundheitsforschung GmbH (InGef). Hieraus wurden Hochrechnungen für die Anzahl ambulanter Urodynamiken zwischen 2013 und 2018 erhoben.

Ergebnisse: Es zeigte sich ein Gesamtrückgang in der Nutzung der Urodynamik in deutschen Krankenhäusern um 26% zwischen 2013 und 2019 (26.429 auf 19.453; p=0,004) (Abbildung 1 [Abb. 1]). In Universitätskliniken war ein geringerer Abfall zu verzeichnen (-11%; 3007 auf 2685; p=0,02) als in nicht-universitären Kliniken (-28%; 23.422 auf 16.768; p=0,005). Weiterhin konnte sowohl in den urologischen Fachabteilungen einen Abfall der durchgeführten Urodynamiken (11.758 auf 6409; p<0,001) als auch insgesamt eine Abnahme der durchführenden urologischen Abteilungen beobachtet werden (328 auf 263 Kliniken; p<0,001). Das gleiche Bild war in gynäkologischen Fachabteilungen zu verzeichnen (1861 auf 866; p<0,001 bzw. 159 auf 68; p<0,001). In der Pädiatrie hingegen konnte eine Zunahme der Urodynamiken (1564 auf 2192; p=0,02) bei gering sinkender Anzahl durchführender Kliniken verzeichnet werden (92 auf 83; p=0,02). In durchschnittlich 14 multidisziplinären Zentren (u.a. für querschnittsgelähmte Patienten) blieb die Nutzung der Urodynamik von 2013 bis 2018 auf einem hohen Niveau stabil (7061 auf 7347). In 2019 zeigte sich hier ein Rückgang auf 6226 Urodynamiken (Abbildung 2 [Abb. 2]). In der Verteilung der Geschlechter lag keine Veränderung über die Zeit vor (62% männlich, 38% weiblich). In der altersabhängigen Entwicklung zeigten sich bei Kindern konstante Zahlen (1371 auf 1252; p=0,2). Der stärkste Abfall wurde bei 60 – 79-Jährigen (9792 auf 5564, p<0,001) nachgewiesen. Im niedergelassenen Sektor zeigte sich von 2013 bis 2018 ein Abfall um 11 % (34.551 auf 30.652; p=0,06) (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Schlussfolgerung: Im Krankenhaussektor führen immer weniger urologische und gynäkologische Fachabteilungen Urodynamiken durch. Im niedergelassenen Sektor ist dieser Effekt weniger stark ausgeprägt. Der Grund für die zunehmend geringere Bedeutung der Urodynamik in Krankenhäusern ist unklar. Ein ökonomischer Aspekt ist zu vermuten. Interessanter Weise ist im niedergelassenen Sektor die Abnahme nicht so stark, obwohl hier ebenfalls die Aspekte des hohen Ressourcenaufwandes und der Ökonomie zählen. Eine zunehmende Zahl an Urodynamiken in pädiatrischen Kliniken bei stabiler Anwendungszahl von Urodynamiken im Kindesalter lassen eine Abwanderung der Kinder aus der Urologie in die Pädiatrie vermuten.

Interessenkonflikt: Funding: Coloplast GmbH