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30. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

19.10. - 20.10.2018, Stuttgart

Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Urogynäkologie: Urotherapeutin

Meeting Abstract

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 30. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Stuttgart, 19.-20.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc23

doi: 10.3205/18dkg23, urn:nbn:de:0183-18dkg234

Published: November 2, 2018

© 2018 Geissbühler et al.
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Einleitung: Frauen werden heute älter und wünschen sich möglichst lange körperlich und sozial aktiv zu sein. Beckenbodenbeschwerden wie hyperaktive Blase (OAB), Belastungsinkontinenz und Prolaps können dabei ein großes Hindernis sein. Vor allem bei der Betreuung von chronischen Erkrankungen wie die OAB ist die Unterstützung durch die Urotherapeutin eine große Hilfe.

Urotherapeutinnen haben ihre eigene Sprechstunde. Ihre Hauptaufgaben sind Beratungen zu Themen wie z.B. Inkontinenzprodukte, Anleitungen zu Verhaltensanpassungen (Trink-Blasentraining), konservative Therapien (Pessare, pTNS, Blaseninstillationen), Instruktionen zur intermittierenden Selbstkatheterisierung sowie Wechsel von suprapubischen Kathetern. Hinzu kommen administrative und koordinierende Aufgaben wie Vorbereiten von Rezepten, Vergabe von Terminen sowie Absprachen mit den betreuenden Institutionen und Angehörigen. In dieser Arbeit soll gezeigt werden worin die Hauptaktivitäten der Urotherapeutinnen bestehen und wie sie im Alltag in einer großen ärztlichen Ambulanz in einem Lehrkrankenhaus integriert werden.

Methode: Die Pflegesprechstunde der Urotherapeutin besteht seit 2013 und ist seitdem ein Bestandteil des Angebots im Ambulatorium unserer Frauenklinik.

Seit Juli 2016 werden die Tätigkeiten der Urotherapeutin im Sinne einer Beobachtungsstudie in Bezug auf Diagnose, Zeitaufwand und Patientinnen-Zufriedenheit begleitend dokumentiert. Eingeschlossen werden Patientinnen, die die ärztliche urogynäkologische Sprechstunde besuchen und Bedarf an ausführlicher Beratung und Betreuung haben. Ausgeschlossen sind Patientinnen mit Verständigungsschwierigkeiten oder ohne Einwilligung zur Verwendung der Daten.

Die Datensammlung erfolgt mit Hilfe von Fragebögen, einer davon ist der Deutsche Beckenboden Fragebogen von K. Baessler, sowie den spital-eigenen Informationssystemen.

Die Studie wurde 2016 von der Ethikkommission genehmigt.

Ergebnisse: Im Zeitraum von Juli 2016 bis Februar 2018 fanden insgesamt 1345 urotherapeutische Termine statt. 62% davon wurden telefonisch abgewickelt. Die persönlichen Beratungen betrafen zu 16% Beratungen und Besprechungen, 15% konservative Therapien wie zum Beispiel Pessartherapie oder pTNS, 5% Katheterisierungen und 4% administrative Tätigkeiten für die Patientin.

Im Rahmen der Beobachtungsstudie konnten bisher die Daten von 34 Studien Patientinnen vollständig ausgewertet werden, von denen 25 ihre Therapie abgeschlossen haben (Stand Februar 2018). Zu Beginn der Therapie wurde in 25 Fällen eine OAB diagnostiziert, in 9 Fällen ein Prolaps, in 10 Fällen eine Belastungsinkontinenz, in 6 Fällen eine Stuhlinkontinenz sowie 3 Mal Blasenentleerungsstörungen.

Mehrfachdiagnosen waren üblich.

Die Patientinnen hatten zwischen 1 und 27 Konsultationen bei der Urotherapeutin, sie kamen im Schnitt 5 Mal. Die urogynäkologische Sprechstunde der Ärzte besuchten sie zwischen 1 und 6 Mal, durchschnittlich 3 Mal. Von den insgesamt 167 Konsultationen bei der Urotherapeutin erfolgten 72% persönlich und 28% telefonisch. Eine persönliche Konsultation dauerte im Schnitt 50 Minuten, eine telefonische 20 Minuten.

Die Zufriedenheit mit dem Angebot und der Betreuung durch die Urotherapeutin war in den meisten Fällen exzellent. Die Rücklaufquote der Zufriedenheitsfragebögen betrug 88%.

Schlussfolgerung: Die interprofessionelle Mitbehandlung von Beckenbodenbeschwerden durch die Urotherapeutin ist eine große Unterstützung und Entlastung in einem lebhaften Ambulatorium. Dadurch können Effizienz und Qualität der Behandlung positiv beeinflusst werden. Vorteile für die Patientinnen sind längere Besprechungszeiten, eine einzige Ansprechperson für alle Anliegen im Rahmen der Behandlung sowie eine gute Koordination der Beratungen und Therapien. Urogynäkologen können zeitlich entlastet werden und haben mehr Kapazität für Operationen oder Lehrtätigkeiten. Das Konzept könnte auch zur Senkung der Gesundheitskosten für diese Patientinnen beitragen.