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30. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

19.10. - 20.10.2018, Stuttgart

„Auf Profis kein Verlass“ – Hilfsmittelberatung aus Sicht der Stiftung Warentest

Meeting Abstract

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  • author presenting/speaker Andreas Wiedemann - Evangelisches Krankenhaus Witten, Lehrstuhl Geriatrie, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Elke Hessdörfer - Urologische Praxis, Berlin, Deutschland

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 30. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Stuttgart, 19.-20.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc22

doi: 10.3205/18dkg22, urn:nbn:de:0183-18dkg223

Published: November 2, 2018

© 2018 Wiedemann et al.
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Einleitung: 2017 erstellte die Stiftung Warentest unter wiss. Leitung der Autoren ein Konzept, mit dem die Beratung von Anbietern von Inkontinenzprodukten getestet werden sollte. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „test“ 7/2017 publiziert.

Methode: Es wurden 7 frei erfundene Fälle erstellt, die mit verschiedenen Inkontinenzarten, Inkontinenzschweregraden und Lebenssituationen als realistische Szenarien für eine Erstberatung im Hinblick auf die Hilfsmittelversorgung erschienen. Es handelte sich z.B. um weibliche Patienten mit milder Belastungsinkontinenz, eine schwere Inkontinenz bei mutmaßlicher vesikovaginaler Fistel, eine Mischharninkontinenz nach radikaler Prostatektomie, zuvor frustran mit einem Kondomurinal versorgt, eine schwere Inkontinenz unklarer Klassifizierung bei Demenz, eine langzeitige Versorgung mit Betteinlagen und andere. Die so generierten Fälle wurden von Schauspielern bei 10 homecare-Unternehmen telefonisch bei der jeweiligen Hotline und zusätzlich bei jeweils 5 nach dem Zufallsprinzip ausgesuchten Sanitätshäusern und Apotheken persönlich vorgetragen. Es erfolgte eine Bewertung nach Schulnoten in 3 Items: Qualität der Bedarfsanalyse (Schweregrad, Inkontinenzform), Qualität der Produkt-Beratung (Hilfsmittelform, -typ, Körpergröße) sowie die Qualität und der Umfang der Ausstattung mit Proben/Mustern.

Ergebnisse: Die Gesamtwertung rangierte zwischen der Note 3,2 („befriedigend“) als beste Bewertung und 4,7 („mangelhaft“). Tendenziell fanden sich bessere Bewertungen (3 x „befriedigend, kein „mangelhaft“) bei der Telefonberatung von homecare-Unternehmen. Im Einzelnen war zu bemängeln, dass z.B. eine Aushändigung von Proben ohne jede Beratung stattfand, eine Anpassung an den Schweregrad der Inkontinenz nicht vorgenommen wurde oder ein männlicher Patient Produkte für Frauen erhielt sowie weibliche Patienten „Endlos-Zellstoff“ auf einer Rolle. Probepackungen enthielten Einzel-Vorlagen, die offenbar aus Großpackungen entnommen und in eine Plastiktüte gepackt worden waren, teilweise fand eine Übergabe von einzelnen, unverpackten Vorlagen „von Hand zu Hand“ statt. Im Mittel wurden 5 Muster mit maximal 2 Vorlagen gleichen Typs zur Testung (mehr bei homecare-Unternehmen) zur Verfügung gestellt, was eine ausgiebige Testung fraglich erscheinen lässt. Häufig blieb bei Mustern offen, ob es sich um ein „Kassenprodukt“ oder ein zuzahlungspflichtiges Produkt handelt. Beratungen fanden fast immer indiskret „am Counter“ statt, ein einziges Sanitätshaus nutzte einen strukturierten Erfassungsbogen. Auch wurden Falschinformation weitergegeben: Tester erhielten die Auskunft, die Kassenpauschale enthielte eine Mengenbegrenzung, bei deren Überschreitung der Patient die Versorgung komplett bezahlen müsse. Positiv bewerteten die Tester die fast immer verständnisvolle, lockere Gesprächsatmosphäre.

Schlussfolgerung: Eine sorgfältige Vorbereitung des Patienten auf das Beratungsgespräch erscheint wichtig. So empfiehlt es sich, z.B. die gestellte Diagnose und ein Miktionsprotokoll mitbringen zu lassen und die speziellen Bedürfnisse (Arbeitsplatz, Reisetätigkeit, Mobilität usw.) zu thematisieren. Bei dem Erhalt von Proben stellen einzeln eingepackte Produkte mit einer Auskunft über Zuzahlungspflicht mit mehreren Exemplaren ein Qualitätskriterium dar. Die Muster sollten intensiv und bewusst getestet werden können (Wie ist der Sitz und die Handhabung? Sind die Produkte diskret? Sind sie sicher und absorbieren sie Geruch? Wie verträgt meine Haut das Produkt?). Ggf. sollte auf einem zweiten Beratungsgespräch bestanden werden. Überlegenswert ist die Publikation eines „Hilfsmittelberatungsleitfadens“, der eine strukturierte Erfassung der Inkontinenz, des Schweregrades, des Versorgungsbedarfes und der individuellen Besonderheiten erlaubt. Auch, um die Meinungsführerschaft der Deutschen Kontinenzgesellschaft zu untermauern, wäre aus Sicht der Autoren eine Zertifizierung der Beratung von Sanitätshäusern, Apotheken und homecare-Unternehmen etwa als Siegel „DKG-zertifizierte Hilfsmittelberatung“ überlegenswert.

Interessenkonflikt: Eine sorgfältige Vorbereitung des Patienten auf das Beratungsgespräch erscheint wichtig. So empfiehlt es sich, z.B. die gestellte Diagnose und ein Miktionsprotokoll mitbringen zu lassen und die speziellen Bedürfnisse (Arbeitsplatz, Reisetätigkeit, Mobilität usw.) zu thematisieren. Bei dem Erhalt von Proben stellen einzeln eingepackte Produkte mit einer Auskunft über Zuzahlungspflicht mit mehreren Exemplaren ein Qualitätskriterium dar. Die Muster sollten intensiv und bewusst getestet werden können (Wie ist der Sitz und die Handhabung? Sind die Produkte diskret? Sind sie sicher und absorbieren sie Geruch? Wie verträgt meine Haut das Produkt?). Ggf. sollte auf einem zweiten Beratungsgespräch bestanden werden. Überlegenswert ist die Publikation eines „Hilfsmittelberatungsleitfadens“, der eine strukturierte Erfassung der Inkontinenz, des Schweregrades, des Versorgungsbedarfes und der individuellen Besonderheiten erlaubt. Auch, um die Meinungsführerschaft der Deutschen Kontinenzgesellschaft zu untermauern, wäre aus Sicht der Autoren eine Zertifizierung der Beratung von Sanitätshäusern, Apotheken und homecare-Unternehmen etwa als Siegel „DKG-zertifizierte Hilfsmittelberatung“ überlegenswert.