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30. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

19.10. - 20.10.2018, Stuttgart

Management bei Urethraläsion bzw. urethro-/vesikovaginaler Fistelbildung im Zustand nach TVT-Anlage: Evaluation von 14 Patientinnen aus der Universitäts-Frauenklinik Tübingen

Meeting Abstract

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Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 30. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Stuttgart, 19.-20.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc15

doi: 10.3205/18dkg15, urn:nbn:de:0183-18dkg159

Published: November 2, 2018

© 2018 Schöller et al.
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Einleitung: Die Anlage einer retropubischen (TVT) oder transobturatorischen (TOT) spannungsfreien suburethralen Vaginalschlinge gilt als Goldstandard zur Therapie der Belastungsharninkontinenz und findet eine breite Anwendung. Die Komplikationen einer Erosion des Bandes in die Urethra oder die iatrogen akzidentiell verursachte transurethrale Bandlage sowie notwendige Revisionsoperationen z.B. im Sinne einer sekundären Banddurchtrennung bei Blasenentleerungsstörung können eine urethrovaginale bzw. vesikovaginale Fistelbildung zur Folge haben. Zielsetzung der Untersuchung ist die Auswertung des Managements solcher seltener Komplikationen.

Methode: Retrospektive Analyse von 14 Patientinnen, die aufgrund einer urethralen Läsion bzw. urethrovaginaler oder vesikovaginalen Fistelbildung im Zustand nach TVT-/TOT-Anlage zwischen Juni 2011 und Februar 2018 in der Universitäts-Frauenklinik behandelt wurden.

Ergebnisse: Zwischen Juni 2011 und Februar 2018 wurden 14 Patientinnen in der Universitäts-Frauenklinik aufgrund einer urethralen Läsion bzw. urethrovaginalen oder vesikovaginalen Fistelbildung im Zustand nach Anlage eines TVTs (n= 10) oder TOTs (n=4) in einem externen Krankenhaus behandelt. Als Symptome wurden eine Rezidiv-Harninkontinenz, Schmerzen, Mikrohämaturie oder vaginaler Urinabgang angegeben. 13 der 14 Patientinnen wurden bereits mit der extern gesicherten Diagnose zugewiesen. 1 Patientin stellte sich aufgrund einer ausgeprägten Rezidivharninkontinenz nach TOT-Anlage ex domo vor, bei der die intraurethrale Bandlange sonographisch bzw. zystoskopisch im Rahmen der Erstvorstellung diagnostiziert wurde.

Die Primäroperationen der TVT-/TOT-Anlage lagen zwischen 3 Monate und 15 Jahre zurück. In 10 der 14 Fälle (71,4%) waren extern bereits bis zu 3 Revisionsoperationen (Banddurchtrennung, (Teil-)Entfernung des Bandes, Fistelverschluss/-exzision) durchgeführt worden. Das mittlere Alter der Patientinnen lag bei 54,8 Jahren (41-67 Jahre).

Als präoperative diagnostische Maßnahmen waren in 78,6% eine alleinige klinische Untersuchung, in 21,4% eine ergänzende Zystoskopie ausreichend. In 2 Fällen (14,3%) erfolgte zunächst eine Narkoseuntersuchung mit Zystoskopie zur Festlegung des weiteren operativen Procedere. Auf bildgebende Untersuchungen wurde verzichtet.

Als operative Therapie erfolgte in 57,1% (n=8) der vaginale Fistelverschluss mittels Martius-Flap des Labium majus und in 21,4% (n=3) mittels vaginalem Schwenkhautlappen. In 21,4% (n=3) erfolgte ausschließlich die vaginale Nahtrekonstruktion der Urethra nach Exzision des transurethral verlaufenden Bandes bzw. der Banderosion. Bei allen Patientinnen erfolgte eine Zystoskopie im Rahmen der operativen Therapie sowie die Anlage eines suprapubischen Harnblasenkatheters (SPK) und eines transurethralen Dauerkatheters (DK). Der DK konnte nach 2-12 Tagen entfernt werden. Die stationäre Entlassung erfolgte unter prophylaktischer oraler Antibiose mit Nitrofurantoin retard mit liegendem SPK, welcher in allen Fällen nach 3-4 Wochen nach zuvor über 1-3 Tage durchgeführtem Blasentraining regelrecht entfernt werden konnte. Es traten keine ernsthaften postoperativen Komplikationen auf. In einem Fall erfolgte am 6. postoperativen Tag die ambulante Zystoskopie und Blasenspülung bei Abflussstörung des SPK und bei einer weiteren Patientin die ambulante Zystoskopie und Narkoseuntersuchung 4 Wochen postoperativ zum Ausschluss eines Fistelrezidivs bei ungewolltem Urinabgang.

50% (n=7) der Patientinnen waren postoperativ anhaltend kontinent ohne weiteren Therapiebedarf. Bei 28,6% (n=4) bestand eine anhaltende Belastungsharninkontinenz, bei 21,4% (n=3) eine Mischharninkontinenz. Bei 5 der 7 persistierend inkontinenten Patientinnen erfolgte die Neuanlage einer spannungsfreien suburethralen retropubischen Schlinge (TVT) im Mittel 9,2 Monate (5-13 Monate) postoperativ, die bei allen Patientinnen komplikationslos verlief und eine zufriedenstellende Kontinenz erreichte. Bei einer Patientin ist bisher die Anwendung von Inkontinenztampons zur Therapie der Belastungsharninkontinenz ausreichend. Eine Patientin lehnt weiterhin die empfohlene erneute TVT-Anlage ab. Eine extern erfolgte Kolposuspension nach Burch brachte hier keine zufriedenstellende Kontinenz. Die 3 Patientinnen mit Mischharninkontinenz und persistierender Drangkomponente erhielten ergänzend eine anticholinerge Medikation. Bei einer Patientin erfolgte aufgrund persistierender abdominaler Schmerzen nach vaginalem Verschluss der urethrovaginalen Fistel mittels Martius-Flap sekundär die laparoskopische Adhaesiolyse und Entfernung der beiden TVT-Schenkel in toto aus dem Cavum retzii per Minilaparotomie 14 Monate postoperativ. Es traten keine Langzeitkomplikationen, insbesondere keine Fistelrezidive, im untersuchten Zeitraum auf.

Schlussfolgerung: Unsere Evaluation zeigt, dass die seltene, aber relevante Komplikationen einer urethralen Erosion, transurethralen Bandlage oder urethrovaginaler bzw. vesikovaginalen Fistelbildung im Zustand nach TVT-/TOT-Anlage erfolgreich gemanagt werden kann. Eine postoperativ persistierende Harninkontinenz mit der Notwendigkeit einer zweizeitigen erneuten TVT-Anlage nach ausreichender Wundheilung muss präoperativ aufgeklärt werden. Eine hohe operative Expertise sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Urologie ist für ein erfolgreiches individuelles Therapiekonzept die Voraussetzung.


Literatur

1.
Morton HC, Hilton P. Urethral injury associated with minimally invasive mid-urethral sling procedures for the treatment of stress urinary incontinence: a case series and systematic literature search. BJOG. 2009 Jul;116(8):1120-6. DOI: 10.1111/j.1471-0528.2009.02199.x External link
2.
Reisenauer C, Janowitz J, Wallwiener D, Huebner M. Urethrovaginal fistulae associated with tension-free vaginal tape procedures: a clinical challenge. Int Urogynecol J. 2014 Mar;25(3):319-22. DOI: 10.1007/s00192-013-2212-x External link