Article
Einfluss der Muskelaktivität auf Fragmentbewegungen bei komplexen Tibiadefektsituationen
Search Medline for
Authors
Published: | November 11, 2003 |
---|
Outline
Text
Fragestellung
Die Heilung komplexer Tibiafrakturen wird von einer Vielzahl biomechanischer Parameter beeinflusst. Der Einfluss der Muskelaktivität auf die Fragmentbewegungen einer Fraktur scheint komplex und vielschichtiger als bisher angenommen. Bislang existieren keine in vivo Untersuchungen über den Einfluss der Teilbelastung auf die Frakturzone. In vivo Daten darüber können helfen, das postoperative Patientenmanagement sowie die Physiotherapie individuell zu gestalten und den Heilungsverlauf an der Fraktur zu optimieren.
Methodik
Untersucht wurden 6 Patienten (4 Männer, 2 Frauen; Alter 22-60 Jahre, Durchschnitt 40 Jahre) mit komplexen Tibiafrakturen, die sich einer Umstellungsostotomie (n=5) und einer Frakturversorgung mittels eines Ilizarov- Hybridsystems unterzogen. Die Fragmentbewegungen wurden initial (10-14 Tage postoperativ) mit 2 Infrarotkameras und reflektierenden Markern gemessen. Für die Messung wurde die proximale und distale Schanz Schraube vom Ringfixateur gelöst und mit den reflektierenden Markerrahmen versehen. Parallel dazu wurde die Bodenreaktionskraft für jede Bewegungsart erfasst. Die Messung erfolgte in Ruhe, während der Kokontraktion der Mm. gastrocnemii, beim Aufstehen, beim Gehen sowie während einer Teilbelastung der versehrten Gliedmaße mit 20 kg. Alle Übungen wurden viermal wiederholt und für jeweils 10 Sekunden gemessen.
Ergebnis
Klinisch zeigten alle Patienten initial eine stabile externe Fixation. Die Bodenreaktionskraft ist bei Aktivitäten wie Teilbelastung, Aufstehen und Gehen gegenüber der bei der Kokontraktion aufgewendeten Bodenreaktionskraft signifikant erhöht (p<0.05). Die axiale Kompression während der Teilbelastung mit 20 kg ist vergleichbar mit jener beim Gehen (p=0.249). Die Scherung überwiegt bei allen Übungen die axiale Kompression. Die Fragmentbewegungen bei der Scherung liegen zwischen 3mm und 4mm.
Schlussfolgerung
Die Übung Teilbelastung scheint für die Frakturzone keine wirkliche Entlastung darzustellen. Die mechanischen Bedingungen an der Fraktur während einer Teilbelastung mit 20 kg sind vergleichbar mit denjenigen beim Gehen. Die mechanische Situation an einer Fraktur wird somit wesentlich durch Muskelaktivität und nicht durch die Entlastung des Fußes bestimmt. Insbesondere gestaffelte Teilbelastungen, wie sie vielfach postoperativ durchgeführt werden, sind somit kritisch zu überdenken.