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Komplementfaktor- und Antikörperspiegel unter Therapie mit Anifrolumab mit SLE in einer monozentrischen Kohorte: Was bedeutet das für die klinische Praxis?
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Published: | September 18, 2024 |
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Einleitung: Der Typ-I-Interferon-Rezeptorantikörper Anifrolumab wird zur Behandlung des Systemischen Lupus erythematodes (SLE) eingesetzt [1]. Gängige Scores zur Beurteilung der Krankheitsaktivität wie der SLEDAI beruhen neben den klinischen Organbeteiligungen auch auf serologischen Parametern wie Komplementverbrauch und Anti-dsDNA-Antikörpern (AK) [2]. Die Zulassungsstudien TULIP-1 und TULIP-2 belegen eine gute Wirksamkeit auf zahlreiche Manifestationen des SLE, mit jedoch nur geringen Änderungen von Komplement und AK [1], [3]. An unserer SLE-Kohorte haben wir untersucht, welchen Einfluss Anifrolumab auf die Serologie unter Berücksichtigung der klinischen Krankheitsaktivität nimmt.
Methoden: Es erfolgte eine retrospektive Untersuchung von Patient:innen mit SLE, die seit Januar 2022 in der Klinik für Nephrologie und Rheumatologie der Universitätsmedizin Göttingen mit Anifrolumab behandelt wurden. Demografische und klinische Daten wurden erfasst und die Komplementfaktor C3c/C4- und AK-Spiegel während des ersten Therapiejahres ausgewertet. Baseline- und zuletzt erfasster (maximal 12 Monate nach Therapiebeginn) SLEDAI-2K und SLE-DAS wurden verglichen. Die prozentuale Veränderung der Komplementfaktor- und Antikörperspiegel wurde über den Therapiezeitraum beobachtet.
Ergebnisse: Die Daten von 13 Patient:innen (11 weiblich) mit einem Alter von 53 (31–78) Jahren wurden ermittelt. Die Erkrankungsdauer lag bei 10 (2–18) Jahren. 100% waren ANA-positiv, 77% (10) hatten nachweisbare anti-dsDNA-AK. Die Therapiedauer mit Anifrolumab betrug bis März 2024 im Median 9 (1–22) Monate. Der Baseline-SLEDAI lag bei 10 (8–24). C3c war bei 7 (53,8%), C4 bei 8 (61,5%) Patient:innen erniedrigt. Weder bei normwertigen noch erniedrigten Konzentrationen zeigte sich ein Komplementfaktor-Anstieg unter Anifrolumab. Zur Baseline waren anti-dsDNA-AK bei 7 (53,8%) Patient:innen erhöht, unter Anifrolumab-Therapie stiegen die AK an (bei 4, 30,8%) oder blieben stabil erhöht (bei 3, 23,1%). Eine Patientin wies erst im Therapieverlauf AK oberhalb des Normwerts auf.
Der zuletzt (bzw. nach 12-monatiger Therapie) berechnete SLEDAI lag bei 8 (2–20), mit einer Verbesserung in 10 Patient:innen (77%). In vier Fällen bestand SLEDAI Low-Disease Activity lediglich aufgrund des persistierenden Komplementverbrauchs und der positiven anti-dsDNA-AK.
Schlussfolgerung: Anifrolumab konnte in unserer Kohorte die klinische Krankheitsaktivität bei den meisten Patient:innen reduzieren, hatte allerdings kaum Einfluss auf die Serumkonzentration von Komplementfaktoren und Anti-dsDNA-Antikörper. Diese Diskrepanz erschwert die Einschätzung der Krankheitsaktivität anhand geläufiger Scoring-Systeme und in der klinischen Praxis. Bei der Beurteilung von Aktivitätsscores sollte der Wirkmechanismus der eingesetzten Therapien berücksichtigt werden, entscheidend ist die Einschätzung der klinischen Domänen des SLE.
Offenlegungserklärung: Die Autoren geben keine Interessenskonflikte an.
Abbildung 1 [Abb. 1]
Literatur
- 1.
- Morand EF, Furie R, Tanaka Y, Bruce IN, Askanase AD, Richez C, Bae SC, Brohawn PZ, Pineda L, Berglind A, Tummala R; TULIP-2 Trial Investigators. Trial of Anifrolumab in Active Systemic Lupus Erythematosus. N Engl J Med. 2020 Jan 16;382(3):211-21. DOI: 10.1056/NEJMoa1912196
- 2.
- Gladman DD, Ibañez D, Urowitz MB. Systemic lupus erythematosus disease activity index 2000. J Rheumatol. 2002 Feb;29(2):288-91.
- 3.
- Furie RA, Morand EF, Bruce IN, Manzi S, Kalunian KC, Vital EM, Lawrence Ford T, Gupta R, Hiepe F, Santiago M, Brohawn PZ, Berglind A, Tummala R; TULIP-1 study investigators. Type I interferon inhibitor anifrolumab in active systemic lupus erythematosus (TULIP-1): a randomised, controlled, phase 3 trial. Lancet Rheumatol. 2019 Dec;1(4):e208-e219. DOI: 10.1016/S2665-9913(19)30076-1