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Initiierung von Glucocorticoiden vor Beginn der rheumatologischen Versorgung ist assoziiert mit längerer Glucocorticoid-Nutzung bei älteren Patienten mit rheumatoider Arthritis: Eine Analyse von Medicare- und U.S.-Registerdaten
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Published: | September 18, 2024 |
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Einleitung: Aktuelle Leitlinien empfehlen, Glucocorticoide (GC) bei rheumatoider Arthritis (RA) zu vermeiden (ACR [1]) oder sie nur für kurze Zeit zu verwenden (EULAR [2]). Trotz möglicher unerwünschter Ereignisse bei GC-Langzeiteinnahme, insbesondere bei älteren Menschen, ist eine Langzeitnutzung von GC weltweit recht häufig [3], [4], [5]. Ziel dieser Arbeit war es zu überprüfen, ob die Einleitung einer GC-Therapie vor Beginn der rheumatologischen Versorgung mit längerer GC-Nutzung assoziiert ist.
Methoden: Zwei Datenquellen aus den U.S.A (Rheumatology Informatics System for Effectiveness [RISE]-Register und Medicare) (2016–2018) wurden miteinander verknüpft. Die Verwendung von RISE ermöglichte die Erfassung detaillierter klinischer Daten, während die Nutzung von GC über das gesamte Versorgungskontinuum mit Medicare-Claims erfasst wurde. Patienten im Alter von ≥65 Jahren mit ≥2 RA-ICD-Codes in RISE wurden eingeschlossen. Das Datum des ersten ICD-Codes war das Indexdatum und signalisierte den Eintritt in die rheumatologische Versorgung. Der Beginn der GC-Behandlung (zwischen 3 Monaten vor und 6 Monaten nach dem Indexdatum) und die kontinuierliche GC-Einnahme bis 12 Monate nach dem Indexdatum wurden mit Medicare Claims erfasst; „kontinuierlich“ meint die Nutzung ohne Pausen von >6 Monaten. Die meisten Variablen wurden in RISE (während der 6 Monate nach Indexdatum) erfasst. Abbildung 1 [Abb. 1] zeigt das Studiendesign.
Zunächst wurden Kaplan-Meier-Kurven erzeugt, um die Dauer der GC-Einnahme bei Patienten mit GC-Beginn vor bzw. nach Indexdatum anzuzeigen. Cox-Proportional-Hazards-Modelle wurden genutzt, um die zwei Gruppen nach Adjustierung für Confounder zu vergleichen. In das Hauptmodell wurden Alter, Geschlecht, Ethnizität, Area Deprivation Index (als Surrogat für den sozioökonomischen Status; anhand von Postleitzahlen), Charlson-Comorbidity-Index, Body-Mass-Index, Seropositivität und DMARD-Initiierung (ja/nein) einbezogen. Ein zweites Modell berücksichtigte zusätzlich Krankheitsaktivität (CDAI oder RAPID3; falls beide verfügbar: CDAI). Zusätzlich wurden Patienten mit und ohne COPD miteinander verglichen, da COPD ebenfalls eine Indikation für GC sein kann. Zuletzt wurden die durchschnittlichen täglichen GC-Dosen geschätzt.
Ergebnisse: 1.733 Patienten (67% weiblich; Durchschnittsalter 76±6 Jahre) wurden eingeschlossen. 41% nahmen innerhalb des definierten Zeitraums GC ein, im Durchschnitt 16±58 Tage vor Eintritt in die rheumatologische Versorgung. GC-Verordnungen vor dem Eintritt in die rheumatologische Versorgung stammten zumeist von Ärzten der Grundversorgung bzw. Internist*innen (38%). Die durchschnittliche Dauer der GC-Einnahme betrug 157 Tage (95%-CI 143–170); 21% nahmen auch nach 12 Monaten noch GC ein. Der Beginn der GC-Behandlung vor Eintritt in die rheumatologische Versorgung war mit längerer GC-Einnahme assoziiert (Abbildung 2 [Abb. 2]), selbst nach Adjustierung für Confounder (Hauptmodell [n=629]: Hazard Ratio [HR] 0,61; 95%-CI 0,51–0,74; Modell inkl. Krankheitsaktivität [n=262]: HR 0,70; 95%-CI 0,51–0,95). Die Nebendiagnose COPD hatte keinen Einfluss auf die Dauer der GC-Einnahme. Bei Patienten, die über ≥3 Monate GC einnahmen, betrug die durchschnittliche tägliche GC-Dosis <5 mg/d Prednison-Äquivalent.
Schlussfolgerung: GC werden bei der frühen RA in den USA. häufig eingesetzt und meist begonnen, bevor Patienten in die rheumatologische Versorgung kommen. GC werden auch über längere Dauer in niedriger Dosierung genutzt. Ein Beginn von GC vor Beginn der rheumatologischen Versorgung ist in den USA. recht üblich und ist assoziiert mit längerer GC-Einnahmedauer. Initiativen zur Reduzierung der GC-Exposition bei RA werden eine engere Zusammenarbeit zwischen Rheumatolog*innen und Zuweiser*innen erfordern. Ob die Ergebnisse auf Deutschland übertragbar sind, ist eine Frage für die weitere Forschung.
Offenlegungserklärung: AP wurde durch Forschungsförderung der Deutschen Autoimmun-Stiftung unterstützt. JY wird durch NIH/NIAMS K24-AR-074534, R01HS028024 und P30-AR-070155 gefördert. RS wird durch NIH/NCATS-UCSF-CTSI TL1 TR001871 unterstützt. AP: Advisory Boards (Novartis). ETR, GS, JL, EK, RS: Keine COI. FB: Beratungshonorare, Honrare, Reisekosten (Abbvie, Horizon Therapeutics, Pfizer und Sparrow), Forschungsförderung durch Horizon Therapeutics, Pfizer und Abbvie. JY: Forschungsförderung durch Gilead, Astra Zeneca, BMS Foundation und Aurnia; Beratung (Pfizer und AstraZeneca).
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