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Ungewöhnliche renale Manifestation einer Systemerkrankung
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Published: | September 18, 2024 |
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Vorgeschichte: Eine 59-jährige Patientin mit langjähriger dissoziativer Störung und Immunthrombozytopenie (ED 2004, chronische Prednisolon-Monotherapie bis 15 mg/d) beklagt diffuses Unwohlsein, Magen-Darmbeschwerden und schäumenden Urin. Neben einem Ulkus ventriculi fällt ein akutes Nierenversagen mit rasch eintretender Dialysepflichtigkeit und hypertensiver Entgleisung auf. Differenzialdiagnostisch werden eine renale Beteiligung bei Nachweis pathologischer Leichtketten bzw. eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura bei normwertiger ADAMTS-13-Aktivität diskutiert.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Unter Hämodialyse tritt keine Besserung der Nierenfunktion ein (Kreatinin 6,0 – 12,0 mg/dl). Außer neu aufgetretenen Beinödemen, Gewichtszunahme und chronischem Husten (bei Raucheranamnese) bestehen keine typischen Manifestationen einer Kollagenose.
Diagnostik: In der Organdiagnostik finden sich ein geringer Perikard- und einseitiger Pleuraerguss sowie ein Fundus hypertonicus II und ausgeprägte LV-Hypertrophie als Zeichen eines langjährigen Hypertonus. Laborchemisch zeigen sich eine Anämie (6,1 g/dl ohne Hämolysezeichen) und Thrombopenie (50/nl), eine CRP-Erhöhung (1,9 mg/dl), deutlich erhöhte Leberwerte (Cholestase führend) und eine Proteinurie (880 mg/g Kreatinin).
Aufgrund zunehmender Thrombopenie (minimal 7/nl ohne Blutungszeichen) erfolgen eine hochdosierte Steroidtherapie und bei ausbleibendem Ansprechen eine Immunglobulingabe als Rescue-Therapie. Bei Nachweis von Anti-dsDNA-Antikörpern (ohne Complementverbrauch) zeigt sich zudem eine Triple-Positivität der Anti-Phospholipid-Antikörper, retrospektiv bereits in 2004 niedrigtitrig nachweisbar. Thrombotische oder embolische Manifestationen waren bis dato nicht aufgetreten.
Kernspintomographisch wird zudem der V.a. eine myokardiale Inflammation bei Myokarditis bei persistierend stark erhöhten Serumspiegeln für NT-pro-BNP (max. 37.000, min. 29.000 pg/ml) und Troponin-T (unter Prednisolonstoß) geäußert. Bei bekannter psychiatrischer Erkrankung und multiplen kleinen hemisphärischen Diffusionsstörungen wird eine cerebrale Manifestation eines Lupus erythematodes, DD eines Anti-Phospholipid-Antikörper-Syndroms (APS) oder einer Kardioembolie (bei unauffälligen Herzklappen) diskutiert.
Die Diagnosekriterien eines SLE sind erfüllt, ohne histologisch-gesicherte SLE-typische Immunkomplex-/Complement-vermittelte Glomerulonephritis. Vielmehr weist die Nierenbiopsie eine thrombotische Mikroangiopathie nach mit frischen Mikrothromben, intralobulären Erythrozytenzylindern, einem schweren akuten Tubulusschaden und einer interstitiellen Fibrose (20%), vereinbar mit einer APS-Nephropathie. Ob die Thrombopenie durch immunvermittelte Zytolyse bei SLE oder einen thrombotischen Verbrauch bei APS bedingt ist, bleibt unklar.
Therapie: Durch kombinierte Therapie mit Hydroxychloroquin, einmalig Rituximab (zur Reduktion der Antikörper-Last), dann nachfolgend Belimumab und oraler Antikoagulation wird im Verlauf eine deutliche klinische und laborchemische Besserung erreicht, jedoch bei fortbestehender Dialysepflichtigkeit.
Weiterer Verlauf: Renale Manifestationen eines APS können vielfältig sein, sind jedoch in ihrem Ausmaß eher unterschätzt und müssen als DD bei renaler Manifestation im Rahmen eines SLE berücksichtigt werden.