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Risikowahrnehmung, Stress und Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen mit rheumatischen Erkrankungen während der Corona-Pandemie – Daten aus der multizentrischen KickCOVID-Studie
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Published: | August 30, 2023 |
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Einleitung: Die Corona-Pandemie hat Kinder und Jugendliche vor besondere Herausforderungen gestellt. Ziel unserer Studie war es, die psychosoziale Belastung von Kindern und Jugendlichen mit rheumatischen Erkrankungen in einer fortgeschrittenen Phase der Corona-Pandemie zu untersuchen.
Methoden: Im Rahmen der multizentrischen Beobachtungsstudie KickCOVID1 als Zusatzmodul zur Kinder-Kerndokumentation (Kinder-KD) wurden Jugendliche ab 12 Jahre und Eltern von Kindern <12 Jahren mit rheumatischen Erkrankungen gebeten, bei Verlaufskontrollen von Juni 2021 bis Dezember 2021 Fragen zur Wahrnehmung von Gesundheitsrisiko, Stress, Einsamkeit und Wohlbefinden (WHO-5) im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu beantworten. Die Ergebnisse wurden den von Ärzten und Patienten in der Kinder-KD erhobenen demographischen, klinischen und Outcome-Daten gegenübergestellt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden Daten von 1.356 Patienten (69% weiblich) mit JIA, SLE und JDM einbezogen, aufgeteilt in 674 Jugendliche (Gruppe 1) und 682 Patienten <12 Jahre (Gruppe 2). Das Gesundheitsrisiko einer SARS-CoV2-Infektion (NRS 0–10) wurde in beiden Gruppen als mittelhoch eingeschätzt (Median 4, IQR 2–6 bzw. 5, IQR 3–7), die Stresswahrnehmung (NRS 0–10) als gering bis mäßig angegeben, allerdings mit einer deutlichen Streuung (Median 3, IQR 1–6). Der WHO-5-Score (Range 0–100) war in Gruppe 1 deutlich niedriger (mean 57,4±23; median 60, IQR 40–76) als in Gruppe 2 (mean 73,9±19,1; median 80, IQR 68–84); der Anteil an Patienten mit einem WHO-5-Score<52, der als Cut-off-Wert für eine depressive Symptomatik gilt, lag in Gruppe 1 bei 36,5% (m: 28,4%, f: 40,4%) und in Gruppe 2 bei 11,5%. Ein signifikant geringerer WHO-5-Score fand sich bei Patienten mit einer aktiven Erkrankung (ärztliche Globalbewertung, NRS>1), bei Patienten mit mindestens einem aktiven Gelenk (Joint count ≥1), sowie bei weiblichen Jugendlichen. Patienten-berichtete Outcomes (allgemeiner Gesundheitszustand NRS>1, Funktionsfähigkeit CHAQ>0) waren in beiden Gruppen nicht nur mit einem niedrigeren WHO-5-Score, sondern auch mit einer höheren Wahrnehmung von Gesundheitsrisiken, Stress und Einsamkeit assoziiert.
Schlussfolgerung: Im 2. Jahr der Corona-Pandemie zeigten in unserer Untersuchung mehr als 1/3 der Jugendlichen mit rheumatischen Erkrankungen ein deutlich eingeschränktes Wohlbefinden. Die Wahrnehmung Corona-bedingter Risiken und Stress sowie das allgemeine Wohlbefinden korrelierten mit den von Ärzten und insbesondere mit Patienten-berichteten Outcome-Parametern. Diese sollten regelmäßig – gerade unter veränderten Rahmenbedingungen wie einer Pandemie – erhoben werden, um einen möglichen Unterstützungsbedarf aufzudecken und zielgerichtet Angebote machen zu können.
Tabelle 1 [Tab. 1]
Literatur
- 1.
- Warschburger P, Kamrath C, Lanzinger S, Sengler C, Wiegand S, Göldel JM, Weihrauch-Blüher S, Holl RW, Minden K. A prospective analysis of the long-term impact of the COVID-19 pandemic on well-being and health care among children with a chronic condition and their families: a study protocol of the KICK-COVID study. BMC Pediatr. 2023 Mar 22;23(1):130. DOI: 10.1186/s12887-023-03912-7