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Lidschwellung – immer eine banale Erkrankung?
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Published: | August 30, 2023 |
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Einleitung: Wir präsentieren 2 Patientinnen, die sich beide mit einer einseitigen Lidschwellung und Ptosis vorstellten.
Methoden: Die Krankenakten der Patientinnen wurden retrospektiv analysiert im Hinblick auf Anamnese, klinische Untersuchung, Laborbefunde, bildgebende Verfahren.
Ergebnisse: Die erste Patientin war 12 Jahre alt und hatte eine anhaltende Lidschwellung über 3 Monate, keine Besserung unter antibiotischer Therapie. In der Magnetresonanztomographie (MRT) war eine Verdickung des rechten Oberlides mit deutlicher Signalanhebung in den STIR Sequenzen zu sehen. In der Histologie zeigte sich eine granulomatös- nekrotisierende Entzündung und Kleingefäßvaskulitis. Die MPO- Antikörper im Serum waren positiv. Die zweite Patientin war 10 Jahre alt und hatte eine Lidschwellung über 4 Wochen. In der Histologie wurde eine reaktive Entzündung gesehen (V.a. Chalazion). 3 Jahre später kam es zu einer Lidschwellung auf der gegenüberliegenden Seite. In der MRT war eine ausgedehnte Raumforderung in der rechten Orbita superior/lateral mit Beteiligung des Oberlides und der Tränendrüse zu sehen. Histologisch zeigte sich eine granulomatöse Entzündung. Eine Urinuntersuchung wurde zu dem Zeitpunkt nicht durchgeführt. 3 Wochen später kam es zu einem akuten Nierenversagen mit ausgeprägter Anämie durch eine pauci-immune nekrotisierende Glomerulonephritis (GN). Die MPO-Antikörper im Serum waren positiv. Bei beiden Patientinnen stellten wir die Diagnose einer Granulomatose mit Polyangiitis (GPA). Die erste Patientin hat nur eine orbitale Manifestation. Durch die Therapie mit oralen Steroiden (4 Wochen) und Methotrexat ist es zu einer klinischen Remission gekommen. Im MRT ist nach 4 Monaten jedoch ein Restbefund sichtbar. Die zweite Patientin mit akutem Nierenversagen erhielt Plasmapherese und Cyclophosphamid, wurde aber dialysepflichtig und wurde im Verlauf nierentransplantiert. Ein Rezidiv an der Orbita ist bisher nicht aufgetreten. Differentialdiagnostisch kommen bei anhaltender Lidschwellung u.a. Abszesse, Tumoren, Vaskulitiden, Tuberkulose, Sarkoidose und eine IgG 4- assoziierte Erkrankung in Betracht.
Schlussfolgerung: Bei anhaltender Lidschwellung muss eine MRT erfolgen und je nach bildmorphologischem Befund ist für die Sicherung der Diagnose eine repräsentative Gewebebiopsie notwendig. Die PatientInnen bedürfen einer interdisziplinären Betreuung durch Augenärzte, Radiologen, Pathologen und je nach Befund Rheumatologen, Nephrologen und Onkologen. Wie bei unseren Patientinnen kann eine anhaltende Lidschwellung die Erstmanifestation einer GPA sein. Sollte sich die Diagnose einer GPA bestätigen, empfehlen wir dringend regelmäßige Urinkontrollen, um eine Glomerulonephritis rechtzeitig zu erkennen.