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10-jähriges Mädchen mit juveniler idiopathischer Arthritis und Cheilitis
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Published: | August 30, 2023 |
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Vorgeschichte: Ein 12-jähriges Mädchen ist seit dem 3. Lebensjahr aufgrund einer juvenile idiopathischen Arthritis, Subtyp seropositive Polyarthritis (ANA positiv, RF positiv, CCP positiv) in kinderrheumatologischer Betreuung. Unter einer Therapie mit zunächst Methotrexat, später in Kombination mit Etanercept kam sie in Remission, so dass die Dauertherapie beendet wurde. Nach Rezidiv der Arthritis erfolgte die Monotherapie mit Etanercept. Darunter aktuell stabile Remission bezüglich der Arthritis. Die augenärztlichen Kontroll-Untersuchungen z.A. Uveitis waren stets unauffällig.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Ca. 5 Monate nach dem JIA Rezidiv stellte sie sich mit einer rezidivierenden Schwellung der Oberlippe vor. Hinweise für eine Infekthäufung fanden sich anamnestisch nicht. Die Eigen- und Familienanamnese bezüglich chronisch-entzündlicher oder immunologischer Erkrankungen ist leer.
Diagnostik: Klinisch zeigte sich bei der Patientin eine Cheilitis granulomatosa. Eine Lippenbiopsie wurde zur Diagnosesicherung aufgrund des eindeutigen klinischen Bildes zurückgestellt. Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) ist klinisch und bei unauffälligen Calprotectinwerten im Stuhl unwahrscheinlich. Die Granulozytenfunktionsdiagnostik (Dihydrorhodamin Test) zeigt, wie typisch bei Trägerinnen bei der X-chromosomal vererbten septischen Granulomatose (CGD), zwei Populationen, von denen die größere eine sehr geringe Funktion zeigt. Molekulargenetisch bestätigt sich der Verdacht mit einer Deletion im Exon 9 des CYBB-Gens (c.1151-21151+2delAAGT). Somit ergibt sich die Befundkonstellation einer Trägerschaft für CGD mit ungünstiger Lyonisierung. Trägerinnen der XL-CGD haben ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen, typisch ist der diskoide SLE. Das Manifestationsalter variiert dabei in Abhängigkeit von der Restfunktion der Neutrophilen. Abhängig von der Restfunktion und dem klinischen Phänotyp sind Supportivtherapien incl. Immunsuppression erforderlich. Bislang wurde einige wenige Patientinnen wegen schwerer, entzündlicher oder infektiologischer Komplikationen mit derselben Rationale wie Patienten mit XL-CGD stammzelltransplantiert [1].
Therapie: Die Cheilitis granulomatosa bedarf einer differentialdiagnostischen Abklärung; insbesondere eine Störung der Granulozytenfunktion sollte ausgeschlossen werden. Da die üblichen immunsuppressiven Therapieoptionen der Cheilitis bzw. der seropositiven Polyarthritis mit einem erhöhten Infektionsrisiko einhergehen, muss in Abhängigkeit der Granulozytenrestfunktion eine antibiotische Prophylaxe diskutiert werden. Nur bei wenigen Patientinnen kommt die hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) als kurative Therapieoption infrage. Da Patienten mit CGD eine gesteigerte IL-1-Ausschüttung zeigen, entschieden wir uns für eine immunmodulatorische Therapie mit Anakinra, einem humanen Interleukin 1-Rezeptorantagonisten zur Therapie Cheilitis [2].
Weiterer Verlauf: Der weitere Verlauf bleibt abzuwarten.
Literatur
- 1.
- Tsilifis et al. Allogeneic HSCT for Symptomatic Female X-linked Chronic Granulomatous Disease Carriers [Manuscript submitted for publication]. 2023.
- 2.
- Meissner F, Seger RA, Moshous D, Fischer A, Reichenbach J, Zychlinsky A. Inflammasome activation in NADPH oxidase defective mononuclear phagocytes from patients with chronic granulomatous disease. Blood. 2010 Sep 2;116(9):1570-3. DOI: 10.1182/blood-2010-01-264218
- 3.
- Freudenberg F, Wintergerst U, Roesen-Wolff A, Albert MH, Prell C, Strahm B, Koletzko S, Ehl S, Roos D, Tommasini A, Ventura A, Belohradsky BH, Seger R, Roesler J, Güngör T. Therapeutic strategy in p47-phox deficient chronic granulomatous disease presenting as inflammatory bowel disease. J Allergy Clin Immunol. 2010 Apr;125(4):943-6.e1. DOI: 10.1016/j.jaci.2010.01.035
- 4.
- Trevisan M, Kang EM; CGD Consortium; Tommasini A, Confalonieri M. Hematopoietic Stem Cell Transplantation in Late-onset X-linked Chronic Granulomatous Disease in a Female Carrier. J Clin Immunol. 2022 Oct;42(7):1396-9. DOI: 10.1007/s10875-022-01310-9