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Ein Hypereosinophiles Syndrom, oder doch nicht?
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Published: | August 30, 2023 |
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Vorgeschichte: Ein 20-jähriger Patient wurde uns mit einer ausgeprägten Eosinophilie zugewiesen. Als Symptomatik bestanden Bauchschmerzen. Rezidivierend traten diese im Oberbauch kolikartig auf. Es erfolgten in der Vergangenheit umfangreiche Untersuchungen inkl. 3 Gastroskopien, 2 Koloskopien, einer Abdomensonografie und 2 CTs. In den letzten Untersuchungen wurde der V.a. ein Dunbar-Syndrom gestellt und die Indikation zur Spaltung des Ligamentum arcuatum gestellt. Die Beschwerden besserten sich teilweise, die kolikartigen Schmerzen rezidivierten, wenn auch abgeschwächt.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Zum Vorstellungszeitpunkt bestand eine inkomplette B-Symptomatik mit Nachtschweiß seit 3 Wochen und Gewichtsverlust aufgrund mangelnder Nahrungsaufnahme und Abbau des muskulösen Körperbaus. Auffällig waren petechiale Effloreszenzen an den Füßen und eine Leukozytose mit 21,3 Gpt/l davon 8,6 Gpt/l Eosinophilen (40,4%).
Diagnostik: In den Untersuchungen ergab sich kein abdomineller Fokus, keine Lungen- oder Herzbeteiligung. Das IgE war mit >5.000 kU/I massiv erhöht ohne Hinweise für Allergien, die durchgeführte Immunologie komplett negativ. Mehrere Stuhlproben auf Wurmeier waren ebenso negativ wie eine molekulargenetische Knochenmarkuntersuchung auf eine Eosinophilenleukämie-induzierende Mutation. In der Hautbiopsie zeigte sich eine geringe Kapillaritis unter Beteiligung von Eosinophilen ohne Gefäßwandnekrosen.
Therapie: Wir gingen von einem primären hypereosinophilen Syndrom aus und begannen mit einem Prednisolonstoß mit promptem Ansprechen. Bei 20 mg Prednisolon traten erneut Beschwerden auf. Ein erneuter Stoß erbrachte Linderung. Vor der nächsten Vorstellung wurde rektal Enterobius vermiculais detektiert. Eine Behandlung mit 2 Sequenzgaben von Mebendazol folgte mit gutem Effekt. Bei 10 mg Prednisolon kam es zum erneuten Rezidiv. Nach ausführlichem Gespräch begannen wir mit MTX, Mepolizumab war nicht gewünscht. Nach 4 Wochen wurden erneut Wurmdetektion, daraufhin wurde MTX abgesetzt und der Patient infektiologisch vorgestellt. Ein mikroskopischer Nachweis von Enterobius vermicularis gelang. Es wurde eine 4-monatige Sequenztherapie mittels Mebendazol begonnen und Prednisolon konnte komplett ausgeschlichen werden.
Weiterer Verlauf: Mit den neuen Therapieoptionen ist die Eosinophilie weiter in den Vordergrund gerückt. Neben den klassischen Vermutungen unserer Fachrichtung wie Vaskulitiden und Leukämien, sollten wir die Parasitosen nicht aus dem Blick verlieren. Die Diagnostik kann durchaus falsch negativ sein. Es ist zu überlegen bei fehlenden Hinweisen für eine immunologische oder maligne Entität aufgrund der kostengünstigen und nebenwirkungsarmen Medikamente eine probatorische antiparasitäre Therapie unter laborchemischen Kontrollen vor Immunsuppression zu erwägen.
Offenlegungserklärung: nicht zutreffend.