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Wer sind die Übeltäter?
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Published: | August 30, 2023 |
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Vorgeschichte: Eine 32-jährige Patientin stellte sich notfallmäßig mit starken Myarthralgien beider Oberarme, Schulter-, Sprung- und Handgelenke vor. Eine Woche zuvor habe sie wässrige Diarrhoe, Schüttelfrost, Gliederschmerzen und Fieber bis 38,2°C entwickelt. Eine Erregersuche inklusive Blut-, Urin- und Stuhlkulturen war initial negativ. Bei V.a. reaktive Polyarthritis nach gastrointestinalem Infekt wurden NSAR und eine Steroidstoßtherapie mit 20 mg Prednisolon begonnen. Die Patientin wurde nach Beschwerdebesserung unter Therapie entlassen.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: m Tag nach Entlassung entwickelte die Patientin eine einzelne nicht-juckende, blass erythematöse Papel an der Fußsohle mit im Verlauf Dissemination an den Handflächen, Fußsohlen sowie vereinzelt an Armen, Beinen und im Gesicht. Die Myarthralgien waren unter Steroidtherapie zwar rückläufig, allerdings weiterhin vorhanden. Das Krankheitsgefühl mit Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, Schüttelfrost und die subfebrilen Temperaturen hielt unter Steroidtherapie an.
Diagnostik: Es fiel eine Entzündungskonstellation mit Neutrophilie und CRP-Erhöhung (bis 125 mg/l) ohne relevantes Procalcitonin und eine leichte Leberwerterhöhung auf. Klinisch wurde eine Peritendinitis der langen Bizepssehnen und eine Bursitis beider Schultergelenke festgestellt. Rheumafaktor, Anti-CCP-Antikörper, ANA und ANCA waren negativ. In Folgeblutkulturen wurden gramnegative Stäbchen in der aeroben (DTP 22 h) und anaeroben Flasche (DTP 3d 20 h) isoliert, die in der Massenspektrometrie als Streptobacillus moniliformis identifiziert wurden. Echokardiographisch wurde eine Vegetation der Aortenklappe nachgewiesen, womit bei positiven Kriterien nach Duke mit 1 Major- und 2–3 Minorkriterien die Diagnose eines Rattenbissfiebers mit Aortenklappenendokarditis gestellt wurde. Die Diagnose wurde bei Nachweis hochtitriger spezifischer IgM- und IgG-Antikörper bestätigt. Anamnestisch gab die Patientin an drei Farbratten (Rattus norvegicus) zuhause zu halten.
Therapie: Nach Diagnosestellung wurde eine Antibiose mit 4x5 Mio. IE/Tag i.v. über 14 Tage verabreicht und bei unkompliziertem Verlauf nach 14 Tagen auf 4x1g Amoxicillin für weitere 4 Wochen oralisiert. Die Steroidtherapie wurde rasch getapert.
Weiterer Verlauf: Zwei Wochen nach beendeter Therapie war die Patientin vollständig beschwerdefrei, die Vegetation konnte nicht mehr nachgewiesen werden, Folgeblutkulturen blieben negativ. Die Ratten wurden auf Wunsch der Patientin eingeschläfert. Rattenbissfieber ist eine seltene, infektiologische Erkrankung, die aufgrund des schwierigen Erregernachweises und der geringen Awareness der Erkrankung schwer zu diagnostizierten ist. Da die Symptomatik anderen entzündlichen Arthritiden stark ähneln kann, kann es zu Verzögerungen in der Diagnosestellung kommen. Aufgrund der teils hohen Mortalität ist es wichtig die Wahrnehmung dieser Erkrankung im klinischen Alltag zu erhöhen.
Offenlegungserklärung: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen.