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Von der Haut zur Lunge – der klinische Blick vermutet, das Labor bringt Gewissheit
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Published: | August 30, 2023 |
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Vorgeschichte: Drei Patient*innen mit Hauteffloreszenzen der Fingerstreckseiten und Dyspnoe wurden in der rheumatologischen Abteilung des Universitätsklinikums Halle (Saale) vorgestellt.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Patient 1 (männlich, 50 Jahre alt) entwickelte eine ausgeprägte körperliche Schwäche, persistierend erhöhte Entzündungsparameter und Fieber. Im weiteren Verlauf traten livide Papeln der Fingerstreckseiten, schmerzhafte orale Ulzera sowie ein Dekubitus am Steiß hinzu.
Patient 2 (männlich, 73 Jahre alt) fiel mit zunehmender Vergesslichkeit, Muskelabbau bis zur Bettlägerigkeit und Gewichtsverlust auf. Weiterhin manifestierten sich zyanotische Akren und flächig rote Papeln an den Handrücken und Fingern.
Patientin 3 (weiblich, 65 Jahre alt) wurde aufgrund starker Abgeschlagenheit, netzartigen lividen Hautveränderungen der Oberschenkel (Livedo racemosa) und livid-rötlichen Plaques der dorsalen Anteile der Hände zugewiesen.
Alle drei Patient*innen berichteten von einer zunehmenden Belastungsdyspnoe, welche sich über einen kurzen Zeitraum von wenigen Monaten eingestellt hatte.
Diagnostik: In der körperlichen Untersuchung wurde bei Patient 1 und 2 eine deutliche Sklerophonie festgestellt, welche sich CT-morphologisch als interstitielle Lungenerkrankung (ILD) mit UIP-Muster darstellte. Patientin 3 wies in der Computertomografie des Thorax eine Alveolitis auf. Alle drei Betroffenen hatten normale oder minimal erhöhte Muskelenzyme im Labor, das CRP zeigte sich normwertig oder mittelgradig erhöht. In der ANA-Diagnostik wurde bei jedem Patienten ein Auto-Antikörper gegen das Melanoma-differentiation-antigen – 5 (MDA-5) gefunden.
Therapie: Die Therapie umfasste in allen Fällen eine Immunsuppression mit Kortikosteroiden intravenös. Patient 1 und Patientin 3 wurden weiteren Therapien (unter anderem Plasmapherese, Mycophenolat mofetil, Rituximab, Cyclophosphamid) zugeführt.
Weiterer Verlauf: Patient 1 und Patientin 3 stabilisierten sich durch die etablierten Therapien im Verlauf, wobei bei Patient 1 eine ausgedehnte Lungenfibrose fortbesteht, die mit Nintedanib behandelt wird. Eine dauerhafte Sauerstoffsupplementation ist in Fall 1 notwendig. Weiterhin entwickelten Patient 1 und Patientin 3 eine pulmonal-arterielle Hypertonie, deren Therapie PDE-5- und/oder Endothelin-Rezeptor-Inhibitoren umfasst. Patient 2 verstarb nach wenigen Tagen. MDA-5-positive Patienten entwickeln eine Sonderform einer Dermatomyositis, die amyopathisch oder nur mit geringen Muskelsymptomen verläuft, jedoch eine rasch progrediente ILD entwickelt. Die Mortalität ist hoch, eine intensive Immunsuppression erforderlich, jedoch nicht immer erfolgreich.