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Deutscher Rheumatologiekongress 2021, 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

15.09. - 18.09.2021, virtuell

Methotrexat-Osteopathie: 7 Fälle einer übersehenen Komplikation der rheumatologischen Therapie

Meeting Abstract

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  • Christoph Fiehn - Rheumatologie Baden-Baden, Tätigkeitsschwerpunkt klinische Immunologie, Baden-Baden
  • Jutta Bauhammer - Rheumatologie Baden-Baden, Tätigkeitsschwerpunkt klinische Immunologie, Baden-Baden

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2021, 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). sine loco [digital], 15.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocRA.10

doi: 10.3205/21dgrh117, urn:nbn:de:0183-21dgrh1178

Published: September 14, 2021

© 2021 Fiehn et al.
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Einleitung: Insuffizienzfrakturen vor allem der Tibiae bei Patienten mit Methotrexat (MTX)-Langzeittherapie wurden in der Literatur in kleinen Fallsammlungen beschrieben [1], [2], [3], [4], [5]. Die Ursache dieses Phänomens ist unklar, es wird aber eine Hemmung der RANKL-abhängigen Osteoklastenfunktion durch MTX vermutet [6].

Ziel der Arbeit: Die retrospektive Analyse von 7 von uns beobachteten Fällen mit MTX-Osteopathie.

Ergebnisse: 6 der 7 Patienten (alle weiblich, Alter im Median 70J, (57-77)) litten an einer rheumatoiden Arthritis (RA) und eine an einer Riesenzellarteriitis (RZA). Alle diese Erkrankungen waren in Langzeitremission. Die Dauer der MTX-Therapie betrug im Median 11 Jahre (3-20) und die Dosis 15mg/Woche (7,5-22,5). 6 von 7 Patienten hatten Insuffizienzfrakturen der distalen Tibia, 5 davon symmetrisch, eine der Tibaeplateaus. Außerdem waren der Kalkaneus, der Talus und das Os cuboideum (jeweils n=2) sowie die Ulnadiaphyse (n=1) betroffen. Die Frakturen waren zum Zeitpunkt der Diagnose im Median 3 Jahre (2,5 – 12) Jahre vorhanden. Nur 2 der Patienten hatten vor der Fraktur Langzeit-Glukokortoide erhalten und bei diesen wurden diese bei der Frakturdiagnose abgesetzt. Die Knochendichtemessung der Patienten (DXA) zeigte Osteopenie oder Osteoporose (T-Score im Median -1,3 am OSH (-0,8 bis -3,5) und -2,0 an der LWS (-1,6 bis- 3,2)). 4 der 7 Patienten hatten nach der Frakturdiagnose erfolglos Bisphosphonate oder Denosumab erhalten. Alle Patienten litten starke Schmerzen beim Gehen (NRS 8-10 auf einer Skala bis 10) und benötigten Gehhilfen. Nach Absetzen von MTX kam es bei 6 der 7 Patienten nach im Median 3,5 Monaten (2,5 bis 4) zum kompletten Verschwinden der Fraktursymptome und zur Schmerzfreiheit. Statt MTX erhielten die Patienten in der Phase der Frakturheilung Etanercept (n=3), Abatacept, Tocilizumab, Sulfasalazin oder gar keine DMARD-Therapie (jeweils n=1). Lediglich die Patientin mit RZA hatte anhaltende Fraktursymptome nach Absetzen von MTX, sie unterschied sich aber von der anderen Gruppe durch Lokalisation der Frakturen in den medialen Tibiaplateaus, beidseitige frakturnahe Knie-TEP-Versorgung und Tocilizumabtherapie nach MTX-Absetzen.

Schlussfolgerung: Die MTX-Osteopathie kann in Assoziation mit einer Langzeittherapie mit MTX sowie Osteopenie bzw. Osteoporose auftreten und manifestiert sich durch meist symmetrische Insuffizienzfrakturen der distalen Tibiae aber auch anderer Knochen. Glukokortikoidtherapie ist keine Voraussetzung für diese Komplikation. Bei allen Patienten mit typischen distalen Tibiafrakturen verheilten die Frakturen 2,5 bis 4 Monate nach Absetzen von MTX trotz vorheriger langjähriger Frakturheilungsstörung. Es ist wichtig, dass MTX nicht durch Leflunomid ersetzt wird, da für diese Substanz Knochenheilungsstörungen beobachtet wurden [7]. Alle oben beschriebenen Patienten hatten wegen der chronischen Frakturen lange diagnostische und therapeutische Wege hinter sich. Die Aufmerksamkeit rheumatologisch-tätiger Ärzte für diese seltene Komplikation muss daher geschärft werden.

Disclosures: Keine Interessenkonflikte


Literatur

1.
Alonso-Bartolome P, Martinez-Taboada VM, Canga A, Blanco R. Medial tibial stress syndrome due to methotrexate osteopathy. Ann Rheum Dis. 2006 Jun;65(6):832-3. DOI: 10.1136/ard.2005.043281 External link
2.
Rudler M, Pouchot J, Paycha F, Gentelle S, Grasland A, Vinceneux P. Low dose methotrexate osteopathy in a patient with polyarticular juvenile idiopathic arthritis. Ann Rheum Dis. 2003 Jun;62(6):588-9. DOI: 10.1136/ard.62.6.588 External link
3.
Stevens H, Jacobs JW, Van Rijk PP, De Klerk JM. Methotrexate osteopathy demonstrated by Technetium-99m HDP bone scintigraphy. Clin Nucl Med. 2001 May;26(5):389-91. DOI: 10.1097/00003072-200105000-00002 External link
4.
Robin F, Cadiou S, Albert JD, Bart G, Coiffier G, Guggenbuhl P. Methotrexate osteopathy: five cases and systematic literature review. Osteoporos Int. 2021 Feb;32(2):225-32. DOI: 10.1007/s00198-020-05664-x External link
5.
Zonneveld IM, Bakker WK, Dijkstra PF, Bos JD, van Soesbergen RM, Dinant HJ. Methotrexate osteopathy in long-term, low-dose methotrexate treatment for psoriasis and rheumatoid arthritis. Arch Dermatol. 1996 Feb;132(2):184-7.
6.
Perpétuo IP, Caetano-Lopes J, Rodrigues AM, Campanilho-Marques R, Ponte C, Canhão H, Ainola M, Fonseca JE. Methotrexate and low-dose prednisolone downregulate osteoclast function by decreasing receptor activator of nuclear factor-κβ expression in monocytes from patients with early rheumatoid arthritis. RMD Open. 2017 Jul;3(1):e000365. DOI: 10.1136/rmdopen-2016-000365 External link
7.
Bauhammer J, Fiehn C. 3 Fälle von anhaltenden Pseudarthrosen unter einer Therapie mit Leflunomid, reversibel nach Absetzen und Auswaschen des aktiven Metaboliten. In: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie; Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie; Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie, editors. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Frankfurt am Main, 31.08.-03.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocRA.22. DOI: 10.3205/16dgrh244 External link