gms | German Medical Science

Deutscher Rheumatologiekongress 2021, 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

15.09. - 18.09.2021, virtuell

Inflammation, Myalgien und Panzytopenie – was steckt dahinter?

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Julia Kühnöl - Klinik für Innere Medizin II, Schwerpunkt Rheumatologie, Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle
  • Gernot Keyßer - Klinik für Innere Medizin II, Schwerpunkt Rheumatologie, Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2021, 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). sine loco [digital], 15.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocFA.13

doi: 10.3205/21dgrh085, urn:nbn:de:0183-21dgrh0851

Published: September 14, 2021

© 2021 Kühnöl et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Vorgeschichte: Ein 38-jähriger Ethnologe wurde im Januar 2021 in das Department für Innere Medizin des Universitätsklinikums Halle (Saale) aufgenommen. Der Patient hatte keine Vorerkrankungen und war bis eine Woche vor Aufnahme vollständig leistungsfähig. Ein Aufenthalt im Südsudan lag 2 Jahre zurück.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Die Symptomatik war bestimmt durch stärkste immobilisierende Schmerzen (10/10 auf der visuellen Analogskala) der Muskulatur, welche seit vier Tagen bestanden. Die Schmerzen wechselten in der Lokalisation und befielen zunächst die Arme, dann die Beine. Weiterhin bestand Fieber bis 39° und Schüttelfrost.

Diagnostik: Der Patient war in deutlich eingeschränktem Allgemeinzustand, es fand sich eine ausgeprägte Abgeschlagenheit. In der körperlichen Untersuchung ergaben sich zunächst keine Hinweise für eine Organinfektion. Eine Muskelschwäche war aufgrund der ausgeprägten Schmerzhaftigkeit der Extremitätenmuskulatur schwer objektivierbar.

Laborchemisch imponierten deutlich erhöhte Entzündungsparameter, sowie erhöhte Muskelenzyme und eine Panzytopenie. Die serologische Testung auf Virusinfektionen (inklusive HIV und Malaria mittels dicker Tropfen) fiel unauffällig aus, ebenso das Autoimmunlabor. Blutkulturen zeigten jedoch im Verlauf eine Infektion mit Staphylokokkus aureus an, sodass eine Fokussuche (transösophageale Echokardiografie, MRT Wirbelsäule, Zahnstatus) durchgeführt wurde, welche keine pathologischen Befunde zeigte. Ein MRT des Oberschenkels schloss eine Myositis aus, ergab jedoch einen unklaren infiltrativen Prozess im Oberschenkelknochen. Ein Ganzkörper-CT wies kleine, runde, randständig kontrastmittelaufnehmende Herde in einzelnen Muskelgruppen (unter anderem M. glutaeus maximus rechts, Oberarmmuskulatur bds., Oberschenkelmuskulatur bds.) auf. Es erfolgte die Punktion eines oberflächlichen Herdes, aus dem sich Pus entleerte, mikrobiologisch fand sich erneut Staphylokokkus aureus. Im Verlauf konzentrierte sich das Schmerzmaximum auf den linken Unterschenkel, wo sich im MRT ein großer Abszess mit drohendem Kompartmentsyndrom zeigte.

Die Ursache der Panzytopenie mit schwerer Neutropenie ergab sich aus der FACS-Analyse des peripheren Blutes und einer Knochenmarkpunktion: Beide Untersuchungen sicherten die Diagnose einer klassischen Haarzellleukämie.

Therapie: Nach Feststellung der Staphylokokkus-aureus-Bakteriämie erfolgte eine leitliniengerechte Therapie mit Flucloxacillin, welche sich als wirksam erwies, jedoch eine allergische Reaktion hervorrief, sodass eine entsprechende Umstellung erfolgte. Der Abszess im linken Unterschenkel wurde chirurgisch gespalten und mit lokalen antibiotischen Medien versorgt. Nach Infektstabilisierung wurde ein Konzept für die Therapie gegen die Haarzellleukämie entworfen, welches zunächst die Behandlung mit einem BRAF-Inhibitor enthielt.

Diskussion: Die klassische Haarzellleukämie ist eine seltene lymphoproliferative Erkrankung, in deren Folge die Neutropenie zu einer Staphylokokkensepsis mit multiplen Muskelabszessen führte. Zu Beginn bot sich ein ausgeprägtes inflammatorisches Krankheitsbild, welches die Symptome einer Myositis imitierte. Bakterielle Infektionen stellen eine wichtige Differentialdiagnose autoimmuner Myositiden dar. Das Spektrum ihrer Manifestationen an der Muskulatur reicht von Begleitmyalgien über phlegmonöse oder abszedierende Lokalinfektionen bis hin zur pyogenen Myositis als diffus infiltrierenden Prozess und zu systemischen Reaktionen durch multiple Abszesse wie im hier beschriebenen Fall.

Disclosures: None declared