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Auswirkungen einer Höhensimulation bis 6000 Meter über Meeresspiegel auf die Füllung und Sichtbarkeit der Kapillaren an der Nagelfalz
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Published: | October 8, 2019 |
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Einleitung: Die Auswirkungen von Hypoxie und Untersuchungshöhe auf die Füllung und Sichtbarkeit der Kapillaren der Nagelfalz beim Menschen wurden bisher nicht standardisiert untersucht.
Methoden: An gesunden Probanden wurden im :envihab Simulationslabor M3 (Wohn- und Simulationsbereich I) des Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin am DLR (https://www.dlr.de/envihab/) Höhensimulationen von Meereshöhe (MH), 2000m (2k), 4000m (4k) und 6000m (6k) über Meeresspiegel durchgeführt, indem durch prozentuale Erhöhung des Stickstoffanteils der Sauerstoff- (21% (MH), 16% (2k), 12,5% (4k) und 9,7% (6k)) und CO2-Gehalt (0,4% (MH), 0,3% (2k), 0,23% (4k) und 0,18% (6k)) des Untersuchungsraumes reduziert wurde. Verschiedene Untersuchungen zur Beurteilung der Auswirkungen der Höhensimulation auf kardiovaskuläre Parameter wurden durchgeführt. Die periphere Zirkulation wurde mittels Kapillarmikroskopie an der Nagelfalz dokumentiert. An jeweils 2 markierten Stellen der Finger III-V beider Hände wurden Detailaufnahmen der Nagelfalz von 1mm jeweils zum Ende der jeweils 2-stündigen Simulationsphase gewonnen (Videokapillaroskop Di-Li). Die Bilder der dokumentierten Regionen wurden einander zugeordnet und identische Kapillaren wurden bezüglich Anzahl, Durchmesser des afferenten Schenkels, Scheitels und efferenten Schenkels an standardisierten Punkten vermessen.
Ergebnisse: 500 identische Kapillaren von 9 Probanden konnten an mindestens 3 der 4 simulierten Höhen identifiziert werden, insgesamt waren das bei MH 484, 2k 475, 4k 479 und 6k 493 Kapillaren. Die mittlere Kapillardichte betrug 8,7 Kapillaren/mm. Die Sichtbarkeit der Kapillaren (Rekrutierung) stieg von 79% (MH) auf 85% (2k) und fiel dann auf 83% (4k und 6k) der Kapillaren. Die mittleren Durchmesser von afferentem Schenkel (11,6µm MH), Scheitel (16,8µm MH) und efferenter Schenkel (15,7µm MH) stiegen zu 2k um 4% und 4k um 2%, bei 6k waren sie dann wieder identisch zu MH. Lediglich 1 Proband zeigte keine Zunahme sondern eine Abnahme der Durchmesser von MH zu 2k. Gemäß dem Gesetz von Hagen-Poiseuille bei dem der Radius in der vierten Potenz den Volumenstrom beeinflusst, lassen sich mittlere Flusssteigerungen um 17% (2k) und 8% (4k) über die Zunahme des Durchmessers und zusätzlich 5% über die vermehrte Kapillarrekrutierung abschätzen.
Schlussfolgerung: Eine milde (simulierte) Hypoxie wie bei einer Aufenthaltshöhe von 2000 Meter über Meeresspiegel steigert Sichtbarkeit und Durchmesser der Kapillaren fast aller gesunden Probanden an der Nagelfalz und lässt einen um über 20% gesteigerten Blutfluss abschätzen, bei stärkerer Hypoxie (oder durch die Verminderung des CO2-Drucks) ist die Sichtbarkeit und Füllung wieder rückläufig, eine Flusssteigerung nicht mehr erwartbar. Bei leichter Hypoxie könnten möglicherweise über vermehrte Rekrutierung krankheitsassoziierte Kapillarverluste unterschätzt werden. Zudem könnten die vermehrte Kapillarfüllung der Scheitel und der höhere Kapillardurchmesser die für die Systemsklerose typische Scheitelektasie betonen. Im nächsten Schritt ist der Vergleich mit den parallel erhobenen zentralen Kreislaufparametern geplant. Untersuchungen an Probanden/Patienten mit Akroperfusionsstörungen sollten ergänzt werden.