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46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

19.09. - 22.09.2018, Mannheim

Ambulante nicht-medikamentöse Therapien und medizinische Rehabilitation – Versorgung, Ansprechpartner und Informationswünsche aus Sicht von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

Meeting Abstract

  • Katja Raberger - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Rehabilitationsmedizin, Halle (Saale)
  • Peter Böhm - Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V., Berlin
  • Gernot Keyßer - Universitätsklinikum Halle (Saale), Department für Innere Medizin, Klinik für Innere Medizin II Arbeitsbereich Rheumatologie, Halle (Saale)
  • Christoph Schäfer - Universitätsklinikum Halle (Saale), Department für Innere Medizin, Klinik für Innere Medizin II Arbeitsbereich Rheumatologie, Halle (Saale)
  • Wilfried Mau - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Rehabilitationsmedizin, Halle (Saale)
  • Kerstin Mattukat - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Rehabilitationsmedizin, Halle (Saale)

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Mannheim, 19.-22.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocEV.16

doi: 10.3205/18dgrh068, urn:nbn:de:0183-18dgrh0682

Published: February 5, 2019

© 2019 Raberger et al.
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Text

Einleitung: Die Verordnung ambulanter Therapien und medizinischer Rehabilitation ist in Therapieleitlinien von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen verankert und stellt – insbesondere bei persistierender Krankheitsaktivität – einen wichtigen therapeutischen Baustein zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit dar. Therapeutische Ziele bestehen in erhöhter Selbsteffizienz und krankheitsbezogenem Wissen sowie verbesserter Beweglichkeit der Betroffenen.

Nationale und internationale Therapieleitlinien empfehlen auch die Beteiligung von Patienten an therapeutischen Entscheidungen. Die wenigen Studien zum Thema „Shared Decision Making“ (dt. partizipative Entscheidungsfindung) bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen untersuchten bisher nur eng umschriebene Entscheidungen zu medikamentösen Therapien, während weitere Therapieoptionen vernachlässigt wurden. Zudem wurden fast ausschließlich Patienten mit rheumatoider Arthritis außerhalb des deutschen Sprachraums befragt.

Methoden: Um diese Forschungslücken zu schließen, wurden in einer aktuellen Studie (DRKS00011517) 753 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis (59%), Spondyloarthritiden (27%), Kollagenosen (26%) und/oder Vaskulitiden (4%) zu verschiedenen versorgungsrelevanten, gesundheitsbezogenen sowie soziodemografischen Aspekten postalisch (n=363 Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.) oder online (n=390) befragt.

Stichprobe: 88 % Frauen; Alter: 18-45 Jahre (33%), 46-65 Jahre (46%), 66-82 Jahre (21%); Krankheitsdauer M=15 [±12] Jahre, 67% weitere chronische Erkrankungen.

Ergebnisse: Ambulante Therapien: Fast alle Teilnehmer (88%) hatten irgendwann schon einmal an ambulanten Therapien teilgenommen [Tabelle 1 [Tab. 1]], wobei der Anteil bisheriger Teilnehmer mit längerer Krankheitsdauer anstieg [Abbildung 1 [Abb. 1]]. So hatten DRL-Teilnehmer (im Mittel 15 Jahre älter) an fast allen ambulanten Therapien häufiger teilgenommen als Online-Teilnehmer (z. B. Funktionstraining: 72% vs. 26%).

81% schätzen das Thema „ambulante Therapien“ als „(sehr) wichtig“ ein [Tabelle 2 [Tab. 2]]. Patienten mit Kollagenosen fühlten sich seltener gut informiert und wünschten sich häufiger Informationen von ihrem behandelnden Arzt. Als erste Ansprechpartner wurden der Rheumatologe und der Hausarzt genannt (53% bzw. 51%), seltener der Orthopäde (23%).

Medizinische Rehabilitation: Insgesamt hatten 65% der Teilnehmer bereits an einer medizinischen Rehabilitation teilgenommen: 53% stationär, 4% ambulant und 8% beide Varianten. Die Wahrscheinlichkeit für eine Reha-Teilnahme war für Personen, die an ambulanten Therapien teilgenommen hatten, um das 2,7-fache erhöht. DRL-Teilnehmer berichteten häufiger Reha-Erfahrung als Online-Teilnehmer (77% vs. 55%).

54% schätzten das Thema medizinische Rehabilitation als „(sehr) wichtig“ ein, für 14% war es „neutral“ und für 7% „(sehr) unwichtig“. „Gut informiert“ fühlten sich 23%, „teils/teils“ 28% und „nicht gut informiert“ 21%. Entsprechend wünschten sich 53% mehr Informationen von Ihrem behandelnden Arzt, 30% wollten (mehr) Austausch und 27% (mehr) Mitsprache (im Sinne von Mitbestimmung) im Arzt-Patienten-Gespräch. Als ärztlichen Ansprechpartner nannten 43% den Rheumatologen, 38% den Hausarzt und 14% den Orthopäden. 10% wussten nicht, an wen sie sich mit dem Thema „Medizinische Rehabilitation“ wenden sollten.

Abbildung 1 [Abb. 1] gibt einen Überblick über die bisherige Teilnahme an ambulanten nicht-medikamentösen Therapien und medizinischer Rehabilitation der Studienteilnehmer. Mit längerer Krankheitsdauer nehmen auch die Teilnahmeraten zu.

Schlussfolgerung: Die Therapie- und Reha-Erfahrung der Studienteilnehmer nehmen mit steigendem Alter und längerer Krankheitsdauer zu. Laut Heilmittel-Richtlinie des G-BA besteht für viele der hier eingeschlossenen Diagnosen die Möglichkeit einer Verordnung außerhalb des Regelfalls (Langfristverordnung lt. Diagnoseliste [M05.0-, M07.1-, M08.1-, M08.2-, M32.1, M32.8, M34.0, M34.1, M45.0-] oder mit individueller Genehmigung der Krankenkasse). Diese Verordnungen unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Informationsbedarf zu ambulanten nicht-medikamentösen Therapien und medizinischer Rehabilitation wurde von der Hälfte der Befragten geäußert, etwa ein Drittel wünschte sich hierzu (mehr) Austausch und Mitsprache. Diesem hohen Informations- und Gesprächsbedarf der Patienten – trotz bestehender Erfahrungen mit diesen Angeboten – können die Behandler im engen zeitlichen Rahmen der ambulanten Sprechstunden kaum gerecht werden. Im Kontakt zu regionalen Selbsthilfegruppen können wichtige ergänzende Beratungen zu diesen und anderen Themen vermittelt werden.