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Die schwierige Postpartalphase einer 27-jährigen Lupus-Patientin
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Published: | February 5, 2019 |
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Vorgeschichte: Eine 27-jährige Frau mit seit 12 Jahren bestehendem und mit Hydroxychloroquin behandelten SLE (bisherige Manifestationen: Leukopenie, Arthritis, Raynaud-Syndrom, Schmetterlingserythem) entwickelte in der 32. Schwangerschaftswoche ein progredientes Erythem aller Finger. Die Routineuntersuchung ergab in der Urindiagnostik eine nephrotische Proteinurie mit einem aktiven Sediment. Klinisch imponierten zunehmende Ödeme sowie hypertensive Blutdruckwerte, weshalb in der 37 + 1. SSW eine sekundäre Sectio bei V. a. Präeklampsie durchgeführt wurde. Im kurzfristigen Verlauf wurde bei Abfall der Thrombozyten, Coombs-negativer hämolytischer Anämie und akutem Nierenversagen der Verdacht auf ein postpartales hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) gestellt.
Leitsymptome: Erythem der Finger, hydropische Dekompensation sowie hypertensive Krise bei akutem Nierenversagen.
Diagnostik: Im Labor fanden sich neben erhöhten Nierenretentionsparametern Zeichen einer hämolytischen Anämie, Fragmentozyten sowie eine Thrombozytopenie. Zudem bestanden ein Komplementverbrauch (C3 und C4) und erhöhte anti-ds-DNA-Antikörper-Werte. Bioptisch konnte in der daraufhin durchgeführten Nierenpunktion eine Lupus-Nephritis (Klasse IV) gesichert werden. Die ADAMTS13-Aktivität war mit 44% nur leicht vermindert.
Bei fast normaler ADAMTS13-Aktivität und Abwesenheit inhibierender Antikörper gegen ADAMTS13 erschienen hereditäre oder erworbene Formen einer TTP unwahrscheinlich. Auch die molekulargenetische Analyse der Komplementfaktoren und -regulatoren war unauffällig. Allerdings zeigte sich eine Variante von TRPC6 (s. u.).
Therapie: Nach Nachweis der Lupus-Nephritis wurde die immunsuppressive Therapie mit einer hochdosierten Prednisolon-Stoßtherapie und Mycophenolat-Mofetil initiiert. Aufgrund des Nierenversagens wurde bei ausgeprägter Hypervolämie eine Hämodialyse eingeleitet. Wegen schwerer Thrombozytopenie erfolgte eine Plasmapherese, bei weiter zunehmender Thrombozytopenie (minimal 24 G/L) eine Therapie mit Eculizumab (insgesamt 3 Zyklen).
Weiterer Verlauf: Unter der Eculizumab-Therapie kam es zu einer raschen Normalisierung der Thrombozyten und Erythrozyten. Die Hämodialyse konnte beendet werden, Nierenfunktion und Blutdruck stabilisierten sich.
Zusammenfassend ist bei der Patientin eine multifaktorielle, sowohl komplement- als auch nicht-komplement-vermittelte Genese des HUS zu vermuten. Einerseits ist das – vermutlich durch Schwangerschaft und bei SLE getriggerte – sekundäre atypische HUS durch eine Komplement-Dysregulation charakterisiert. Andererseits konnte mittels Molekulargenetik eine TRPC6-Variante ermittelt werden. TRPC6 ist ein in Podozyten exprimierter Ionenkanal, der von einer Diacylglycerol-Kinase (DGKE) reguliert wird. Mutationen dieser DGKE lassen sich bei HUS-Patienten finden. Die genaue Pathophysiologie ist noch nicht verstanden, es wird allerdings ein Komplement-unabhängiger Signalweg vermutet.