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46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

19.09. - 22.09.2018, Mannheim

Das Rätsel einer Nase

Meeting Abstract

  • Melanie Huber - Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
  • Ingo H. Tarner - Abteilung für Rheumatologie und Klinische Immunologie, Campus Kerckhoff, Justus-Liebig-Universität Gießen, Bad Nauheim
  • Ulf Müller-Ladner - Justus-Liebig-Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie und Klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Wissenschaftliche Herbsttagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Mannheim, 19.-22.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocFA.15

doi: 10.3205/18dgrh014, urn:nbn:de:0183-18dgrh0141

Published: February 5, 2019

© 2019 Huber et al.
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Text

Ein 31-jähriger Patient stellt sich zur rheumatologischen Diagnostik bei neu aufgetretenen Nasenschleimhautulcerationen und blutiger Rhinitis vor. Seit drei Monaten beklagt er eine vermehrte Borkenbildung. Die Nasenscheidewand sei beim Nießen vor zwei Jahren perforiert. Desweiteren bestünden rezidivierende Halsschmerzen, frontale Cefalgien, ein unilateraltränendes Auge, Arthralgien der Knie- und Sprunggelenke sowie neu ein stechendes Gefühl der rechten Thoraxbasis mit einmalig blutigem Auswurf.

Bis auf intermittierend subfebrile Temperaturen und Asthenie ergeben sich keine Hinweise auf eine entzündlich-rheumatische Systemerkrankung. BKS, Proteinelektrophorese sowie die Immunserologie (ANA, ANCA, RF und Anti-CCP-AK) sind unauffällig, lediglich das CRP ist mit 0,7 mg/dl diskret erhöht. Vorbefundlich wurden einmalig ANCA nachgewiesen. Die weiterführenden Untersuchungen ergeben keinen Hinweis auf eine Granulomatose, Vaskulitis oder Arthritis.

Ein Schädel-MRT weist geringe Schleimhautschwellungen der Sinus maxillares ohne knöcherne Nasennebenhöhlen-Destruktionen nach. Eine allergische Diathese ist vorbefundlich ausgeschlossen. Eine histologische Untersuchung borkigen Materials aus der Nase bestätigt zwar Fibrin- und Schleimhautmassen mit Actinomycesnachweis, ist jedoch aufgrund von meist avitalem Bindegewebe und Gefäßen nicht aussagekräftig. Somit ist eine tiefe Nasenbiopsie zur weiteren Diagnostik empfohlen. In diesem Zusammenhang berichtet der Patient von einem langjährigen Kokainkonsum, der seit mindestens zwei Jahren beendet sei. Differenzialdiagnostisch ist bei diesem Patienten eine lokalisierte Form einer Kleingefässvaskulitis, a.e. Granulomatose mit Polyangiitis, als auch eine Pathologie bei Kokainkonsum zu diskutieren.

In den letzten Jahren sind ca. 70% des Kokains mit Levamisol, einem in der Veterinärmedizin eingesetzten Anthelminthikum und früher beim Menschen angewandten Immunmodulator, versetzt. Levamisol potenziert die Kokain-dopaminergen Effekte. Sowohl Kokain als auch Levamisol können ein vaskulitisähnliches Krankheitsbild induzieren und imitieren.

Kokain führt z.T. über Vasokontriktion zu lokalen Nekrosen und Septumperforationen, desweiteren zu Granulomen und nekrotisierender Vaskulitis. Bei systemischer Manifestation zeigen sich z.B. Granulomatose mit Polyangiitis-ähnliche Krankheitsbilder, z.T. sogar mit Nachweis von cANCA. Bei Levamisol zeigen sich lokal eher Purpura und kutane Hämorrhagien, wohingegen bei der systemischen Form Leukopenien, Agranulozytosen als und auch Glomerulonephritiden beschrieben sind. Die bei Levamisol auftretenden atypischen pANCA sind gegen humane neutrophile Enolase und nicht gegen Myeloperoxidase gerichtet. Oft sind beide Krankheitsbilder von subfebrilen Temperaturen, Asthenie und Arthralgien begleitet. Erst kürzlich wurde die Pathogenese dieser speziellen Pseudovaskulitiden näher geklärt. HNO-Fachärzte und Rheumatologen sollten diese Krankheitsbilder kennen.