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Fieber und Nierenversagen mit Rhabdomyolyse – Überraschende Erklärung für eine vermeintlich akute Erstmanifestation einer schweren rheumatischen Erkrankung
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Published: | August 29, 2016 |
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Einleitung: Notfallmäßige Aufnahme einer 25-jährigen schwarzafrikanischen Studentin aus Kamerun mit Fieber bis 39 Grad Celsius, milder Diarrhoe und starken kolikartigen Bauchschmerzen mit Ausstrahlung in die Flanken. Zuvor nach eigenen Angaben gesund.
Methoden: Anamnese, körperliche Untersuchung. Labor und apparative Diagnostik.
Ergebnisse: AZ reduziert, schlank; RR 115/75 mm Hg, HF 120/min, Temp. 40,1° Celsius. Leukozyten 13.500, Hämoglobin 11,8 g/dl, MCV 78 fl. C-reaktives Protein 31 mg/dl. Kreatinin 1,5 mg/dl, Harnstoff 50 mg/dl, CK, GOT, LDH fehlend, GPT 410 U/l. Malaria negativ.
Urinstix: Leukozyten 500, Erythrocyten 200/µl. Proteinurie > 300 mg/dl.
Sonografisch Nieren 13 bzw. 15 cm groß, zystische Gallenblase, sonst o. p. B.; Rö-Thorax o. B., EKG: Sinustachycardie.
Tag 3: Anstieg von Kreatinin (2,7 mg/dl), Harnstoff (62 mg/dl), CK (272.000 U/l), LDH (3.065 U/l), GOT 2.312 U/l). Immobilisierende Schmerzen beider Oberschenkel. Urin- und Blutkulturen steril.
Diagnose: Akutes Nierenversagen mit Rhabdomyolyse, Urosepsis: V.a. Kollagenose, z. B. Lupus erythematodes mit Nephritis und Polymyositis. Intravenöse antibiotische und Volumentherapie, passagere Schmerztherapie mit Opiaten erforderlich.
Elektrophysiologie und MRT der Oberschenkel: Ödem, keine Myositis. Echokardiografisch pulmonale Hypertonie mit Zeichen der Überwässerung. Manueller Blutausstrich bei Hb-Abfall mit Nachweis von Sichelzellen, Hb-Elektrophorese: vermehrt HbS.
Korrektur der Eingangsdiagnose: Sichelzellkrise mit Rhabdomyolyse bei heterozygoter Sichelzellanämie, kein Anhalt für Autoimmunerkrankung mit Myositis
Schlussfolgerung: Im Rahmen der interkulturellen Gesellschaft mit aktuell ausgeprägten Migrationsschüben ist es für uns als Ärzte mehr denn je erforderlich, die differenzialdiagnostischen Betrachtungen auszuweiten und Details hinsichtlich der ethnischen und geografischen Herkunft individuell zu berücksichtigen. Der vorliegende Fall belegt diese anspruchsvolle Aufgabe eindrücklich; hier aggravieren individuelle, rein situative Faktoren die hereditäre Vorerkrankung zu einem kritischen Verlauf mit potenziell irreversiblen und durchaus ernsten Spätschäden. Für die anspruchsvolle Betreuung dieser Patienten bestehen in der Bundesrepublik und anderen Ländern spezialisierte Zentren.