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42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 28. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 24. Wissenschaftliche Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

17.-20. September 2014, Düsseldorf

Rheumatoide Arthritis und relative Armut

Meeting Abstract

  • Udo Schwill - Immanuel Klinikum Bernau, Abt. Innere Medizin, Rheumatologie, Bernau
  • Christel Kordbarlag - Ruppiner Kliniken Neuruppin, Neuruppin
  • Petra Reutermann - Elbtalklinik Bad Wilsnack, Fachklinik für Orthopädie und Rheumatologie, Bad Wilsnack
  • Joachim Listing - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Forschungsbereich Epidemiologie, Berlin
  • Michael Zänker - Immanuel Klinikum, Herzzentrum Brandenburg, Abt. f. Innere Medizin, FB Gastroenterologie, Nephrologie, Rheumatologie, Bernau

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh); 28. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh); 24. wissenschaftliche Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Düsseldorf, 17.-20.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocEV.08

doi: 10.3205/14dgrh095, urn:nbn:de:0183-14dgrh0955

Published: September 12, 2014

© 2014 Schwill et al.
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Einleitung: Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) unterliegen hoher finanzieller Belastung durch Krankheitskosten, aber auch durch vermindertes Einkommen aufgrund beruflicher Einschränkungen. Umgekehrt korreliert niedriger sozioökonomischer Status mit erhöhter RA-Prävalenz. Ziel dieser Pilotstudie ist die Analyse der Armutsgefährdung sowie der Wechselwirkungen zwischen Krankheit und sozioökonomischem Status in einer unselektierten RA-Kohorte in Nord-Brandenburg.

Methoden: Prospektive Querschnittstudie mit konsekutiver Rekrutierung von RA-Patienten eines Quartals in einer Fachambulanz. Einschlusskriterien waren Einverständniserklärung und Diagnosestellung gemäß ACR/EULAR-Kriterien.

Anonymisiert wurden Nettohaushaltseinkommen, das gewichtete monatliche Pro-Kopf-Einkommen=Nettoäquivalenzeinkommen (NÄE) nach OECD sowie die relative Armutsgefährdungsquote (AQ, Anteil der Personen mit NÄE≤60% des Landesmedians =Armutsgefährdungsschwelle) von Brandenburgbestimmt. Zusätzlich wurden Therapienebenkosten sowie Effekte der RA auf das Sozialleben ermittelt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 155 Fragebögen (Rücklaufquote 98%) zurückerhalten, 143 waren auswertbar. Das mittlere (±SD) Alter betrug 60,5±11,7 Jahre, der Frauenanteil 64%. Bei 72 Pat. (50%) lag ein anerkannter Grad der Behinderung (GdB) mit Mittelwert (±SD) von 57±20% vor. Krankheitsbedingt mussten 31% der Pat. ihren ursprünglichen Beruf wechseln, 8% wurden gekündigt, 16% vorzeitig in einem mittleren Alter von 54,9±10,5 Jahren berentet. Das mediane NÄE der RA-Pat. lag mit 1133€ (IQR 835-1350) knapp 15% niedriger als der Landesmedian in Brandenburg (1323€) und 20% niedriger als der Bundesmedian (1413€). Die AQ der RA-Patienten ist mit 22,4% vs. 13,6% OR 1,83 p<0,001 signifikant höher als in der Brandenburger Gesamtbevölkerung. 17% der Patienten haben bereits aus finanziellen Gründen auf verordnete Heil-/ Hilfsmittelmittel verzichtet. Die RA-Patienten mit erhöhter Armutsgefährdung (NÄE≤60% des Landesmedians) wiesen im Vergleich mit den übrigen RA-Patienten einen signifikant höheren mittleren GdB auf (68±22% vs. 52±18%, p=0,002), berichteten signifikant häufiger einen Verzicht auf Verordnungen (27% vs. 12%, p=0,031) und wurden jünger frühberentet (51,4±12,8 vs. 56,6±8,7 Jahre, p=0,04). RA-Patienten mit Universitätsabschluss wiesen im Vergleich mit den übrigen Pat. ein im Durchschnitt 10 Jahre höheres Erstmanifestationsalter (53,3±10,6 vs. 43,2±15,5 Jahre, p=0,001), einen besseren Funktionsscore (mittl. FFbH 79±26 vs. 67±27%, p=0,043) und geringere Frühberentungsrate (9,7% vs. 30,4%, p=0,021) auf.

Schlussfolgerung: RA-Patienten weisen ein signifikant niedrigeres Nettoeinkommen als die übrige Bevölkerung sowie eine nahezu verdoppelte Gefährdungsquote für relative Armut auf. Relative Armut ist nicht nur Ergebnis der RA, sondern beeinflusst auch die Therapiecompliance. Niedrigerer Bildungsstand korreliert mit schwererem Krankheitsverlauf und kann in einen Teufelskreis führen.