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49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie e. V.

06.10.-08.10.2011, Ulm

Blast injury: Pathophysiologie und Therapie

Meeting Abstract

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Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW). Ulm, 06.-08.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgpw053

doi: 10.3205/11dgpw053, urn:nbn:de:0183-11dgpw0538

Published: December 7, 2011

© 2011 Kollig.
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Durch Auslandseinsätze auf Schauplätzen des asymmetric warfare sieht sich der Sanitätsdienst in den vergangenen Jahren zunehmend durch zuvor quantitativ und qualitativ kaum bekannte getretene Verletzungsentitäten der „blast injury“ herausgefordert. Improvisierte Sprengsätze („IED") unterschiedlichster Zusammensetzungen und Wirkungsweisen sind verantwortlich für das Gros der im ISAF-Einsatz verwundeten und gefallenen Bundeswehrangehörigen.

Durch die Explosionsverletzungen resultiert regelmäßig ein thermomechanisches Kombinationstrauma mit unterschiedlichen Effekten:

  • Primäre: Barotrauma mit „blast brain", „blast lung", „blast hollow viscus", Trommelfellruptur
  • Sekundäre: penetrierend durch Schrapnelle, Fragmente etc.
  • Tertiäre: stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Körper durch Druckwelle bis traumatische Amputation
  • Quartäre: thermische, chemische, infektiös-toxische Wirkung, psychische Folgen

Die vom Polytrauma und schwerer Verbrennung bekannten pathophysiologischen Mediatorenkaskaden und -stürme werden insbesondere durch das thermomechanische Kombinationstrauma potenzierend ausgelöst. Dabei gilt die blast lung als eine der am schnellsten letal endenden Folgen; primär überlebt kompliziert sie die weitere Behandlung und Prognose erheblich. Die therapeutischen und zeitlichen Spielräume sind a priori stark eingeschränkt. Kreislaufstabilisierung - bei penetrierenden Stammverletzungen unter bewußter Hypotonie - und Sicherung des Gasaustausches sind die Grundpfeiler bei Rettung, Transport und Intensivbehandlung - z. T. unter deutlich anderem Zeitansatz. Aus chirurgischer Sicht sind initial die Eingriffe nach den Prinzipien der damage control - ob am Körperstamm oder an den Extremitäten - initial zwingend auf das primäre Überleben auszurichten. Der iatrogene „second hit" ist bei schmalerem Grat therapeutischer Entscheidungsgrenzen kritischer einzukalkulieren. In den ersten 24 h entscheiden Blutstillung und respiratorische Kompetenz über das Überleben, danach führen Sekundärprobleme, wie z. B. Kontamination und Infektion mit Sepsis, Organversagen und deren Konsequenzen. Dabei ist bei allen penetrierenden Verletzungen obligat von einer Kontamination auszugehen, ungeachtet der zusätzlichen Möglichkeit von eingesetzten „dirty bombs". Hochresistente Keime sind hier die Regel. Syn- und metachron werden intensivmedizinische und chirurgische Maßnahmen aufeinander abgestimmt, wobei im Hinblick auf Erhalt und Wiederherstellung von Funktion und Form von der chirurgischen Erstbehandlung an multiple Behandlungszüge taktisch vorauskalkuliert werden müssen.

Die wesentlichen Entitäten dieser Verletzungen werden über den gesamten Verlauf vom Einsatzland bis zur Rehabilitation an Fallbeispielen dargestellt.