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Normierung des Bochumer Auditiven und Sprachdiskriminations(BASD)-Tests für 6- bis 10-jährige Kinder
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Published: | August 20, 2024 |
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Zusammenfassung
Hintergrund: Etwa 5 bis 7% aller Kinder im Schulalter sind von Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS) betroffen. Die Heterogenität von AVWS – so unterschiedliche Bereiche wie Schalllokalisation oder Sprachverstehen im Störgeräusch betreffend – bedingt bekannte Schwierigkeiten in ihrer Diagnostik. Um AVWS bereits früh diagnostizieren zu können, wurde ein psychoakustisches Testverfahren entwickelt, bestehend aus einer Batterie von Kurztests mit sprachlichen und nichtsprachlichen Stimuli, das auch in HNO- oder phoniatrisch-pädaudiologischen Praxen durchgeführt werden kann – der Bochumer Auditive und Sprachdiskriminations-Test (BASD-Test). Er wurde bislang für Kinder im Alter von 4;0–5;11 Jahre normiert und validiert (Neumann 2013). Hier werden Validierung und Normierung des Tests für Schulkinder bis zu 10 Jahren vorgestellt.
Material und Methoden: Der BASD-Test wurde in einer Studie validiert, in der Kinder mit diagnostizierter AVWS/AVWS-Risiko mit Kindern ohne AVWS verglichen wurden, und in einer weiteren Kohortenstudie normiert. 107 Kinder (6,0–10,9 Jahre) mit AVWS (n=68) oder Risiko für AVWS (n=39) und 88 normal entwickelte Kinder (5,9–10,8 Jahre) nahmen an der Validierung teil. Die Normierung wurde mit 359 Kindern (6,0–10,9 Jahre) durchgeführt.
Ergebnisse: Der BASD-Test unterscheidet zwischen Kindern mit und ohne AVWS/AVWS-Risiko, und er tut dies am besten in einer Screening-Version – dem BASD Screening.
Diskussion: Das BASD-Screening umfasst zwei verbale Untertests zur Unterscheidung zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten (ga/ka) und zwischen vorderen und hinteren Konsonanten (ba/ga) sowie drei nonverbale Untertests, die den minimalen hörbaren Unterschied für sinusförmige Amplitudenmodulation in einer dichotischen Darbietung und für Tondauer und Frequenz in einer interauralen Darbietung bewerten.
Fazit: Der BASD-Test scheint geeignet zur Untersuchung basaler auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsleistungen für Kinder im Kindergarten- und Schulalter.
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Hintergrund
Etwa 5 bis 7% aller Kinder im Schulalter sind von Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS) betroffen. Die Heterogenität von AVWS – so unterschiedliche Bereiche wie Schalllokalisation oder Sprachverstehen im Störgeräusch betreffend – bedingt bekannte Schwierigkeiten in ihrer Diagnostik. Internationale Leitlinien empfehlen verbale [1] und nonverbale [2], psychoakustische Tests als Teil einer Basis-Testbatterie, die mehrere Domänen der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung erfasst. Es wurde ein psychoakustisches Testverfahren entwickelt, bestehend aus einer Batterie von Kurztests mit sprachlichen und nichtsprachlichen Stimuli, das auch in niedergelassenen Facharztpraxen durchgeführt werden kann – der Bochumer Auditive und Sprachdiskriminations-Test (BASD-Test). Aus den Untertests mit der höchsten Trennschärfe wurde dann eine Screening-Form des BASD-Tests (BASD-Screening) zusammengestellt. Der BASD-Test beinhaltet einfache Phonemkontraste von Konsonant-Vokal-Silben, bei denen sich die Konsonanten entweder in ihrer Stimmhaftigkeit (ga/ka) oder in ihrem Artikulationsort (ba/ga) unterscheiden. Darüber hinaus werden grundlegende auditive Diskriminationsschwellen für nonverbale Reize wie Frequenz, Dauer und Intensität eines Sinustons sowie die Modulationsfrequenz einer sinusförmigen Amplitudenmodulation bestimmt. Er wurde bislang für Kinder im Alter von 4;0-5;11 Jahre normiert und validiert [3]. Hier wird die Normierung des Tests für 6- bis 10-jährige Kinder vorgestellt.
Material und Methoden
Der BASD-Test wurde bereits in einer Studie validiert, in der Kinder mit diagnostizierter AVWS/AVWS-Risiko mit Kindern ohne AVWS verglichen wurden, und in einer weiteren Kohortenstudie normiert. Die Neu-Normierung für Kinder von 6,0–10,9 Jahre wurde mit 359 Kindern durchgeführt. Nach einer Ausreißeranalyse wurde zur Darstellung der normativen Daten die Verteilung der Testergebnisse in 5–10er-Intervallen für die 5. bis 95. Perzentile ermittelt.
Ergebnisse
Für den BASD-Test, der zwischen Kindern mit und ohne AVWS unterscheiden kann, liegen nun normative Werte für Kinder von 6 bis 10 Jahren vor. Für die Diagnostik relevante Perzentile der Altersgruppen für jeden Untertest sind Tabelle 1 [Tab. 1] und Tabelle 2 [Tab. 2] zu entnehmen.
Diskussion
Für die Unterscheidung von stimmhaften und stimmlosen Konsonanten (ga/ka) und die Unterscheidung des Artikulationsortes (ba/ga) scheint diese Asymptote für korrekte Ergebnisse im Alter von 9 Jahren erreicht zu sein. Bei den nonverbalen Reizen findet der größte Fortschritt zwischen dem 6. u. 9. Lebensjahr statt, wie die kontinuierlich sinkenden Schwellenwerte zeigen. Der Anstieg mehrerer Schwellenwerte bei den 10-Jährigen könnte entweder auf ein Artefakt hinweisen oder darauf, dass im Alter von 9 Jahren eine Entwicklungsverlangsamung eintritt.
Fazit
Der BASD-Test scheint ein geeignetes Instrument zur Untersuchung basaler auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsleistungen für Kinder von 6 bis 10 Jahren zu sein. Der Test und BASD-Screening sind nützliche Testbatterien, die die grundlegenden auditiven Diskriminationsfähigkeiten mit verbalen und nonverbalen Reizen in einer kindgerechten, sprachunabhängigen Weise beurteilen. Angesichts der Heterogenität der AVWS sollten Test und Screening nicht als Einzellösungen verwendet werden, sondern als Teil einer Testbatterie, die verschiedene, auch komplexe auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsfunktionen misst.
Literatur
- 1.
- British Society of Audiology. Position Statement and Practice Guidance. Auditory Processing Disorder. 2018.
- 2.
- American Speech-Language-Hearing Association (ASHA). (Central) Auditory Processing Disorders – Technical Report. 2005.
- 3.
- Neumann K. Schlussbericht zum BMBF-Vorhaben „Ein Screening-Verfahren zur flächendeckenden Erfassung des Sprachstandes vier- bis viereinhalbjähriger Kinder. Optimierung, Validierung, Erweiterung, elektrophysiologische Fundierung“. Förderkennzeichen: DLR 01GJ0982. Technische Informationsbibliothek Universitätsbibliothek Hannover; 2013. Available from: http://edok01.tib.uni-hannover.de/edoks/e01fb14/783735537.pdf