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38. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

29.09. - 02.10.2022, Leipzig

Der Einfluss der Grunderkrankung von Patienten mit neurogener oder tumorbedingter Dysphagie auf das Pneumonierisiko

Vortrag

38. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 29.09.-02.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV11

doi: 10.3205/22dgpp15, urn:nbn:de:0183-22dgpp157

Published: September 26, 2022

© 2022 Pflug et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Schluckstörungen können zu Mangelernährung, Dehydrierung und Einschränkungen im sozialen Leben führen; die Aspirationspneumonie stellt dabei ein lebensbedrohliches Risiko dar. Der Zusammenhang zwischen der Dysphagie verursachenden Grunderkrankung und dem Risiko für eine Aspirationspneumonie ist bisher nur unzureichend untersucht worden. Die beiden größten Gruppen mit persistierender Dysphagie sind Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren (HNC) und neurogener Dysphagie (ND).

Es besteht der subjektive Eindruck, dass HNC-Patienten zwar häufiger aspirieren, aber dennoch seltener eine Aspirationspneumonie entwickeln als ND-Patienten. Ziel dieser Studie war es unter anderem, den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Dysphagie bei HNC- und ND-Patienten und dem Risiko für eine Aspirationspneumonie zu analysieren.

Material und Methoden: Zwischen 01/2015 und 12/2016 stellten sich in unserem Universitären Dysphagiezentrum 257 Patienten mit Dysphagie vor. Davon litten 199 entweder an ND oder HNC. Alle wurden u.a. mittels der flexibel endoskopischen Evaluation des Schluckens (FEES) untersucht. Für die Bewertung wurde die Penetrations-Aspirations-Skala (PAS) von Rosenbek verwendet. Neben dem maximalen PAS-Wert (PASmax) wurden auch die einzelnen Konsistenzen „Flüssigkeit“, „angedickte Flüssigkeit“ und „feste Konsistenz“ bewertet und analysiert.

Ergebnisse: Die PAS für angedickte Flüssigkeit unterscheidet sich signifikant zwischen der HNC- (Mdn=4, Bereich 1–8) und der ND-Gruppe (Mdn=1, Bereich 1–8) (U=2274,5; Z=–5,07; p<.001). Dasselbe gilt für die feste Konsistenz (U=1567,0; Z=–3,268; p=.001).

Die logistische Regression zeigt, dass eine neurogene Dysphagie mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit für eine Lungenentzündung assoziiert ist.

Diskussion: Der subjektive Eindruck, dass HNC-Patienten häufiger aspirieren, trifft nur auf die festeren Konsistenzen zu; Flüssigkeiten werden von beiden Gruppen schlechter geschluckt. Trotzdem erkranken ND-Patienten signifikant häufiger an einer Pneumonie als HNC-Patienten.

Obwohl die Aspiration der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer Aspirationspneumonie ist, müssen andere Aspekte wie die Mundhygiene, krankheitsspezifische Aspekte und andere Begleiterkrankungen eine wichtige Rolle für das Risiko des Patienten spielen, auch tatsächlich an einer Pneumonie zu erkranken.

Fazit: Die aus den endoskopischen Befunden abgeleiteten klinischen Empfehlungen von Patienten mit einer Dysphagie sollten die Grunderkrankung des Patienten berücksichtigen, da Patienten mit neurogener Dysphagie ein signifikant höheres Pneumonierisiko aufweisen.


Text

Hintergrund

Schluckstörungen können zu Mangelernährung, Dehydrierung und Einschränkungen im sozialen Leben führen; die Aspirationspneumonie stellt dabei ein lebensbedrohliches Risiko dar. Der Zusammenhang zwischen der Dysphagie verursachenden Grunderkrankung und dem Risiko für eine Aspirationspneumonie ist bisher nur unzureichend untersucht worden. Die beiden größten Gruppen mit persistierender Dysphagie sind Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren (HNC) und neurogener Dysphagie (ND).

Es besteht der subjektive Eindruck, dass HNC-Patienten zwar häufiger aspirieren, aber dennoch seltener eine Aspirationspneumonie entwickeln als ND-Patienten. Ziel dieser Studie war es unter anderem, den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Dysphagie bei HNC- und ND-Patienten und dem Risiko für eine Aspirationspneumonie zu analysieren.

Material und Methoden

Zwischen 01/2015 und 12/2016 stellten sich in unserem Universitären Dysphagiezentrum 257 Patienten mit Dysphagie vor. Davon litten 199 entweder an ND oder HNC. Alle wurden u.a. mittels der flexibel endoskopischen Evaluation des Schluckens (FEES) untersucht. Für die Bewertung wurde die Penetrations-Aspirations-Skala (PAS) von Rosenbek verwendet. Neben dem maximalen PAS-Wert (PASmax) wurden auch die einzelnen Konsistenzen „Flüssigkeit“, „angedickte Flüssigkeit“ und „feste Konsistenz“ bewertet und analysiert.

Ergebnisse

Die PAS für angedickte Flüssigkeit unterscheidet sich signifikant zwischen der HNC- (Mdn=4, Bereich 1–8) und der ND-Gruppe (Mdn=1, Bereich 1–8) (U=2274,5; Z=–5,07; p<.001). Dasselbe gilt für die feste Konsistenz (U=1567,0; Z=–3,268; p=.001).

Die logistische Regression zeigt, dass eine neurogene Dysphagie mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit für eine Lungenentzündung assoziiert ist.

Diskussion

Der subjektive Eindruck, dass HNC-Patienten häufiger aspirieren, trifft nur auf die festeren Konsistenzen zu; Flüssigkeiten werden von beiden Gruppen schlechter geschluckt. Trotzdem erkranken ND-Patienten signifikant häufiger an einer Pneumonie als HNC-Patienten.

Obwohl die Aspiration der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer Aspirationspneumonie ist, müssen andere Aspekte wie die Mundhygiene, krankheitsspezifische Aspekte und andere Begleiterkrankungen eine wichtige Rolle für das Risiko des Patienten spielen, auch tatsächlich an einer Pneumonie zu erkranken.

Fazit

Die aus den endoskopischen Befunden abgeleiteten klinischen Empfehlungen von Patienten mit einer Dysphagie sollten die Grunderkrankung des Patienten berücksichtigen, da Patienten mit neurogener Dysphagie ein signifikant höheres Pneumonierisiko aufweisen.