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36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

19.09. - 22.09.2019, Göttingen

Tuberkulöse Laryngitis: Eine Herausforderung in Diagnostik und Therapie

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Martin Otte - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Antonia Nolte - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Gitta Pantel - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Shachi Jenny Sharma - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Jens Peter Klußmann - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • author Ruth Lang-Roth - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Göttingen, 19.-22.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocP20

doi: 10.3205/19dgpp55, urn:nbn:de:0183-19dgpp556

Published: September 13, 2019

© 2019 Otte et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Der laryngeale Befall stellt eine seltene, jedoch ernsthafte Form der Tuberkulose dar und ist die häufigste Manifestation einer Tuberkulose in den oberen Atemwegen. Das häufigste Symptom einer laryngealen Tuberkulose ist eine chronische Heiserkeit, durch eine vitalbedrohliche Dyspnoe auch unter der Therapie kann die Erkrankung jedoch einen schwerwiegenden Verlauf nehmen. Dies wird durch diesen Fall einer laryngealen Tuberkulose eindrucksvoll geschildert.

Fall: Eine 35-jährige Frau stellte sich mit einer seit einem Jahr langsam progredienten Dyspnoe und Dysphagie, Gewichtsverlust und B-Symptomatik in unserer Klinik vor. Lupenlaryngoskopisch zeigten sich die Stimmlippen entzündlich verändert mit einer Minderbeweglichkeit links sowie ein subglottisch-raumfordernder Prozess. Eine CT des Thorax zeigte peribronchioläre Verdichtungen sowie zwei pleuraständige, flau Kontrastmittel-anreichernde Raumforderungen. Nach Durchführung einer Mikrolaryngoskopie erbrachte die histopathologische Aufarbeitung des Gewebes den Nachweis von epitheloidzelligen Granulomen. Es erfolgte die zusätzliche bronchalveoläre Lavage, hier gelang der mikrobiologische Nachweis von Mycobacterium tuberculosis.

Unter der 4-fach Therapie mit Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol trat durch ausgeprägte Narbenbildung eine Synechie des Larynx ein, so dass eine Tracheostomie notwendig wurde. Bei Aphonie erfolgte die Kommunikation zu diesem Zeitpunkt mittels einer Servox-Sprechhilfe. Nach Ausheilen der Tuberkulose führten wir laserchirurgische Glottiserweiterungen mit Einlage eines Platzhalters in der vorderen Kommissur durch. Hierdurch konnte die Glottis suffizient wiedereröffnet werden konnte. Auch die Stimmfunktion wurde wiederhergestellt, sodass nach vier Monaten der Tracheostoma-Verschluss erfolgen konnte.

Fazit: Die laryngeale Tuberkulose ist ein seltenes Krankheitsbild, dass aufgrund seiner makroskopischen Ähnlichkeit häufig mit malignen Erkrankungen, Sarkoidose oder Granulomatose mit Polyangiitis verwechselt wird. Auch wenn die systemische Erkrankung durch eine leitliniengerechte Antibiotika-Therapie behandelt wird, bleiben die laryngealen Granulationen häufig bestehen und können auch unter Therapie zu lebensbedrohlicher Dyspnoe führen. Eine engmaschige Überwachung ist daher obligat, ggf. auch die Sicherung der Atemwege und glottiserweiternde Operationen. Hierbei kann die temporäre Einlage eines laryngealen Platzhalters zur Verhinderung einer Restenosierung sinnvoll sein.


Text

Hintergrund

Der laryngeale Befall stellt eine seltene, jedoch ernsthafte Form der Tuberkulose dar [1] und ist die häufigste Manifestation der Tuberkulose in den oberen Atemwegen [2]. Der Larynx ist hierbei zumeist nicht primärer Infektionsort, sondern die Erkrankung manifestiert sich laryngeal überwiegend sekundär über das Sputum. Da das klinische Bild sehr heterogen und einer malignen Erkrankung sehr ähnlich sein kann, ist die Diagnose durch die Histopathologie und den Nachweis der Mykobakterien zu erbringen. Das häufigste Symptom einer laryngealen Tuberkulose ist eine chronische Heiserkeit. Durch eine vitalbedrohliche Dyspnoe kann die Erkrankung jedoch einen schwerwiegenden Verlauf nehmen. Dies wird durch diesen Fall einer laryngealen Tuberkulose eindrucksvoll geschildert.

Fall

Eine 35-jährige Frau stellte sich mit einer seit einem Jahr langsam progredienten Dyspnoe und Dysphagie, Gewichtsverlust und B-Symptomatik in unserer Klinik vor.

Bei Verdacht auf eine Larynxpapillomatose war auswärtig die Durchführung einer Mikrolaryngoskopie erfolgt. Die histopathologische Untersuchung ergab die Diagnose einer „granulomatösen Entzündung ohne Hinweis auf säurefeste Stäbchen“. Eine über 20 Einheiten erfolgte logopädische Therapie erbrachte keine Besserung der Symptomatik.

In der laryngealen Endoskopie bei Vorstellung in unserer Klinik zeigten sich die Stimmlippen entzündlich verändert und verdickt mit einer Minderbeweglichkeit links, zudem bestand eine subglottische Schwellung. Im Rahmen der funktionellen endoskopischen Schluckuntersuchung kam es zu einer diskreten Aspiration von Flüssigkeit. Eine Computertomographie des Thorax zeigte feinfleckige, peribronchioläre Verdichtungen im rechten Ober-, Mittel- und Unterlappen sowie im linken Oberlappen. Zudem zeigten sich rechtsseitig zwei pleuraständige, flau Kontrastmittel-anreichernde Raumforderungen.

Unter der Verdachtsdiagnose einer Sarkoidose führten wir eine Mikrolaryngoskopie in Intubationsnarkose durch. Die histopathologische Aufarbeitung des Gewebes erbrachte den Nachweis von epitheloidzelligen Granulomen. Zusätzlich erfolgte eine bronchoalveoläre Lavage. Im hier gewonnenen Material gelang der mikrobiologische Nachweis von Mycobacterium tuberculosis.

Wir leiteten leitliniengerecht eine 4-fach Therapie mit Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol über 4 Wochen ein. Unter der Therapie kam es zur raschen Entfieberung, die Entzündungswerte waren rückläufig. Eine erneute bronchoalveoläre Lavage konnte keinen erneuten Erregernachweis mehr erbringen.

Die Dyspnoe und Dysphonie verstärkten sich jedoch unter der Therapie, bedingt durch eine ausgeprägte Narbenbildung des glottischen Larynx, welche im Verlauf zu einer vollständigen glottischen Synechie führte. Es erfolgte daher die Tracheostoma-Anlage zur Sicherung der Atemwege. Die Kommunikation der nun aphonen Patientin erfolgte zu diesem Zeitpunkt mittels einer Servox® -Sprechhilfe.

Wir führten daher die transorale, laserchirurgische Wiedereröffnung der Glottis durch. Zur Vermeidung einer erneuten Stenosierung erfolgte die Einlage eines Silikon-Platzhalters in die vordere Kommissur, welcher nach zwei Monaten entfernt werden konnte. Mehrere Nachsorgen zeigten einen stabilen Befund mit weiter Glottis, sodass das Tracheostoma verschlossen werden konnte. Die Phonation war nun wieder möglich.

Abbildung 1 [Abb. 1]

Abbildung 2 [Abb. 2]

Fazit

Die laryngeale Tuberkulose ist mit ca. 1% der Tuberkulose-Fälle ein seltenes Krankheitsbild [3], das aufgrund seiner makroskopischen Ähnlichkeit häufig mit malignen Erkrankungen, Sarkoidose oder Granulomatose mit Polyangiitis verwechselt wird. Es befällt zumeist die Stimmlippen, gefolgt von Kehlkopfknorpeln, Taschenfalten und Epiglottis [4]. Die Diagnose ist durch Histopathologie und den Nachweis von Mykobakterien zu erbringen. Auch wenn die systemische Erkrankung durch eine leitliniengerechte Antibiotika-Therapie behandelt wird, bleiben laryngeale Vernarbungen häufig bestehen und können auch unter Therapie zu lebensbedrohlicher Dyspnoe führen. In der Literatur sind zudem Fälle narbiger pulmonaler Stenosen bis zu 50 Jahre nach ausgeheilter Tuberkulose beschrieben [5]. Eine engmaschige Überwachung der Patienten ist daher obligat, ggf. auch die Sicherung der Atemwege und glottiserweiternde Operationen. Hierbei kann die temporäre Einlage eines laryngealen Platzhalters zur Verhinderung einer Restenosierung sinnvoll sein [6].


Literatur

1.
Rizzo PB, Da Mosto MC, Clari M, Scotton PG, Vaglia A, Marchiori C. Laryngeal tuberculosis: an often forgotten diagnosis. Int J Infect Dis. 2003;7(2):129-31
2.
Rohwedder JJ. Upper respiratory tract tuberculosis. Sixteen cases in a general hospital. Ann Intern Med. 1974;80(6):708-713.
3.
Kurokawa M, Nibu K, Ichimura K, Nishino H. Laryngeal tuberculosis: A report of 17 cases. Auris Nasus Larynx. 2015;42(4):305-10.
4.
El Ayoubi F, Chariba I, El Ayoubi A, Chariba S, Essakalli L. Primary tuberculosis of the larynx. Eur Ann Otorhinolaryngol Head Neck Dis. 2014;131(6):361-4.
5.
Ito M, Yasuo M, Nakamura M, Tsushima K, Yamazaki Y, Kubo K. [A case of tuberculous bronchial stenosis, diagnosed after 50 years of pulmonary and laryngeal tuberculosis]. Nihon Kokyuki Gakkai Zasshi. 2007;45(1):87-90.
6.
Prasad VMN, Remacle M. Voice Rehabilitation After Transoral Laser Microsurgery of the Larynx. Otolaryngol Clin North Am. 2015;48(4):639-53.