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36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

19.09. - 22.09.2019, Göttingen

Risikofaktoren für laryngeale Intubationsgranulome

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Anne Katrin Läßig - Schwerpunkt Kommunikationsstörungen der Hals-Nasen-Ohrenklinik, Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Sabine Nospes - Schwerpunkt Kommunikationsstörungen der Hals-Nasen-Ohrenklinik, Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Marc Kriege - Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Frank Dette - Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Thomas J. Musholt - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Sektion endokrine Chirurgie, Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Göttingen, 19.-22.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocP19

doi: 10.3205/19dgpp54, urn:nbn:de:0183-19dgpp541

Published: September 13, 2019

© 2019 Läßig et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Postoperativ können ausgeprägte Stimmlippeneinblutungen (BL) und Schleimhautschwellungen/Intubationsgranulome (IG) durch ein mechanisches Trauma bei einer endotrachealen Intubation oder prolongierter Beatmungsdauer entstehen und therapiebedürftige Dysphonien und teilweise auch Schluckstörungen verursachen.

Material und Methoden: Es erfolgte eine retrospektive Datenanalyse aus einer vorausgegangenen Studie (LiON-Studie; Clinical-Trials.gov NCT 02943980), um potentielle anästhesiologische Risikofaktoren für BL und IG festzustellen. Es wurden 260 Patienten sowohl laryngostroboskopisch als auch aerodynamisch, auditiv-perzeptiv und mittels VHI 12 untersucht, die sich einem Eingriff an der Schilddrüse unter einer Allgemeinanästhesie unterzogen haben. Die statistische Auswertung erfolgte hinsichtlich Median (IQR [Interquartilrange]), Absolutzahlen, Multiple lineare Regression, Chi-Quadrat Test, Signifikanzniveau p<0,05. Es wurde untersucht, ob die Airway Difficult Score (ADS), der Intubation Difficult Score (IDS), BMI (Body Mass Index), Train of Four (TOF) Zahl bei Laryngoskopie, Anzahl der Laryngoskopie Versuche (LV), die OP-Dauer (Schnitt-Naht-Zeit in Minuten), die Erfahrung des Anästhesisten in der endotrachealen Intubation (Median) mit der durch die postoperativen phoniatrischen Videolupenlaryngo-/stroboskopie (PVL) gesicherten Glottisläsionen korreliert. Patienten mit unvollständigen Datensätzen oder fehlender PVL wurden ausgeschlossen.

Ergebnisse: 239/260 (92%) Patientendaten konnten 24–48 h nach OP ausgewertet werden. Das Risiko für das Auftreten von Intubationsgranulomen korrelierte mit ≥2 Intubationsversuchen, einer OP-Dauer >60 min., einer Intubationserfahrung von <100 (DL)/<10 (IVL) Anwendungen und einer unvollständigen Neuromuskulären Blockade. Die Inzidenz von BL und IG war deutlich niedriger bei Verwendung der Intubations-Videolaryngoskopie (IVL). Die Atemwegssicherung war mit der direkten Laryngoskopie (DL) signifikant schwieriger, verglichen mit der IVL.

Fazit: Eine fundierte anästhesiologische Vorbereitung und Durchführung kann die Inzidenz von Intubationsgranulomen und somit die Patientensicherheit erhöhen. Ebenso können Folgegesundheitskosten durch notwendige anschließende logopädische Stimm-/Schlucktherapie reduziert werden.


Text

Hintergrund

Postoperativ können ausgeprägte Stimmlippeneinblutungen (BL) und Schleimhautschwellungen/Intubationsgranulome (IG) durch ein mechanisches Trauma bei einer endotrachealen Intubation oder prolongierter Beatmungsdauer (meist länger als 24 Stunden), insbesondere bei liegender Nasogastralsonde entstehen und therapiebedürftige Dysphonien, Schmerzen und teilweise auch Schluckstörungen verursachen [1], [2].

Material und Methoden

Es erfolgte eine retrospektive Datenanalyse aus einer vorausgegangenen Studie (LiON-Studie; Clinical-Trials.gov NCT 02943980), um potentielle anästhesiologische Risikofaktoren für BL und IG festzustellen. Es wurden 260 Patienten sowohl laryngostroboskopich als auch aerodynamisch, auditiv-perzeptiv und mittels VHI 12 untersucht, die sich einem Eingriff an der Schilddrüse unter einer Allgemeinanästhesie unterzogen haben. Die statistische Auswertung erfolgte hinsichtlich Median (IQR [Interquartilrange]), Absolutzahlen, Multiple lineare Regression, Chi-Quadrat Test, Signifikanzniveau p<0,05. Es wurde untersucht, ob die Airway Difficult Score (ADS), der Intubation Difficult Score (IDS), BMI (Body Mass Index), Train of Four (TOF) Zahl bei Laryngoskopie, Anzahl der Laryngoskopie Versuche (LV), die OP-Dauer (Schnitt-Naht-Zeit in Minuten), die Erfahrung des Anästhesisten in der endotrachealen Intubation (Median) mit der durch die postoperativen phoniatrischen Videolupenlaryngo-/stroboskopie (PVL) gesicherten Glottisläsionen korreliert. Patienten mit unvollständigen Datensätzen oder fehlender PVL wurden ausgeschlossen.

Ergebnisse

239/260 (92%) Patientendaten konnten 24–48 h nach OP ausgewertet werden. Das Risiko für das Auftreten von Intubationsgranulomen korrelierte mit ≥2 Intubationsversuchen, einer OP-Dauer >60 min., einer Intubationserfahrung von <100 (DL)/<10 (IVL) Anwendungen und einer unvollständigen neuromuskulären Blockade (Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Inzidenz von BL und IG war deutlich niedriger bei Verwendung der Intubations-Videolaryngoskopie (IVL). Die Atemwegssicherung war mit der direkten Laryngoskopie (DL) signifikant schwieriger, verglichen mit der IVL (Tabelle 2 [Tab. 2]).

Abbildung 1 [Abb. 1]

Fazit

Eine Intubations-Videolaryngoskopie und fundierte anästhesiologische Vorbereitung und Durchführung kann die Inzidenz von Intubationsgranulomen und somit die Patientensicherheit erhöhen. Ebenso können Folgegesundheitskosten durch die Behandlung der lokalen Läsionen durch entzündungshemmende Medikamente, Steroide, Antibiotika, Zinksulfat sowie anschließende logopädischer Stimm-/Schlucktherapie und ggf. phonochirurgische Folgeeingriffe [3] reduziert werden.


Literatur

1.
Santos PM, Afrassiabi A, Weymuller EA Jr. Risk factors associated with prolonged intubation and laryngeal injury. Otolaryngol Head Neck Surg. 1994;111(4):453-9.
2.
Jang M, Basa K, Levi J. Risk factors for laryngeal trauma and granuloma formation in pediatric intubations. Int J Pediatr Otorhinolaryngol. 2018;107:45-52. DOI: 10.1016/j.ijporl.2018.01.008 External link
3.
Rimoli CF, Martins RHG, Catâneo DC, Imamura R, Catâneo AJM. Treatment of post-intubation laryngeal granulomas: systematic review and proportional meta-analysis. Braz J Otorhinolaryngol. 2018;84(6):781-9. DOI: 10.1016/j.bjorl.2018.03.003 External link