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36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

19.09. - 22.09.2019, Göttingen

Dysphonie als Leitsymptom bei Erstdiagnose eines Prostatakarzinoms

Vortrag

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  • corresponding author presenting/speaker Antonia Nolte - Phoniatrie und Pädaudiologie, Uniklinik Köln, Deutschland
  • Ruth Lang-Roth - Phoniatrie und Pädaudiologie, Uniklinik Köln, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 36. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Göttingen, 19.-22.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV28

doi: 10.3205/19dgpp44, urn:nbn:de:0183-19dgpp443

Published: September 13, 2019

© 2019 Nolte et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Das Prostatakarzinom (PKA) ist das häufigste Karzinom bei Männern. In der Regel metastasiert das PKA lymphogen und hämatogen in Knochen und Organe. Eine laryngeale Metastasierung wird sehr selten diagnostiziert. Wir berichten über Dysphonie als Erstsymptom eines metastasierten PKA

Material und Methoden: Ein 78-jähriger Patient stellte sich mit einer seit Monaten bestehenden Heiserkeit vor (VHI 78). Laryngoskopisch zeigten sich gerötete Stimmlippen mit leicht unruhiger Schleimhaut und hyperfunktioneller Komponente. Zur Diagnosesicherung erfolgte eine Mikrolaryngoskopie (MLS) mit Biopsien. Histologisch ergab sich plattenepitheliale Schleimhaut ohne Anhalt für Malignität. Die Heiserkeit blieb 6 Monate später unter einer logopädischen Therapie unverändert. Postoperativ war laryngoskopisch eine zunehmende Schwellung der Taschenfalten, Stimmlippen und subglottisch zu sehen, sodass wir eine erneute MLS indizierten. Tiefe Proben im Bereich der Taschenfalten ergaben histologisch einen epithelialen Tumor, der a.e. einer Metastase eines PKA entspricht. In der weiterführenden Diagnostik ergab sich ein PSA Wert von 1975 µg/l und im CT eine vergrößerte, inhomogene Prostata, multiple malignomsuspekte Lymphknoten retroperitoneal, iliakal als auch knöcherne Rundherde. Nach Vorstellung im Tumorboard der Urologen wurde eine Androgentherapie und Chemotherapie mit Exgeve bei ossär und lymphogen metastasiertem PKA in die Wege geleitet.

Ergebnisse: Bereits unter der Androgentherapie kam es zu einer Regredienz der laryngealen Schwellung und Dysphonie (VHI 7). Ein Kontroll-CT nach Abschluss der Chemotherapie ergab eine komplette Remission der laryngealen Metastasen des PKA.

Diskussion: In einer Untersuchung von Prescher et al. (2002) wurden bei sechs von sechs Leichen mit metastasiertem PKA, ohne klinischen Hinweis für eine laryngeale Metastasierung, in der histopathologischen Untersuchung Metastasen eines PKA nachgewiesen.

Fazit: Bei persistierender Auffälligkeit der laryngealen Schleimhaut und Dysphonie sind eine Mikrolaryngoskopie mit tiefen Gewebeproben und selbst bei unauffälligem Befund regelmäßige laryngoskopische Kontrollen indiziert. Bei Männern mit Dysphonie ab dem 50. Lebensjahr sollten als Differenzialdiagnosen auch seltene Erkrankungen wie in diesem Falle eine laryngeale Metastasierung eines PKA umfassen und der PSA-Titer mitbestimmt werden.


Text

Hintergrund

Das Prostatakarzinom (PKA) ist das häufigste Karzinom bei Männern. In der Regel metastasiert das PKA zunächst lymphogen und anschließend hämatogen in Knochen und Organe. Hierbei ist die Infiltration des Larynx bisher eine Seltenheit. In der Literatur wurden bisher wenige Fälle beschrieben. Wir berichten über Dysphonie als Erstsymptom eines metastasierten PKA.

Material und Methode

Ein 78-jähriger Patient stellte sich mit einer seit Monaten bestehenden Heiserkeit und Verschleimung in unserer Stimmsprechstunde vor (VHI 78). Laryngoskopisch zeigten sich gerötete, ödematöse Stimmlippen mit leicht unruhiger Schleimhaut im Sinne einer chronischen Laryngitis mit hyperfunktioneller Komponente, sodass zur Diagnosesicherung eine Mikrolaryngoskopie (MLS) mit Biopsien erfolgte. Histologisch ergab sich plattenepitheliale Schleimhaut ohne Anhalt für Malignität. Postoperativ leiteten wir bei hyperfunktioneller Dysphonie eine ambulante logopädische Therapie ein. Die Heiserkeit blieb 6 Monate später unter einer logopädischen Therapie unverändert. Zwischenzeitlich erfolgte durch einen Zahnarzt eine Biopsie der Wange, welche histologisch den Verdacht auf ein Sjögren Syndrom äußerte. Im Vergleich zu den Vorbefunden kam es laryngoskopisch zu einer zunehmenden Schwellung der Taschenfalten, Stimmlippen und der subglottischen Schleimhaut, sodass wir bei möglicher laryngealer Manifestation einer rheumatologischen Erkrankung eine erneute MLS mit tiefen Biopsien indizierten. Präoperativ erfolgte ein CT Hals, wo verdickte und aufgetriebene Plicae vocales und vestibulares, als auch irreguläre Verkalkungen des Schildknorpels ohne eindeutigen Nachweis einer Destruktion des Larynxskeletts beschrieben wurden. Die tiefen Proben im Bereich der Taschenfalten ergaben histologisch einen epithelialen Tumor, der a.e. einer Metastase eines PKA entsprach. In der weiterführenden Diagnostik ergab sich ein PSA Wert von 1975 µg/l und im CT eine vergrößerte, inhomogene Prostata, multiple malignomsuspekte Lymphknoten retroperitoneal, iliakal als auch Rundherde in der Wirbelsäule, im Becken und in den Rippen. Nach Vorstellung im Tumorboard der Urologen wurde eine Androgentherapie und Chemotherapie mit Exgeve bei ossär und lymphogen metastasiertem PKA in die Wege geleitet.

Abbildung 1 [Abb. 1]

Ergebnisse

Bereits unter der Androgentherapie kam es zu einer Regredienz der laryngealen Schwellung und Dysphonie (VHI 7). Ein Kontroll-CT nach Abschluss der Chemotherapie ergab eine komplette Remission der laryngealen Metastasen des PKA.

Abbildung 2 [Abb. 2]

Diskussion

Prescher et al. [1] konnten bei einer Untersuchung von sechs von sechs Leichen mit metastasiertem PKA, ohne klinischen Hinweis für eine laryngeale Metastasierung, in der histopathologischen Untersuchung Metastasen eines PKA nachweisen. Möglicherweise befällt das PKA zunächst das Larynxskelett und führt erst zu Symptomen wie Heiserkeit nach Infiltration des Weichgewebes, sodass eine Manifestation bei einem fortgeschrittenen Prostatakarzinom eine Rarität bleibt. Bei den in der Literatur zuvor beschriebenen Fällen waren die Patienten entweder asymptomatisch oder die Heiserkeit ging entweder mit einem cervikalen palpablen Tumor oder Luftnot einher.

Fazit/Schlussfolgerung

Bei persistierender Auffälligkeit der laryngealen Schleimhaut und Dysphonie sind eine Mikrolaryngoskopie zur histologischen Sicherung mit tiefen Gewebeproben und selbst bei unauffälligem Befund regelmäßige laryngoskopische Kontrollen indiziert. Bei Männern mit Dysphonie ab dem 50. Lebensjahr sollten als Differenzialdiagnosen auch seltene Erkrankungen wie in diesem Falle eine laryngeale Metastasierung eines PKA umfassen und der PSA-Titer mitbestimmt werden.


Literatur

1.
Prescher A, Schick B, Stütz A, Brors D. Laryngeal prostatic cancer metastases: an underestimated route of metastases? Laryngoscope. 2002;112(8 Pt 1):1467-73.
2.
Nohara T, Kawashima A, Takahashi T, et al. Prostate cancer metastasized to thyroid cartilage: a case report. Nihon Hinyokika Gakkai Zasshi Jpn J Urol. 2005;96(7):697-700.
3.
Park YW, Park MH. Vocal cord paralysis from prostatic carcinoma metastasizing to the larynx. Head Neck. 1993;15(5):455-8.