Article
Dysphagie nach multimodaler Therapie von Oropharynxkarzinomen: Einfluss der pharyngealen Bestrahlungsdosis
Search Medline for
Authors
Published: | September 14, 2018 |
---|
Outline
Zusammenfassung
Hintergrund: Die Schluckfunktion kann sich nach multimodaler Therapie eines Kopf-Hals-Tumors deutlich verschlechtern. Bis dato gibt es für dieses Patientengut noch keine definierte Bestrahlungsdosis, ab der eine signifikante Verschlechterung der Dysphagie eintritt.
Material und Methoden: 101 Patienten nach mulitmodaler Therapie eines Oropharynxkarzinoms (ED 04/2012–10/2014) wurden retrospektiv analysiert. Mit dem Tool „OncoFunction“ wurde im Verlauf der Nachsorge 6 (t2) und 12 Monate (t4) nach Beginn der primären Therapie eine Selbsteinschätzung der Schluckfunktion sowie auch weitere Parameter (Vorhandensein eines Tracheostomas/PEG) erfasst. Zur Bestimmung der Bestrahlungsdosis wurden die pharyngealen Strukturen aus den Bestrahlungsplanungs-CT der Patienten segmentiert und die Bestrahlungsdosen berechnet.
Ergebnisse: Patienten, die eine Bestrahlungsdosis >45 Gy auf den M. cricopharyngeus erhielten, gaben zu t2 und t4 eine signifikant (p<0,05) verschlechterte Schluckfunktion an. Für die Mm. constrictores zeigten sich hierbei Cut off Werte bei 50-60Gy. Diese Werte korrelierten alle auch mit dem Vorhandensein eines Tracheostomas oder einer PEG.
Diskussion: Vorliegende Daten zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Bestrahlungsdosis schluckrelevante Risikoorgane und verschlechterter Schluckfunktion auf. Es konnten Grenzwerte bestimmt werden, ab denen eine signifikante Verschlechterung der Schluckfunktion zu erwarten ist.
Text
Einleitung
Schluckrelevante Strukturen sind im Rahmen einer Radiotherapie einem Risiko („swallowing-related organs at risk“ – SWOAR) ausgesetzt [1]. Für Patienten, die eine primäre Radio(chemo)therapie bei einem Kopf- Hals- Tumor erhalten sollen, gibt es Guidelines, die die Bestrahlungsdosis für SWOAR definieren [2]. Auch nach multimodaler Therapie eines Kopf-Hals-Tumors kann sich die Schluckfunktion deutlich verschlechtern. Bis dato gibt es für dieses Patientengut jedoch noch keine definierte Bestrahlungsdosis, ab der eine signifikante Verschlechterung der Dysphagie eintritt.
Material und Methoden
101 Patienten nach mulitmodaler Therapie eines Oropharynxkarzinoms (ED 04/2012 – 10/2014) wurden retrospektiv analysiert (22 Zungengrundkarzinome, 11 hintere Zungenrandkarzinome, 6 Uvulakarzinome, 62 Tonsillenkarzinome). Die Mehrheit (78/101) der Patienten hatte ein UICC-Stadium IV. Alle Patienten wurden postoperativ bestrahlt; 56/ 101 erhielten zusätzlich noch eine Chemotherapie.
Die pharyngealen und laryngealen Strukturen wurden anhand der Einteilung der SWOAR aus den Bestrahlungsplanungs-CT der Patienten segmentiert und die Bestrahlungsdosen berechnet.
Mit dem Programm "OncoFunction" wurden im Verlauf der Nachsorge eine Selbsteinschätzung der Schluckfunktion mit einem Fragebogen (10 Fragen, angelehnt an den Eating Assessment Tool EAT-10) sowie auch das Vorhandensein eines Tracheostomas und eines Gastrostomas (PEG) erfasst. Die Zeitpunkte 6 Monate (t2) und 12 Monate (t4) nach Beginn der primären Therapie wurden ausgewertet.
Ergebnisse
Patienten, die eine Bestrahlungsdosis >50-60 Gy auf den Zugengrund, die Mm. constrictores, sowie die Supraglottis erhielten, gaben zu t2 und t4 eine signifikant (p <0,05) verschlechterte Schluckfunktion an. Lediglich der Cut-off-Wert von 45 Gy des M. cricopharyngeus stellte sich bei den subjektiven Angaben bezüglich der Schluckfunktion als nicht signifikant dar.
Zu t2 korrelierte keiner der Cut-off-Werte mit dem Vorhandensein eines Tracheostomas, zu t4 waren jedoch alle signifikant bis auf den M constrictor pharyngeus superior und den Zungengrund. Bezüglich der PEG stellten sich alle Cut-off-Werte bis auf die Supraglottis zu t2 signifikant dar; zu t4 war dies immer noch bei den Mm. constrictor medius und inferior sowie der Supraglottis der Fall.
Diskussion
Die vorliegenden Daten zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Bestrahlungsdosis von SWOAR und verschlechterter Schluckfunktion bei Patienten nach multimodaler Therapie eines Kopf-Hals-Tumors auf. Es konnten Grenzwerte der Bestrahlungsdosis bestimmt werden, ab der eine signifikante Verschlechterung der Schluckfunktion zu erwarten ist. Des Weiteren zeigte sich im Sinne einer Spättoxizität, dass diese Cut-off-Werte deutlich mit dem Vorhandensein einer PEG und/oder eines Tracheostomas 12 Monate nach Therapiebeginn (t4) korrelieren.
Literatur
- 1.
- Christianen ME, Langendijk JA, Westerlaan HE, van de Water TA, Bijl HP. Delineation of organs at risk involved in swallowing for radiotherapy treatment planning. Radiother Oncol. 2011 Dec;101(3):394-402. DOI: 10.1016/j.radonc.2011.05.015
- 2.
- Mazzola R, Ricchetti F, Fiorentino A, Fersino S, Giaj Levra N, Naccarato S, Sicignano G, Albanese S, Di Paola G, Alterio D, Ruggieri R, Alongi F. Dose-volume-related dysphagia after constrictor muscles definition in head and neck cancer intensity-modulated radiation treatment. Br J Radiol. 2014 Dec;87(1044):20140543. DOI: 10.1259/bjr.20140543