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34. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)
Dreiländertagung D-A-CH

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Bern, 14.09. - 17.09.2017

Innere Laryngozele: Klinik und Phonochirurgie

Vortrag

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  • corresponding author presenting/speaker Matthias Weidenmüller - Phoniatrie und Pädaudiologie der Klinik für HNO-Heilkunde, Universitätsmedizin, Göttingen, Deutschland
  • author Arno Olthoff - Phoniatrie und Pädaudiologie der Klinik für HNO-Heilkunde, Universitätsmedizin, Göttingen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 34. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), Dreiländertagung D-A-CH. Bern, Schweiz, 14.-17.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV38

doi: 10.3205/17dgpp56, urn:nbn:de:0183-17dgpp567

Published: August 30, 2017

© 2017 Weidenmüller et al.
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Zusammenfassung

Einleitung: Zu den Funktionsbefunden vor und nach Phonochirurgie finden sich nur wenige Angaben in der Literatur. Sie haben jedoch eine zentrale Bedeutung für die OP-Indikation und Beurteilung der postoperativen Stimmverbesserung. Die Ergebnisse eines eigenen Patientenkollektivs nach CO2-lasermikrochirurgischen Eingriffen sollen vorgestellt werden.

Methode: Neben der lupenendoskopischen und videostroboskopischen Diagnostik wurden Stimmanalysen vor und nach den chirurgischen Eingriffen durchgeführt. Hierzu gehörten das Göttinger Heiserkeitsdiagramm (GHD) und die Stimmfeldmessung mit Bestimmung des Dysphonia Severity Index (DSI). Der Selbsteinschätzung durch die Patienten diente der Voice Handicap Index (VHI).

Ergebnisse: Von 21 Patienten (18 Frauen, 3 Männer) mit einem mittleren Alter von 64 Jahren gingen die Stimmanalysen in die Auswertung ein. In 16 Fällen handelte es sich um einen linksseitigen, in 3 Fällen um einen rechtsseitigen und in 2 Fällen um einen beidseitigen Befund einer inneren Laryngozele. Postoperative Verbesserungen konnten mit allen Verfahren (GHD, DSI, VHI) ermittelt werden. Komplikationen traten nicht auf.

Diskussion: Sowohl für das starke Überwiegen der weiblichen Patientinnen als auch für die Häufung der Befunde auf der linken Seite fanden wir in der Literatur keine Hinweise. Diese Beobachtungen sind in einem größeren Kollektiv zu prüfen.

Fazit: Die Besserungen der Stimmqualität bestätigen die phonochirurgische Indikation. Der Grad der Stimmverbesserung lässt sich anhand objektiver Parameter einer Stimmanalyse (GHD, DSI) sowie der Selbsteinschätzung der Stimme (VHI) bemessen. Die CO2-Laserchirurgie erwies sich als sicheres Verfahren.


Text

Hintergrund

Laryngozelen sind mit einer Inzidenz von 1 pro 2,5 Mio. Einwohnern pro Jahr [1] insgesamt seltene Befunde, die sich in den häufigsten Fällen durch eine zunehmende Heiserkeit bemerkbar machen. In der Literatur finden sich Beschreibungen zur Diagnose und Therapie. Eine Beschreibung prä- und postoperativer Stimmbefunde zur Dokumentation der funktionell rechtfertigenden OP-Indikation sowie des OP-Erfolges findet sich bisher jedoch nur anhand eines sehr kleinen Patientenkollektivs (N=5) [2]. Daher möchten wir von unseren prä- und postoperativ erhobenen Funktionsbefunden der Stimme anhand eines retrospektiv erhobenen Kollektivs von 21 Patienten berichten.

Eine Laryngozele ist eine abnorme Ausweitung des Sacculus laryngis, der sich als Forsetzung des Ventrikulus laryngis (Sinus Morgagni) kranialwärts zwischen Taschenfalte und Schildknorpelinnenseite erstreckt [3], [4]. Es wird zwischen einer inneren und einer kombinierten Laryngozele unterschieden [5]. Eine innere Laryngozele liegt medial der Membrana thyrohyoidea, eine kombinerte Laryngozele durchbricht diese nach lateral und führt meist zu einer zervikalen von außen sicht- und tastbaren Vorwölbung. Zunächst luftgefüllt kommt es bei Verklebung des Zelenhalses zu einer Schleimretention (Laryngomukozele) und teils infektbedingt zu einer eitrigen Eintrübung (Laryngopyozele) [6]. Ätiologisch vermutet man drei unterschiedliche Genesen: angeborene Laryngozelen, erhöhte Druckverhältnisse innerhalb des Kehlkopfes (Glasbläser, Blasintrumentalisten) oder eine mechanische Obstruktion z.B. infolge einer Neoplasie [7].

Material und Methoden

Die Datenanalyse erfolgte retrospektiv. Hierfür sichteten wir insgesamt 46 Fälle mit der präoperativ gestellten Verdachtsdiagnose einer Laryngozele. Der Behandlungszeitraum lag zwischen den Jahren 2009 und 2017. Neben der lupenendoskopischen und videostroboskopischen Diagnostik wurden Stimmanalysen vor und nach den chirurgischen Eingriffen durchgeführt. Hierzu gehörten das Göttinger Heiserkeitsdiagramm (GHD) und die Stimmfeldmessung mit Bestimmung des Dysphonia Severity Index (DSI). In die Auswertung flossen nur Patienten mit lückenlos dokumentiertem GHD ein (N=21). Bestandteil des GHD ist zum einen die Irregularität, in die die Pertubationsmaße Jitter, Shimmer und Periodenkorrelation einfließen. Zum anderen gibt die Glottal-to-Noise-Excitation (GNE) das Maß der Behauchtheit wieder. Der Selbsteinschätzung durch die Patienten diente der Voice Handicap Index (VHI). Die Resektion erfolgte ausschließlich CO2-laserchirurgisch im Rahmen einer Mikrolaryngoskopie. Hierbei wurde nach funktionellem Gesichtspunkt der Zelenanteil unter medialem Gewebezug entlang der Taschenfalte abgesetzt, der, aus dem Sinus morgagni herausragend, die Stimmlippenfeinschwingung behinderte.

Ergebnisse

Von 21 Patienten (18 Frauen, 3 Männer) mit einem mittleren Alter von 64 Jahren (SD 10,2 Jahre, 41–83 Jahre) gingen die Stimmanalysen in die Auswertung ein. In 16 Fällen handelte es sich um einen linksseitigen, in 3 Fällen um einen rechtsseitigen und in 2 Fällen um einen beidseitigen Befund einer inneren Laryngozele. Durch die sichtbehindernde Laryngozele war eine organische und funktionelle Beurteilung der Glottis präoperativ nur eingeschränkt möglich. Videostroboskopisch zeigten sich soweit beurteilbar irreguläre Stimmlippenschwingungen mit teils verminderten Amplituden. Postoperativ war die Glottis wieder voll beurteilbar, stroboskopisch ergab sich eine verbesserte Regularität der Stimmlippenschwingung bei normalisierten Amplituden. Postoperativ spiegelte sich bei 18 Patienten anhand des VHI eine subjektive Stimmverbesserung wieder, bei 2 Patienten fehlte die entsprechende Dokumentation. Der DSI zeigte in 14 Fällen eine postoperative Stimmverbesserung an, in 4 Fällen waren keine Werte dokumentiert. In 17 Fällen ließ sich die Stimmverbesserung auch im GHD dokumentieren. Gemessen an den Mittelwerten ergibt sich für alle Parameter (Irregularität, GNE, DSI, VHI) eine postoperative Verbesserung (s. Tabelle 1 [Tab. 1]). 11 Patienten rauchten aktiv, 2 waren mittlerweile nikotinabstinent, in 3 Fällen fehlte die Angabe. Intraoperativ ergaben sich ausnahmslos schleimgefüllte Zellen. In keinem Fall kam es zu intra- oder postoperativen Komplikationen.

Diskussion

Entgegen der Angaben in der Literatur sind in unserem Kollektiv überwiegend Frauen betroffen [7]. Zu den gehäuft linksseitigen Befunden findet sich keine Angabe in der Literatur. Dass Rauchen als möglicher Risikofaktor bei der Entwicklung von Laryngozelen in Betracht kommt, beschreiben auch Cohen und Mitarbeiter in ihrem 29 Patienten umfassenden Kollektiv [8]. Diese Beobachtungen sind in einem größeren Kollektiv, möglicherweise multizentrisch zu prüfen. Hierbei müsste man sich auf einen prä- und postoperativen Dokumentationsstandard einigen. Keiner unserer Patienten war Glasbläser oder Blasinstrumentalist. In 2 Fällen der präoperativ gestellten Verdachtsdiagnose einer Laryngozele ergab sich intraoperativ ein Larynxchondrom, in einem Fall ein Taschenfaltenlipom.

Fazit

Die Besserungen der Stimmqualität bestätigen die phonochirurgische Indikation. Der Grad der Stimmverbesserung lässt sich anhand objektiver Parameter einer Stimmanalyse (GHD, DSI) sowie der Selbsteinschätzung der Stimme (VHI) bemessen. CO2-Laserchirurgie erwies sich als sicheres Verfahren.


Literatur

1.
Stell PM, Maran AG. Laryngocoele. J Laryngol Otol. 1975 Sep;89(9):915-24. DOI: 10.1017/S0022215100081196 External link
2.
Dursun G, Ozgursoy OB, Beton S, Batikhan H. Current diagnosis and treatment of laryngocele in adults. Otolaryngol Head Neck Surg. 2007 Feb;136(2):211-5. DOI: 10.1016/j.otohns.2006.09.008 External link
3.
Holinger LD, Barnes DR, Smid LJ, Holinger PH. Laryngocele and saccular cysts. Ann Otol Rhinol Laryngol. 1978 Sep-Oct;87(5 Pt 1):675-85. DOI: 10.1177/000348947808700513 External link
4.
DeSanto LW. Laryngocele, laryngeal mucocele, large saccules, and laryngeal saccular cysts: a developmental spectrum. Laryngoscope. 1974 Aug;84(8):1291-6. DOI: 10.1288/00005537-197408000-00003 External link
5.
Thomé R, Thomé DC, De La Cortina RA. Lateral thyrotomy approach on the paraglottic space for laryngocele resection. Laryngoscope. 2000 Mar;110(3 Pt 1):447-50. DOI: 10.1097/00005537-200003000-00023 External link
6.
Helmberger RC, Croker BP, Mancuso AA. Leiomyosarcoma of the larynx presenting as a laryngopyocele. AJNR Am J Neuroradiol. 1996 Jun-Jul;17(6):1112-4.
7.
Amin M, Maran AG. The aetiology of laryngocoele. Clin Otolaryngol Allied Sci. 1988 Aug;13(4):267-72. DOI: 10.1111/j.1365-2273.1988.tb01130.x External link
8.
Cohen O, Tzelnick S, Galitz YS, Shoffel-Havakuk H, Hain M, Halperin D, Lahav Y. Potential Causative Factors for Saccular Disorders: Association with Smoking and Other Laryngeal Pathologies. J Voice. 2017 May 2. pii: S0892-1997(16)30507-0. DOI: 10.1016/j.jvoice.2017.01.004 External link