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32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

24.09. - 27.09.2015, Oldenburg

Nachweis pharyngealer myotoner Dystrophien mit der Hochauflösungsmanometrie

Vortrag

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  • corresponding author presenting/speaker Michael Jungheim - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • author Daniela Kühn - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • author Martin Ptok - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 32. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Oldenburg, 24.-27.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc36

doi: 10.3205/15dgpp40, urn:nbn:de:0183-15dgpp402

Published: September 7, 2015

© 2015 Jungheim et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Oropharyngeale Dysphagien und Motilitätsstörungen des Ösophagus sind bei Patienten mit myotoner Dystrophie (MD) bekannt und häufig eine Ursache für Aspirationspneumonien. Von diesen Patienten liegen bisher wenige Daten manometrischer Untersuchungen vor, die eine Einschätzung der pharyngealen Kontraktionskraft und der Öffnungsfunktion des oberen Ösophagussphinkters (oÖS) während des Schluckens ermöglichen. Ziel war es, bei Patienten mit MD die pharyngeale Kontraktionsfunktion hochauflösungsmanometrisch zu untersuchen und Funktionsstörungen aufzuzeigen.

Material und Methoden: Bei zwei Patienten mit MD wurden hochauflösungsmanometrisch druckabhängige Parameter während des Schluckens und der Phonation ermittelt. Die Ergebnisse wurden mit Werten eines gesunden Normkollektivs verglichen.

Ergebnisse: Im gesamten Pharynxareal wurde während des Schluckens ein verminderter Druck ermittelt. Auch die Kontraktionsdauer im Velopharynx und im Zungengrundbereich war bei beiden Patienten verkürzt. Der strukturelle Ablauf des Schluckvorgangs und die Öffnungsfunktion des oÖS waren regulär. Bei Realisation geschlossener Vokale war ein verminderter Druckaufbau im velopharyngealen Abschluss festzustellen.

Diskussion: Bei Patienten mit MD war die pharyngeale Kontraktionskraft während des Schluckens vermindert, so dass eine inkomplette Klärung des Pharynx resultierte. Neben myopathischen sind auch neuromuskuläre Störungen anzunehmen, die zu Unterbrechungen in der pharyngealen Kontraktionswelle führen. Die Struktur des Schluckvorgangs und das Schluckmuster waren aber erhalten. Rhinophone Beschwerden sind wahrscheinlich auf einen verminderten Druckaufbau im Velopharynxbereich zurückzuführen.

Fazit: Um die pharyngeale Funktion bei Patienten mit MD zu untersuchen und um neurogene und myogene Dysphagien zu differenzieren, sind neben der Basisdiagnostik auch hochauflösungsmanometrische Untersuchungen sinnvoll.


Text

Hintergrund

Oropharyngeale Dysphagien und Motilitätsstörungen des Ösophagus sind bei Patienten mit myotoner Dystrophie (MD) bekannt und häufig eine Ursache für Aspirationspneumonien. Von diesen Patienten liegen bisher wenige Daten manometrischer Untersuchungen vor, die eine Einschätzung der pharyngealen Kontraktionskraft und der Öffnungsfunktion des oberen Ösophagussphinkters (oÖS) während des Schluckens ermöglichen. Ziel war es, bei Patienten mit MD die pharyngeale Kontraktionskraft hochauflösungsmanometrisch zu untersuchen und Funktionsstörungen während des Schluckvorgangs und der Phonation aufzuzeigen.

Material und Methoden

Bei zwei Patienten mit MD, die anamnestisch Schluck- und Artikulationsstörungen angaben, wurden mit der Hochauflösungsmanometrie (HRM) druckabhängige Parameter während des Schluckens und der Phonation ermittelt. Die Ergebnisse wurden mit Werten eines gesunden Normkollektivs verglichen [1].

Ergebnisse

Im gesamten Pharynxareal wurde während des Schluckens ein verminderter Druck ermittelt. Auch die Kontraktionsdauer im Velopharynx und im Zungengrundbereich war bei beiden Patienten verkürzt. Ein relevanter Ruhetonus des oÖS war ebenfalls nicht zu verzeichnen. Bei einem Patienten lagen zusätzlich Unterbrechungen in der pharyngealen Kontraktionswelle während des Schluckens vor. Der strukturelle Ablauf des Schluckvorgangs und die Öffnungsfunktion des oÖS waren aber regulär. Bei Realisation geschlossener Vokale war ein verminderter Druckaufbau im velopharyngealen Abschluss festzustellen.

Diskussion

Bei Patienten mit MD war die pharyngeale Kontraktionskraft während des Schluckens vermindert, so dass eine inkomplette Klärung des Pharynx aufgrund einer eingeschränkten Boluspropulsion resultierte. Neben myopathischen sind auch neuromuskuläre Störungen anzunehmen, die zu Unterbrechungen in der pharyngealen Kontraktionswelle führen. Die in der HRM-Messung darstellbare Struktur des Schluckvorgangs und das Schluckmuster waren aber erhalten. Rhinophone Beschwerden sind wahrscheinlich auf einen verminderten Druckaufbau im Velopharynxbereich zurückzuführen. Die Ergebnisse legen nahe, dass videofluoroskopische und videoendoskopische Untersuchungsverfahren nicht ausreichen, um die pharyngeale Funktion bei Patienten mit MD vollständig zu untersuchen. Insbesondere für die Einschätzung der Kontraktionskraft in den einzelnen Pharynxabschnitten sollte eine hochauslösungsmanometrische Untersuchung durchgeführt werden [2], [3].

Fazit

Um die pharyngeale Funktion beim Schluckvorgang und der Phonation bei Patienten mit MD zu untersuchen und um neurogene und myogene Dysphagien zu differenzieren, sind neben der Basisdiagnostik auch hochauflösungsmanometrische Untersuchungen sinnvoll.


Literatur

1.
Jungheim M, Schubert C, Miller S, Ptok M. Normwerte für die Hochauflösungsmanometrie von Pharynx und oberem Ösophagussphinkter. Laryngo-Rhino-Otol. 2015. DOI: 10.1055/s-0034-1395532 External link
2.
Jungheim M, Kühn D, Ptok M. Hochauflösungsmanometrische Untersuchung der pharyngealen Funktion bei Patienten mit myotoner Dystrophie. Nervenarzt. 2015. DOI: 10.1007/s00115-015-4397-3 External link
3.
Jungheim M, Miller S, Kühn D, Ptok M. Hochauflösungsmanometrie-basierte Phaseneinteilung des velopharyngealen Abschlusses bei Phonation. Laryngo-Rhino-Otol. 2013;92:667-72. DOI: 10.1055/s-0033-1349083 External link