gms | German Medical Science

31. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) zusammen mit dem 5. Pädakustiker-Symposium der Akademie für Hörgeräte-Akustik

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

18.09. - 21.09.2014, Lübeck

Untersuchungen zur Trennschärfe der ASSR bei verschiedenen Frequenzen

Vortrag

Search Medline for

  • corresponding author presenting/speaker Bernhard Lehnert - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • author Carmela Koch - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • author Oliver Dziemba - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Akademie für Hörgeräte-Akustik. 31. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) zusammen mit dem 5. Pädakustiker-Symposium der Akademie für Hörgeräte-Akustik. Lübeck, 18.-21.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocV1

doi: 10.3205/14dgpp02, urn:nbn:de:0183-14dgpp022

Published: September 2, 2014

© 2014 Lehnert et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Zusammenfassung

Hintergrund: Während sich die Klick-BERA schon lange etabliert hat, besteht bei den frequenzspezifischen objektiven Hörtestverfahren weiterer Evaluierungsbedarf. Für vergleichende Untersuchungen zwischen solchen Verfahren hat Hoth 2013 vorgeschlagen, die Übergangszone zwischen sicher negativen Reaktionen und sicher positiven Messungen in 1dB-Schritten zu messen. Je breiter die Übergangszone, umso schlechter die Diskriminationsleistungen des Verfahrens.

Wir haben nach diesem Prinzip die Diskriminationsleistungen der ASSR bei drei verschiedenen Frequenzen untersucht.

Material und Methoden: Wir haben 20 subjektiv hörgesunde Erwachsene bei 500Hz, 1kHz und 4kHz in 1dB-Schritten untersucht. Die Ergebnisse wurden in Anlehnung an Hoth als Vektor von 0 und 1 dargestellt, an diesen Vektor eine S-förmige Diskriminationfunktion angepasst und für jeden Probanden und jede Frequenz die maximale Steigung dieser Funktion bestimmt. Der Vergleich erfolgte durch einen Quade-Test.

Ergebnisse: Es zeigten sich unerwartet große Übergangszonen und damit eine unerwartet hohe Zahl von erforderlichen Messungen. Bei 9 von 20 Teilnehmern mussten die Messungen vor Erreichen der Studienkriterien abgebrochen werden, i.d.R. weil die Ausdauer der Probanden erschöpft war. In einem Fall, weil sich bis zur oberen Messgrenze des Geräts kein stabiler Hörnachweis einstellte. Der vermutete Effekt einer besseren Diskrimination bei höherer Frequenz ließ sich mit p=0,32 nicht bestätigen.

Diskussion: Der vermutete Effekt ließ sich nicht zeigen. Die bei der Untersuchung deutlich gewordenen Diskriminationsprobleme der ASSR, zumindest unter unseren Messbedingungen, werfen Fragen bei der Anwendung der ASSR in der klinischen Praxis auf.

Fazit: Es könnte sein, dass die Reliabilität der ASSR stärker als erwartet von äußeren Umständen der Messung abhängt. Folgestudien sollen neben der Diskriminationsleistung auch die Richtigkeit der Ergebnisse berücksichtigen.


Text

Hintergrund

Zur Hördiagnostik im Säuglings- bis Kindesalter, gelegentlich auch für spezielle Fragestellungen am Erwachsenen, werden frequenzspezifische objektive Hörtests benötigt. Es ist noch unbeantwortet, welches das beste Verfahren ist. Es ist auch noch nicht definiert, welche Kriterien ein bestes Verfahren beschreiben. Einen Vorschlag hierzu hat Hoth [1] gemacht: Er schlägt vor, Probanden mit verschiedenen Verfahren in 1 dB Schritten zu untersuchen. Dabei wird sich zwischen einer stabilen Phase des Nicht-Hörens und einer stabilen Phase des Hörens ein Übergangsbereich mit stochastischen Messergebnissen zeigen, dessen Breite für ein optimales Verfahren möglichst klein sein sollte. Vergleichende Versuche mit diesem Verfahren wurden von Zeidler et al. [2] berichtet, die allerdings in 5 dB Schritten untersuchten, wodurch deutlich weniger Messungen pro Proband durchgeführt werden, das Ergebnis aber auch weniger präzise ist: Es besteht das Risiko, ein Ende des Übergangsbereichs schon anzunehmen, obwohl Zwischenmessungen noch schwankende Ergebnisse gezeigt hätten. Wir untersuchten die „Güte“ der Auditory Steady State Response (ASSR) im Vergleich dreier Messfrequenzen und schlagen eine Ergänzung des von Hoth publizierten Vorgehens vor.

Material und Methoden

Wir haben bei 20 subjektiv hörgesunden Erwachsenen ASSR bei 500 Hz, 1 kHz und 4 kHz in 1 dB Schritten untersucht. Ziel war die Abbildung eines Intervalls, bei dem die fünf leisesten Messungen je keinen Hörnachweis (0) und die fünf lautesten je einen Hörnachweis (1) ergaben. Die Ergebnisse wurden in Anlehnung an Hoth als Vektor von 0 und 1 dargestellt und an diesen Vektor eine S-förmige Diskriminationsfunktion in Form einer logistischen Regression angepasst. In Abweichung zu Hoth führen wir eine Datenimputation dahingehend durch, dass wir vor den gemessenen Daten und hinter den gemessenen Daten eine große Zahl von Nullen bzw. Einsen einfügen. Die Zahl der führenden Nullen bzw. folgenden Einsen hat einen Einfluss auf die Steilheit der Diskriminationsfunktion, die aber bei zunehmender Zahl asymptotisch auf einen stabilen Wert hin strebt. Diese Imputation entspricht der Annahme, dass man bei beliebig leisen Reizen nie eine Hörreaktion erhalten würde und bei beliebig lauten Reizen immer eine Hörreaktion erhalten würde. Ist man nicht bereit, diese Annahme zu treffen, steht auch das sonstige Vorgehen in Frage. Wir bestimmen die maximale Steigung der Diskriminationsfunktion für jeden Probanden und jede Frequenz einzeln. Der Omnibus-Vergleich erfolgte durch einen Quade-Test, für Paarvergleiche waren Wilcoxon-Vorzeichen-Tests vorgesehen.

Die ASSR-Messung erfolgte mit der GSI AUDERA, die Modulationsfrequenzen entsprach mit 46 Hz den Voreinstellungen. Die logistische Regression und die statistischen Tests erfolgten mit R 3.1.0.

Ergebnisse

Es zeigten sich unerwartet große Übergangszonen und damit eine unerwartet hohe Zahl von erforderlichen Messungen. Bei 9 von 20 Teilnehmern mussten die Messungen vorzeitig abgebrochen werden weil die Ausdauer der Probanden erschöpft war. Der vermutete Effekt einer besseren Diskrimination bei höherer Frequenz ließ sich mit p=0,51 nicht bestätigen (paarweise Vergleiche mit Wilcoxon-Rangsummentests p=0,14, p=0,89 und p=0,41).

Diskussion

Der vermutete Effekt ließ sich nicht zeigen. Es gibt wohl keine klinisch relevanten Unterschiede der Diskriminationsleistung der ASSR zwischen den genannten Frequenzen. Bemerkenswert ist die große Anzahl an Dropouts bzw. die bei der Untersuchung deutlich gewordenen Diskriminationsprobleme der ASSR, zumindest unter unseren Messbedingungen.

Sollten diese Probleme durch unsere Messbedingungen bedingt sein, könnte dies darauf hinweisen, dass die ASSR besonders störanfällig bezüglich nicht-optimaler Messbedingungen ist. Wir hoffen hier auf weitere Erkenntnisse, wenn uns nach dem geplanten Umzug unserer Klinik bessere akustisch und elektromagnetisch abgeschirmte Messräume zur Verfügung stehen werden. Sollte dieses Problem aber der ASSR als Methode eigen sein, dann müsste jede einzelne ASSR-Messung im Lichte dieser Ungenauigkeiten kritisch gewertet werden.

Fazit

Das von Hoth beschriebene Vorgehen lässt sich für die ASSR bei vielen Probanden anwenden. Bei anderen blieb die ASSR so lange instabil, dass das Verfahren nicht abgeschlossen werden konnte.


Literatur

1.
Hoth S. Die Steigung der Diskriminationsfunktion als universelles Maß zur Beurteilung der Güte von Methoden der objektiven Schwellenbestimmung [The slope of the discrimination function as universal measure for the comparison of methods devoted to the objective threshold determination]. Z Audiol. 2013;52(2): 61-9.
2.
Zeidler J, Baljic I, Eßer D, Hoth S, Guntinas-Lichius O. Die Effizienzcharakterisierung der Methoden zur objektiven Hörschwellenbestimmung im Tieftonbereich. In: 85. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Dortmund, 28.05.-01.06.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14hnod565. DOI:10.3205/14hnod565 External link
3.
R Core Team. R: A language and environment for statistical computing. Vienna: R Foundation for Statistical Computing; 2014. Verfügbar unter: http://www.R-project.org External link