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30. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

20.09. - 22.09.2013, Bochum

Erfahrungen in der Cochlea Implantat Versorgung bei Kinder mit einseitiger praktischer Taubheit

Vortrag

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  • corresponding author presenting/speaker Petra Lohnstein - Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie, St. Elisabeth-Hospital, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
  • Stefan Dazert - Klinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie, St. Elisabeth-Hospital, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
  • Katrin Neumann - Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie, St. Elisabeth-Hospital, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 30. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Bochum, 20.-22.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocV47

doi: 10.3205/13dgpp89, urn:nbn:de:0183-13dgpp899

Published: September 5, 2013

© 2013 Lohnstein et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Dass die Versorgung mit einem Cochlea Implantat (CI) bei Erwachsenen mit einseitiger Taubheit einen Benefit im Sprachverstehen im Störschall und der Richtungslokalisation hat, wurde mehrfach gezeigt. Bei der Überlegung einer CI-Versorgung bei einseitig hochgradig hörgestörten Kindern gilt es besonders, die Hörstörung im Rahmen der allgemeinen Entwicklung zu beurteilen und gemeinsam mit Eltern, betreuenden Therapeuten und dem Kind eine Entscheidung zu treffen.

Material und Methoden: Wir berichten über drei Kinder mit einseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit unbekannter Genese, welche jeweils im Alter von 5;5, 7;3 und 8;8 Jahren im Jahr 2012 an unserer Klinik eine einseitige CI-Versorgung erhielten. Eine Versorgung mit einem konventionellen Hörsystem erfolgte im Vorfeld und zeigte keinen ausreichenden Nutzen. Ein Kind zeigte Störungen der Sprach- und Allgemeinentwicklung mit Notwendigkeit einer logopädischen Therapie und heilpädagogischer Frühförderung, ein Kind hatte Schulschwierigkeiten.

Ergebnisse: Alle Kinder akzeptieren die CI-Versorgung gut und zeigen eine Hörverbesserung, insbesondere in Störschallsituationen, sowie eine Stabilisierung ihrer Allgemeinentwicklung.

Diskussion: Bei adäquater Indikationsstellung können wir aufgrund unserer bisherigen Erfahrung eine CI Versorgung von Kindern mit einseitiger Ertaubung befürworten, insbesondere, wenn bereits für eine Hörstörung typische Entwicklungsauffälligkeiten zu beobachten sind.


Text

Hintergrund

Dass die Versorgung mit einem Cochlea Implantat (CI) bei Erwachsenen mit einseitiger Taubheit einen Benefit im Sprachverstehen im Störschall und der Richtungslokalisation im Vergleich zu einer Versorgung mit einem knochenverankerten Hörgerät oder einer CROS-Versorgung hat, wurde gezeigt [1], [2]. Da ein CI bislang die einzige Möglichkeit darstellt, ein echtes binaurales Hören bei einem einseitigen Hörverlust wiederherzustellen, ist die CI-Versorgung bei Kindern und Jugendlichen mit einem einseitigen Hörverlust eine wichtige Therapieoption. Bei der Überlegung bezüglich einer CI-Versorgung bei einseitig hochgradig hörgestörten Kindern gilt es besonders, die Hörstörung im Rahmen der allgemeinen Entwicklung zu beurteilen und gemeinsam mit Eltern, betreuenden Therapeuten und dem Kind eine Entscheidung zu treffen. Ob und wann der geeignete Zeitpunkt für eine CI-Versorgung bei Heranwachsenden ist, muss individuell entschieden werden. So gibt es unseres Wissens bisher keine prädiktiven Werte, ob ein Kind mit einer einseitigen Hörstörung grundsätzlich Auffälligkeiten in seiner allgemeinen Entwicklung zeigen wird. Lieu et al haben jedoch gezeigt, dass in dem von ihnen untersuchten Klientel circa ein Viertel der Kinder mit einseitigem Hörverlust Verhaltensauffälligkeiten hatte [3]. Des Weiteren konnte bestätigt werden, dass ein einseitiger Hörverlust bei Kindern häufiger als bei normalhörenden Kindern zu einer Sprachentwicklungsstörung führt [4].

Material und Methoden

Wir berichten über vier Kinder mit einseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit unbekannter Genese, welche jeweils im Alter von 5;5, 7;3, 8;8 und 10;6 Jahren im Jahr 2012 an unserer Klinik eine einseitige CI-Versorgung erhielten. Dabei wurde bei drei Kindern das linke Ohr versorgt, bei einem Kind das rechte. Eine Versorgung mit einem konventionellen Hörsystem erfolgte im Vorfeld und zeigte keinen ausreichenden Nutzen. Ein Kind zeigte Störungen der Sprach- und Allgemeinentwicklung mit Notwendigkeit einer logopädischen Therapie und heilpädagogischer Frühförderung, ein Kind hatte Schulschwierigkeiten. Bei einem Kind liegt eine Trisomie 14 mit einer globalen Entwicklungsretardierung und einer Sprachentwicklungsstörung vor.

Ergebnisse

Alle Kinder akzeptieren bisher die CI-Versorgung gut und zeigen eine Hörverbesserung, insbesondere in Störschallsituationen, sowie eine Stabilisierung ihrer Allgemeinentwicklung.

In Verlauf von acht Monaten post implantationem zeigt sich ein Sprachverständnis von bis zu 90% Einsilberverständlichkeit bei 65 dB im Störschall (Rauschen) von 60dB im Göttinger Kindersprachverständnistest 1. In der Tonaudiometrie zeigt sich eine pantonale Schwelle von bis zu 30 dB in der Aufblähkurve mit CI (Abbildung 1 [Abb. 1]). Auch das Kind mit der Trisomie 14 zeigt eine gute Akzeptanz sowie einen von den Eltern berichteten Nutzen im Alltag von dem CI, wenn bislang auch in der Sprachaudiometrie eine Einsilberverständlichkeit von maximal 10% bei 65 dB im Göttinger Kindersatztest gemessen werden kann, was sicherlich auch in Zusammenhang mit der Entwicklungsstörung gesehen werden sollte. Inwiefern hier eine messbare Verbesserung des Hörens in den nächsten Monaten eintritt, bleibt abzuwarten.

Diskussion

Bei adäquater Indikationsstellung können wir aufgrund unserer bisherigen Erfahrung eine CI Versorgung von Kindern mit einseitiger Ertaubung befürworten, insbesondere, wenn bereits für eine Hörstörung typische Entwicklungsauffälligkeiten zu beobachten sind. Unsere Erfahrungen zeigen sich somit auch kongruent zu den Ergebnissen in der bisher veröffentlichten Literatur [5].


Literatur

1.
Arndt S, Laszig R, Aschendorff A, Beck R, Schild C, Hassepass F, Ihorst G, Kroeger S, Kirchem P, Wesarg T. Einseitige Taubheit und Cochlear-implant-Versorgung: Audiologische Diagnostik und Ergebnisse. HNO. 2011 May;59(5):437-46. DOI: 10.1007/s00106-011-2318-8 External link
2.
Jacob R, Stelzig Y, Nopp P, Schleich P. Audiologische Ergebnisse mit Cochlear implant bei einseitiger Taubheit. HNO. 2011 May;59(5):453-60. DOI: 10.1007/s00106-011-2321-0 External link
3.
Lieu JE, Tye-Murray N, Fu Q. Longitudinal study of children with unilateral hearing loss. Laryngoscope. 2012 Sep;122(9):2088-95. DOI: 10.1002/lary.23454 External link
4.
Lieu JE, Tye-Murray N, Karzon RK, Piccirillo JF. Unilateral hearing loss is associated with worse speech-language scores in children. Pediatrics. 2010 Jun;125(6):e1348-55. DOI: 10.1542/peds.2009-2448 External link
5.
Hassepass F, Aschendorff A, Wesarg T, Kröger S, Laszig R, Beck RL, Schild C, Arndt S. Unilateral deafness in children: audiologic and subjective assessment of hearing abilitiy after cochlear implantation. Otol Neurotol. 2013 Jan;34(1):53-60