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29. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

21.09. - 23.09.2012, Bonn

Roboter in der Medizin – Fortschritt oder Risiko?

Vortrag

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  • corresponding author Friedrich Bootz - Universitätsklinikum Bonn, Chirurgisches Zentrum Klinik für HNO, Bonn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 29. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Bonn, 21.-23.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgppHV1

doi: 10.3205/12dgpp94, urn:nbn:de:0183-12dgpp943

Published: September 6, 2012

© 2012 Bootz.
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Die chirurgische Navigation ist heutzutage in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde ein fester Bestandteil operativer Verfahren, insbesondere im Bereich der Schädelbasis und der Nasennebenhöhlen. Roboter hingegen werden in diesem Bereich bisher nur selten eingesetzt. In der Medizin allgemein gibt es jedoch schon seit vielen Jahren Erfahrungen mit Roboter assistierter Chirurgie. Vorteile von Medizinrobotern ist die hohe Präzision und Reproduzierbarkeit von Abläufen, eine hohe Geschwindigkeit von Prozessen, Anwendung höherer Kräfte und die Zugänglichkeit zu anatomisch schwer zu erreichenden Regionen.

Beim Einsatz am Patienten werden Pflegeroboter von Diagnoserobotern, Assistenzrobotern und Therapierobotern unterschieden. Verschiedene Systeme stehen zur Verfügung. Der programmierbare Roboter, bei dem der Chirurg die Operation offline auf einem Computermodell plant und den Roboter dann zur Ausführung der Prozedur programmiert. Ein weiteres System ist die robotische Telechirurgie, wobei der Chirurg den Roboter in Realtime über ein optisches Interface kontrolliert. Der Roboter führt dabei nur die Aktion nach dem Master-Slave-Prinzip durch, die der Chirurg vorgibt. Ein weiteres System besteht in der direkten Kontrolle des Roboters durch den Chirurgen, der ihn direkt steuert (intuitive Steuerung).

Die erste Anwendung eines Chirurgieroboters geht auf das Jahr 1985 zurück, wobei KWOH und Mitarbeiter an einem Puma 200 eine stereotaktische Biopsie aus dem Gehirn entnahm. Dieses Prinzip der stereotaktischen Eingriffe hat sich heute als gewisser Standard bei neurochirurgischen Eingriffen etabliert. Eine weitere etablierte Entwicklung ist die Roboter geführte Strahlentherapie mit dem sog. Cyberknife, wodurch eine sehr genaue Bild geführte Roboter-Radiochirurgie durchgeführt werden kann.

1990 nahmen die ersten Urologen eine Biopsie aus Prostatagewebe am Guy’s-Hospital in London vor. Der erste kommerziell verfügbare Chirurgieroboter stand 1992 zur Verfügung. Der sog. Robodoc wurde zum Fräsen von Knochen für Hüfte und Kniegelenksprothesen eingesetzt. 1998 wurden die ersten Roboter für minimal-invasive endoskopische Operationen im Bereich des Abdomens eingeführt, die sowohl Endoskope als auch Instrumente führten. Auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahren technisch Vieles weiter entwickelt, so dass heute eine Roboterintegration mit Singleport also einem einzigen Zugang für mehrere Instrumente möglich ist. Auch die Telerobotik hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, jedoch waren Operationen, die von weiter Entfernung zum Patienten aus gesteuert wurden, nur selten durchgeführt worden. Der sog. Da Vinci-Roboter, der seit 1991 zur Verfügung steht und seither mehrfach weiter entwickelt wurde, wird heute weltweit eingesetzt. Streng genommen handelt es sich hier um eine Konsole, also einem Master-Slave-Prinzip. Weltweit sind über 300 Da Vinci-Systeme im Einsatz. Der Da Vinci wird hauptsächlich in der Prostatachirurgie, aber auch in der Abdominal- und Herzchirurgie eingesetzt. Die Indikationen haben sich in den letzten Jahren deutlich erweitert. Bei den Patienten wird durch die Publikation und auch durch die Werbung ein hohes Maß an Sicherheit bei operativen Eingriffen erwartet.

Umfragen haben jedoch ergeben, dass die Erwartungen der Patienten in die Roboterchirurgie häufig nicht erfüllt wurden, dies bezieht sich insbesondere auf die Roboter assistierte laparoskopische Prostatektomie. Allgemein war bei der Einführung von Chirurgierobotern eine große Euphorie zu bemerken. Doch wenig später kam dann auch die Ernüchterung, insbesondere beim Einsatz des Robodoc, der zu vielen Komplikationen, v.a. beim Einsatz von Hüftendoprothesen geführt hat, so dass eine große Klagewelle gegen den Operateur und auch gegen den Hersteller aufkam.

Robotersysteme sollten eher der Hilfestellung bei operativen Eingriffen dienen und weniger eigenständig durch entsprechende Programmierung operative Schritte selbst durchführen, wie z.B. Fräsarbeiten. Auf diesem Gebiet ist insbesondere die Roboter assistierte Endoskopführung, z.B. bei Nasenebenhöhlenoperationen zu erwähnen. Hier leistet der Roboter sehr nützliche Assistenz, indem er das Endoskop erschütterungsfrei für lange Zeit in entsprechender Position hält bzw. das Endoskop auf der Bewegung von Instrumenten folgen lässt.
Ein solches System wird zurzeit an unserer Klinik in Kooperation mit dem Institut für Robotik der TU Braunschweig erarbeitet, wo bereits erste Ergebnisse verfügbar sind. Hierbei ist jedoch ein hohes Maß an Sicherheitsvorkehrungen notwendig, um eine Verletzung wichtiger Strukturen, wie z.B. der Augenhöhle und der Schädelbasis zu verhindern. Hierzu wurden 3D-Nasenmodelle und Modelle der Nasennebenhöhlen hergestellt, der Roboter darf die dabei definierten Grenzen des Nebenhöhlensystems nicht überschreiten.

Die intensiven wissenschaftlichen Arbeiten erlauben mittlerweile am Modell einen sicheren Einsatz der Roboter geführten Endoskopie.

Roboter in der Medizin können ausgesprochen hilfreich sein. Beim Einsatz von Robotern muss jedoch ein äußerst hohes Maß an Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden und es muss immer gewährleistet sein, dass der Operateur in das Verfahren eingreifen kann. Die selbständige Durchführung operativer Schritte durch entsprechende Programmierung ist nicht das Ziel unserer Forschung. Der Robotereinsatz sollte sich auf ein Assistenzsystem beschränken.