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27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

17.09. - 19.09.2010, Aachen

Aufbau einer akustischen Datenbank zur Rehabilitationsbeurteilung von Säuglingen und Kleinkindern mit einem Cochlea Implantat (CI)

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  • corresponding author presenting/speaker Dominique Müller - Sächsisches Cochlear Implant Centrum/Univ. HNO-Klinik, Dresden, Deutschland
  • author Kerstin Mothes - Sächsisches Cochlear Implant Centrum/Univ. HNO-Klinik, Dresden, Deutschland
  • author Dirk Mürbe - Sächsisches Cochlear Implant Centrum/Univ. HNO-Klinik, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Aachen, 17.-19.09.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dgppP16

doi: 10.3205/10dgpp49, urn:nbn:de:0183-10dgpp493

Published: August 31, 2010

© 2010 Müller et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Durch das Neugeborenen-Hörscreening wird es möglich, hochgradig hörgeschädigte Kinder frühzeitig zu diagnostizieren und bereits im 1. Lebensjahr mit einem CI zu versorgen. Während der initialen Phase der Rehabilitation können keine objektivierbaren Parameter (z.B. zum Sprachentwicklungsstand) im Hinblick auf den Rehabilitationserfolg herangezogen werden. Aus diesem Grund wird am Sächsischen Cochlear Implant Centrum (SCIC) Dresden am Aufbau einer akustischen Datenbank zur Dokumentation der vorsprachlichen Entwicklung gearbeitet.

Material und Methoden: Die kindlichen Lautierungssequenzen werden während der alle 6–8 Wochen stattfindenden Rehabilitationsaufenthalte im longitudinalen Verlauf dokumentiert. Diese Daten stehen für die perzeptive Beurteilung durch das Therapeutenteam und für akustische Analysen zur Verfügung.

Ergebnisse: Die Datenbanksequenzen dokumentieren den Fortschritt in der lautsprachlichen Entwicklung im Verlauf des Rehabilitationsprozesses. Mit Hilfe der Fast Fourier Transformation (FFT) und der Linear Predictive Coding Analysis (LPC-Analyse) werden die Daten hinsichtlich der Grundfrequenz und der Formanten untersucht.

Diskussion: Die gespeicherten Sequenzen erlauben neben subjektiven Einschätzungen und den Ergebnissen von Elternfragebögen eine ergänzende Beurteilung der frühen Hör-Sprachentwicklung.


Text

Einleitung und Hintergrund

Durch das Neugeborenen-Hörscreening wird es möglich, hochgradig hörgeschädigte Kinder frühzeitig zu diagnostizieren und bereits im 1. Lebensjahr mit einem Cochlea Implantat zu versorgen. Aufgrund dieses geringen Lebensalters ist es in der initialen Phase der Rehabilitation nicht möglich, auf objektive Parameter, wie beispielsweise Sprachentwicklungstests, zur Dokumentation des Rehabilitationserfolges zurückzugreifen. Um dennoch möglichst genaue Daten über Entwicklungsfortschritte zu erhalten, wird am Sächsischen Cochlear Implant Centrum (SCIC) Dresden am Aufbau einer akustischen Datenbank zur Dokumentation der vorsprachlichen Entwicklung gearbeitet.

Neben dem Aufbau der Datenbank ist die Erarbeitung von Auswertungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Entwicklung verschiedener stimmlicher Parameter ein zweites Ziel dieses Projektes. Die Auswertung bei Kinderstimmen bezieht sich in der Literatur meist auf vokalähnliche Laute. Hierbei werden bei Erwachsenenstimmen vorrangig die Grundfrequenz und die Formanten betrachtet. Aufgrund der sehr hohen Grundfrequenz bei Kinderstimmen zeigen sich Probleme bei der Auswertung der Formanten (vgl. [1]). Bereits im Bereich der normalen kindlichen Stimmentwicklung sind daher wenige Daten in Bezug auf die Formantentwicklung vorhanden, im besonderen Falle der Stimmentwicklung nach CI-Operation finden sich kaum veröffentlichte Studien (vgl. [2], [3]).

Methode

Nach der Operation werden die Kinder in Dresden alle 6–8 Wochen für 2–5 Tage stationär im SCIC betreut. Während der stattfindenden Therapieeinheiten werden die kindlichen Lautierungssequenzen mit Hilfe eines Standrecorders (Hersteller: Zoom Corporation) dokumentiert. Sowohl der Mikrofonabstand, als auch der Mikrofonwinkel lassen sich dabei kaum objektivieren, da die meisten Säuglinge und Kleinkinder motorisch aktiv sind und Ansteckmikrofone nicht tolerieren. Mit Hilfe von verschiedenen, individuell abgestimmten Angeboten soll das Kind zu Lautäußerungen motiviert werden. Dabei werden vegetative Laute, Lachen und Weinen von der Bearbeitung ausgeschlossen Diese Daten stehen anschließend für die perzeptive Beurteilung durch das Therapeutenteam und für akustische Analysen zur Verfügung. Als Analyseverfahren wurden die Fast Fourier Transformation (FFT) und die Linear Predictive Coding Analysis (LPC-Analyse) gewählt.

Ergebnisse

Bisher enthält die Datenbank Aufnahmen von etwa 20 Kindern mit einem Höralter zwischen 3 und 49 Monaten. Bei diesen Kindern konnte, durch die Aufnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten im Rehabilitationsprozess, der Fortschritt in der lautsprachlichen Entwicklung gut dokumentiert werden.

Als zu beurteilende stimmliche Parameter wurden die Grundfrequenz und die ersten drei Formanten herangezogen. Aus den Vokalisationssequenzen einzelner Kinder wurden die vokalähnlichen Laute zur weiteren Bearbeitung mittels des Programms Wavesurfer herausgeschnitten (http://www.speech.kth.se/wavesurfer/) und anschließend mit Hilfe der Fast Fourier Transformation (FFT) in den Frequenzbereich transformiert. Die Einhüllende des Spektrums wird im Allgemeinen als Übertragungsfunktion des Ansatzrohres angesehen und mit Hilfe der LPC-Analyse ermittelt. Die Maxima dieses geglätteten Frequenzganges korrelieren in ihrer Reihenfolge mit der Grundfrequenz und den Formanten. Während die relativ hohen Grundfrequenzen, zwischen 350–550 Hz, sicher bestimmt werden konnten, traten bei der eindeutigen Bestimmung der Formanten Probleme auf.

Schlussfolgerung

Die gespeicherten Sequenzen erlauben neben subjektiven Einschätzungen der Eltern und Therapeuten und den Ergebnissen von Elternfragebögen eine ergänzende Beurteilung der frühen Hör-Sprachentwicklung.

Hinsichtlich der Analysemöglichkeiten von Kinderstimmen stellt sich nun die Frage, ob akustische Analyseverfahren für die Erwachsenenstimme auf Kinderstimmen übertragbar sind. Daran anschließend folgt die Überlegung, welche anderen Merkmale bei Kinderstimmen eventuell von Bedeutung sein könnten.


Literatur

1.
Vorperian H, Kent R. Vowel Acoustic Space Development in Children: A Synthesis of Acoustic and Anatomic Data. Journal of Speech, Language, and Hearing Research. 2007;50:1510-45. DOI: 10.1044/1092-4388(2007/104) External link
2.
Seifert E, Oswald M, Bruns U, Vischer M, Kompis M, Haeusler R. Changes of voice and articulation in children witch cochlear implants. International Journal of Pediatric Otorhinolaryngology. 2002;66:115-23. DOI: 10.1016/S0165-5876(02)00216-1 External link
3.
Hocevar-Boltezar I, Boltezar M, Zargi M. The influence of cochlear implantation on vowel articulation. Wiener Klinische Wochenschrift. 2008;120(7-8):228-33. DOI: 10.1007/s00508-008-0944-2 External link