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26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

11.09. - 13.09.2009, Leipzig

Kombinierte Schwerhörigkeit bei Warfarin-Embryopathie – eine Fallvorstellung

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Sylvi Meuret - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Christine Mißbach - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Helga Hofmann - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Michael Fuchs - Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 11.-13.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgppP04

doi: 10.3205/09dgpp07, urn:nbn:de:0183-09dgpp076

Published: September 7, 2009

© 2009 Meuret et al.
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Zusammenfassung

Bei der seltenen Warfarin-Embryopathie können die betroffenen Kinder laut Literatur an einer Hörstörung leiden.

Es handelte sich um einen 8 7/12 Jahre alten Jungen mit den typischen fazialen Stigmata sowie einer Brachytelephalangie. In der Anamnese besteht ein Zustand nach Sprachentwicklungsstörung bei geistiger Retardierung sowie rezidivierenden Schallleitungsschwerhörigkeiten beidseits, so dass bereits 3-malig eine Paukendrainageeinlage erfolgte. Des Weiteren liegt eine bekannte Marcumar-Einnahme der Mutter während der gesamten Schwangerschaft vor.

Im Reintonaudiogramm ohne Vertäubung zeigte sich eine kombinierte Schwerhörigkeit bis 60 dB cochleobasal mit Schallleitungsanteil von 10–30 dB bei unauffälliger Tympanometrie. Es konnten weder TEOAE noch DPOAE gemessen werden. Bei der Schwellen-BERA war die Welle V beidseits bis 30 dB nachweisbar. Im CT/MRT des Schädels war weder eine Innen- noch Mittelohrmissbildung sichtbar. Aus pädaudiologischer Sicht erfolgten zunächst Kontrolluntersuchungen. Die Pädiater leiteten eine Beschulung in einer Förderschule ein.

Bei vorliegenden fazialen Stigmata sollte an das seltene Krankheitsbild der Warfarin-Embryopathie gedacht werden. Wir beschreiben erstmalig exakt die dabei aufgetretene Hörstörung.


Text

Einleitung

Als Warfarin-Embryopathie (auch fetales Warfarin-Syndrom oder Coumarin-Embryopathie) wird bei Kindern ein Symptomkomplex bezeichnet, deren Mütter in der Schwangerschaft, vor allem im Zeitraum der 6.–12. Schwangerschaftswoche, mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt wurden. Die Spontanabortrate bei Frauen, die Cumarine während der Schwangerschaft einnehmen, wird auf 30% geschätzt. Man geht davon aus, dass 6% der Neugeborenen, die während der Schwangerschaft Coumarinen ausgesetzt waren, an einer Warfarin-Embryopathie leiden. Zu den Symptomen gehören vor allem skeletale Fehlbildungen (z.B. Mittelgesichtshypoplasie, Kalzifizierung der Epiphysen) aber auch Schädigungen des Zentralnervensystems (z.B. Optikusatrophie, Mikrozephalie). Zum Gesamtbild der Warfarin-Embryopathie können die betroffenen Kinder laut Literatur ebenso an einer Hörstörung leiden.

Fallvorstellung

Es handelte sich um einen 8 7/12 Jahre alten Jungen mit den typischen fazialen Stigmata einer Mittelgesichtshypoplasie (Abbildung 1 [Abb. 1]) sowie einer Brachytelephalangie.

In der Anamnese besteht ein Zustand nach Sprachentwicklungsstörung bei geistiger Retardierung sowie rezidivierenden Schallleitungsschwerhörigkeiten beidseits, so dass bereits 3-malig eine Paukendrainageeinlage erfolgte. Des Weiteren liegt eine bekannte Marcumar-Einnahme der Mutter während der gesamten Schwangerschaft vor.

Ergebnisse

Im Reintonaudiogramm ohne Vertäubung (Abbildung 2 [Abb. 2]) zeigte sich eine kombinierte Schwerhörigkeit bis 60 dB cochleobasal mit Schallleitungsanteil von 10– 30 dB bei unauffälliger Tympanometrie.

Es konnten weder TEOAE noch DPOAE augelöst werden. Bei der Schwellen-BERA war die Welle V beidseits bis 30 dB nachweisbar. Im CT/MRT des Schädels war weder eine Innen- noch Mittelohrmissbildung sichtbar. Aus pädaudiologischer Sicht erfolgten zunächst Kontrolluntersuchungen. Die Pädiater leiteten eine Beschulung in einer Förderschule ein.

Diskussion

Die Warfarin-Embryopathie ist ein sehr seltenes Krankheitsbild (bis 2002 wurden lediglich 63 Fälle beschrieben). Bei vorliegenden fazialen Stigmata sollte an das seltene Krankheitsbild der Warfarin-Embryopathie gedacht werden. Wir beschreiben erstmalig exakt die dabei aufgetretene Hörstörung.


Literatur

1.
Hetzel PG, Glanzmann R, Hasler PW, Ladewick A, Bührer C.Coumarin embryopathy in an extremely low birth weight infant associated with neonatal hepatitis and ocular malformations. Eur J Pediatr. 2006;165(6):358-60.
2.
van Driel D, Wesseling J, Sauer PJ, Touwen BC, van der Veer E, Heymans HS. Teratogen update: fetal effects after in utero exposure to coumarins overview of cases, follow-up findings, and pathogenesis. Teratology. 2002;66(3):127-40. Review.