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23. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

15. - 17.09.2006, Heidelberg

ELAN - Eltern Antworten (Elternfragebogen zur Wortschatzentwicklung im frühen Kindesalter)

Vortrag

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Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 23. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Heidelberg, 15.-17.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgppV20

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Published: September 5, 2006

© 2006 Bockmann et al.
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Zusammenfassung

Anliegen war es, ein valides und reliables Instrument zur Erfassung des produktiven Wortschatzumfangs als prädiktiven Marker für Sprachentwicklungsstörungen zu entwickeln. Mittels eines solchen Entwicklungs-Screenings soll die Frühidentifikation von Risikokindern ermöglicht werden. Auf empirischer Basis wurde in Anlehnung an die klass. Testtheorie ein Inventar konstruiert (Urform), welches neben anamnestischen Daten den expressiven Wortschatz eines jungen Kindes (Checkliste) sowie Angaben zur produktiven Grammatik durch Elternbefragung erhebt. Nach teststatistischen Analysen wurden 186 Kinder im Alter von 16 bis 26 Monaten mit der vorläufigen Endform und den zu benennenden Testbildern der MFED 2-3 untersucht. Eine Teilstichprobe wurde im Alter von 3 bis 4 und 4 bis 5 Jahren mit dem AWST 3-6 nachuntersucht.

Ergebnisse: Hinsichtlich der Validierung an einem Außenkriterium (MFED) und der Prüfung der aus dem aktuellen Forschungsstand abgeleiteten Hypothesen ließen sich eine solide Konstruktvalidität, kriterienbezogenen Validität und Vorhersagevalidität des Instruments bestätigen. Der ELAN verfügt mit einer internen Konsistenz wie auch Split-Half-Reliabilität von ,99 und einer Retest-Reliabilität von .98 (Zeitabstand 10-14 Tage) über eine hohe Messzuverlässigkeit. Er ist praktikabel, nützlich, ökonomisch und erfuhr bei den Eltern hohe Akzeptanz. Normen liegen von 270 normalgesunden, monolingual deutschsprachig aufgewachsenen Kindern im Alter von 16 bis 26 Monaten aus 14 Bundesländern vor.


Text

Einleitung

Nicht zuletzt aus den vielfach belegten signifikanten Zusammenhängen zwischen Sprachentwicklung und anderen Bereichen der frühkindlichen Entwicklung leitet sich der Bedarf einer frühen, standardisierten Sprachentwicklungsdiagnostik ab. Für den deutschen Sprachraum stehen derzeit nur die "Elternfragebögen ELFRA-1 und ELFRA-2" [1] zur Verfügung, die an 140 Kindern normiert sind. Ökonomie, prognostische Validität und Nützlichkeit dieses Screenings werden nicht unkritisch betrachtet [2], [3]. Dieser Hintergrund bildete für uns den Ausgangspunkt, ein valides, objektives und reliables Untersuchungsinstrument zur Erfassung des expressiven Wortschatzes zu entwickeln und zu normieren, welches auch dem Nebengütekriterium Ökonomie in der Datengewinnung und -auswertung Rechnung trägt: den Elternfragebogen ELAN.

Methode

Empirisch basiert (n=43 Kinder im Alter von 16 bis 25 Monaten; Urform) wurde ein Elternfragebogen konstruiert, bestehend aus einem Anamnesefragebogen plus Vokabel-Checkliste und Angaben zur produktiven Grammatik (Vorform). Mit der Vokabel-Checkliste wurde der Wortschatz eines Kindes indirekt (Elternbefragung) erhoben (n=42). Für das Ausfüllen des Fragebogens brauchten die Eltern im Mittel 15 Minuten. Keines der teilnehmenden Elternteile (auch nicht die Eltern von Late Talkers) brach vorzeitig ab. Die Ergebnisse wurden einer teststatistischen Analyse unterzogen. Mit der resultierenden vorläufigen Endform wurden 186 Kinder im Alter von 16 bis 26 Monaten untersucht; zudem erhielten sie eine Bildbenennaufgabe (Testbilder der Münchner Funktionellen Entwicklungsdiagnostik MFED 2-3). Es wurden die Hauptgütekriterien bestimmt, und das Verfahren wurde normiert. Zur Messung der elterlichen Akzeptanz füllten 40 Eltern einen Evaluationsbogen aus. Dreißig Eltern füllten den Fragebogen ein zweites Mal nach 10-14 Tagen aus.

Ergebnisse

Itemstatistiken belegen einen mittleren Schwierigkeitsindex der Items in der Vokabel-Checkliste von P=37 (SD=15.95). Betrachtet man die durchschnittlichen Schwierigkeitsindizes der Wortfelder und Wortklassen, so ist es (mit Ausnahme der Kategorie Fragewörter) gelungen, Items optimaler Schwierigkeit auszuwählen. Darüber hinaus spricht die große Streuung der Schwierigkeitsindizes (P=8% bis 96%) für einen weiten Geltungsbereich des Verfahrens. Den strengen Konventionen für die Trennschärfeindizes eines Messinstruments folgend sollten Items mit Trennschärfe rpbis (=punktbiseriale Korrelation) <.30 aussortiert werden. Das traf auf 5 von 250 Items zu. Der mittlere Trennschärfekoeffizient beträgt in der Gesamtstichprobe rpbis=.70 (SD=0.13). Die Trennschärfe wird gleichzeitig als "Aufgabenvalidität" bezeichnet, da sie den Gemeinsamkeitsgrad dessen angibt, was Aufgabe (Item) und ganzer Test messen. Somit kann für den ELAN von einer hohen Aufgabenvalidität ausgegangen werden und die Erwartung, dass das Verfahren gut differenziert zwischen "schlechten Sprachnutzern" und "guten Sprachnutzern", ist berechtigt.

Zur Bestimmung der kriterienbezogenen Validität wurden die Ergebnisse an der MFED als Aussenkriterium validiert. Für die Gesamtstichprobe resultierte eine punktbiseriale Korrelation von rpbis=.891 (Jungen: rpbis=.77; Mädchen: rpbis=.893). Alle Korrelationen waren signifikant (p<.001). Die Prüfung von aus dem Forschungsstand abgeleiteten Erwartungen erbrachte vielfältige Hinweise für das Vorliegen einer soliden Konstruktvalidität. Die Nachuntersuchung von 37 Kindern mit dem AWST 3-6 im Alter von 3 bis 4 Jahren (M=46,51; SD=4,03 Monate) ergab einen signifikanten Regressionskoeffizienten für die Vorhersage des Testwortschatzes aus der Summe der von einem Kind gebrauchten Wörter im Elternfragebogen (R=0,45; p=0,0006) und belegte die prognostische Validität des ELANs.

Für die Auswertung (im Schnitt 5 Minuten) bleibt dem Auswerter bei einfacher Aufsummierung der Ja-Antworten und eindeutiger Feststellung von Mehr-Wort-Kombinationen kein Ermessensspielraum. Die Interpretationsobjektivität ist durch das Vorliegen des Diagnosekriteriums (mit 24 Monaten: 50 Wörter u. erste Mehr-Wort-Kombinationen) sowie durch Normen garantiert. Normdaten liegen von 270 Kindern im Alter von 16 bis 26 Monaten aus 14 Bundesländern vor, getrennt nach Alter und für die Altersgruppe von 21 bis 26 Monaten auch nach dem Geschlecht.

Die Reliabilität des ELANs ist hoch. Innere Konsistenz: α=.9963 (Jungen: α=.9964, Mädchen: α=.9957), Split-Half-Reliabilität: r=.9940 (Jungen: r=.9916, Mädchen: r=.9948), Retest-Reliabilität (n=30): r=.98 (Jungen: r=.97, Mädchen: r=.99).

Die Auswertung der Beurteilungsbögen von 40 Eltern zeigte, dass alle Eltern den Fragebogen in seiner äußeren Form als übersichtlich empfanden. Der geringe Anteil fehlender Angaben (missing values) von 0.37% in der Wortschatzliste und 2.33% auf den weiteren Seiten des Fragebogens unterstreicht die hohe Akzeptanz, mit der die Eltern dem ELAN begegneten. Die Formulierungen im Fragebogen beurteilten 100% der Eltern als gut verständlich.

Diskussion

Die Ergebnisse weisen den ELAN als objektives, valides und reliables Verfahren aus. Er hat eine hohe Akzeptanz bei den Eltern bewiesen und sich als praktikables sowie nützliches Instrument zur Gewinnung von frühen lexikalischen Entwicklungsdaten mit Bezug auf Referenzwerte bewährt. Er lässt sich ökonomisch (ohne großen Aufwand und Vorbereitung) durchführen und auswerten. Damit steht ein effektives zeit- wie auch kostensparendes Entwicklungsscreening zur Verfügung (z.B. als Routineinstrument im Rahmen der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchung U7, in der Entwicklungsdiagnostik in phoniatrisch/pädaudiologischen Abteilungen oder als entwicklungspsychologisches Forschungsinstrument). Dem Screening müssen bei auffälligem Befund investigative Nachuntersuchungen sowie eine gezielte individuell störungsspezifische, kindgerechte Behandlung unter Einschluss der Eltern folgen. Hierfür liegen anhand der Wortfelder der Vokabel-Checkliste Förderhinweise vor.


Literatur

1.
Grimm H, Doil H. ELFRA. Elternfragebögen für die Früherkennung von Risikokindern. Handanweisung. Göttingen: Hogrefe; 2000.
2.
Willinger U. ELFRA. Elternfragebögen für die Früherkennung von Risikokindern. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie. 2002;34:119-22.
3.
Schulz P. Frühdiagnostik. In: Schöler H, Welling A (Hrsg.). Förderschwerpunkt Sprache. Göttingen: Hogrefe. (im Druck).