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20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12. bis 14.09.2003, Rostock

Sonographische Analyse der Larynxelevation bei neurogener Dysphagie

Poster

  • corresponding author Peter P. Urban - Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Mainz, Langenbeckstr. 1, 55101 Mainz, Tel.: 06131/174473, Fax.: 06131/175625
  • Sven Klimpe - Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Mainz, Langenbeckstr. 1, 55101 Mainz, Tel.: 06131/174473, Fax.: 06131/175625
  • Peter Binz - Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Mainz, Langenbeckstr. 1, 55101 Mainz, Tel.: 06131/174473, Fax.: 06131/175625
  • Valerio Kuhl - Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Mainz, Langenbeckstr. 1, 55101 Mainz, Tel.: 06131/174473, Fax.: 06131/175625
  • Marianne Dieterich - Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Mainz, Langenbeckstr. 1, 55101 Mainz, Tel.: 06131/174473, Fax.: 06131/175625

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Rostock, 12.-14.09.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. DocP10

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Published: September 12, 2003

© 2003 Urban et al.
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Zusammenfassung

Ziel unserer Studie war die Analyse der vertikalen Larynxexkursion beim Schluckvorgang mittels Ultraschalluntersuchung bei Gesunden und bei Patienten mit neurogener Dysphagie. Dazu wird ein 7,5 MHz Linearschallkopf von der Seite longitudinal über dem Larynx plaziert und die Kontur des Zungenbeins und Schildknorpels dargestellt. Der Abstand zwischen Hyoid und Oberrand des Schildknorpels wird während der Larynxelevation mittels Videoaufzeichnung analysiert. Die mittlere Distanz wird in Ruhe und beim Schlucken (5 ml Wasser) ausgemessen und anschließend die relative Verkürzung der Distanz beim Schlucken berechnet. Normwerte wurden bei 42 Probanden (57 ±19 Jahre) ermittelt. Bei 18 Patienten (63 ±8 Jahre) lagen der neurogenen Dysphagie folgende Diagnosen zugrunde: zerebrale Ischämien: n=5, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): n=3, Multiple Sklerose (MS): n=3, M. Parkinson: n=2, Multisystematrophie: n=2, Myasthenia gravis: n=1, Chorea Huntington: n=1, Myositis: n=1. Bei Gesunden ergab sich in Ruhe eine mittlere Distanz von 220 (± 30)mm und eine kürzeste Distanz von 85 (±11)mm während des Schluckens. Dies entsprach einer prozentualen Verkürzung um 61% (±3) unter physiologischen Bedingungen. Bei neurogener Dysphagie betrug die relative Larynxelevation lediglich 42% (±10) [p < 0,0001]. Absolut betrug die mittlere Distanz in Ruhe 185 (±45)mm und die kürzeste Distanz 105 (±18)mm während des Schluckvorganges. In unserer Pilotstudie konnten wir bei Patienten mit neurogener Dysphagie unterschiedlicher Ätiologie eine gegenüber Gesunden signifikant verminderte Larxnxelevation nachweisen. Vorteile einer Ultraschalluntersuchung des Schluckvorganges sind die nichtinvasive Quantifizierung der Larynxelevation und die Wiederholbarkeit der Untersuchung.


Text

Einleitung

Schluckstörungen sind ein häufiges Symptom verschiedener neurologischer Krankheitsbilder [1]. Die Larynxelevation ist ein essentieller und protektiver Bestandteil des Schluckvorganges [2]. Das Ziel unserer Studie war die quantitative Analyse der vertikalen Larynxexkursion beim Schluckvorgang mittels Ultraschalluntersuchung bei Gesunden und bei Patienten mit einer neurogenen Dysphagie.

Methode

Der Abstand zwischen Hyoid und Oberrand des Schildknorpels wird im B-mode Verfahren über einen 7,5 MHz Linearschallkopf (Philips SD 800, Irvine CA) mittels Videoaufzeichnung analysiert, die mittlere Distanz in Ruhe und beim Schlucken (5 ml Wasser) ausgemessen und anschließend die relative Verkürzung beim Schlucken berechnet. Die Untersuchung erfolgte in Rückenlage in halbsitzender Position. Normwerte wurden bei 42 Probanden (57 ± 19 Jahre) ermittelt. Bei 18 Patienten (63 ± 8 Jahre) lagen der neurogenen Dysphagie folgende Diagnosen zugrunde: zerebrale Ischämien: n=5, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): n=3, Multiple Sklerose (MS): n=3, M. Parkinson: n=2, Multisystematrophie: n=2, Myasthenia gravis: n=1, Chorea Huntington: n=1, Myositis: n=1. Alle Patienten klagten zum Untersuchungszeitpunkt über subjektive Schluckstörungen und wiesen einen pathologischen Bedside-Test nach DePippo et al. [3] auf.

Ergebnisse

Bei Gesunden ergab sich in Ruhe eine mittlere Distanz von 220 (± 30)mm und eine kürzeste Distanz von 85 (±11)mm während des Schluckens [Abb. 1]. Dies entsprach einer prozentualen Verkürzung um 61 % (± 3) unter physiologischen Bedingungen. Bei den Patienten mit neurogener Dysphagie betrug die relative Larynxelevation lediglich 42 % (±10) [p < 0,0001]. Absolut betrug die mittlere Distanz in Ruhe 185 (±45)mm und die kürzeste Distanz 105 (±18)mm während des Schluckvorganges. Bei Patienten mit neurogener Dysphagie nach zerebraler Ischämie und bei einem Patienten mit Myasthenia gravis war die relative Larynxelevation am stärksten beeinträchtigt [Abb. 2].

Diskussion

Eine ungenügende Larynxelevation wird als ein wesentlicher Mechanismus für eine Aspiration angesehen [2]. Der Goldstandard für die apparative Diagnostik neurogener Dysphagien ist die Videofluoroskopie, die allerdings nicht immer verfügbar ist, nur im Stehen oder Sitzen durchgeführt werden kann, mit Strahlenexposition und der Applikation von Kontrastmittel einhergeht und somit kaum Verlaufsuntersuchungen zulässt [4]. Die Fiberendoskopie ist invasiv und erlaubt keine quantitative Beurteilung der Larynxelevation. Vorteile einer Untersuchung des Schluckvorganges mittels Ultraschall sind die nichtinvasive Quantifizierung der Larynxelevation und die Wiederholbarkeit der Untersuchung.

In unserer Pilotstudie konnten wir bei Patienten mit neurogener Dysphagie unterschiedlicher Ätiologie erstmals über eine Ultraschalltechnik eine gegenüber Gesunden signifikant verminderte Larxnxelevation nachweisen. In meheren videofluoroskopischen Untersuchungen wurde bereits eine verminderte Larynxelevation bei neurogenen Dysphagien beschrieben, diese in der Regel aber nicht quantitativ ausgewertet [5], [6], [7]. Lediglich Sundgren et al. [8] führten eine quantitative Analyse der Larynxelevation durch und fanden keine signifikanten Unterschiede zwischen neurogener Dysphagie und Kontrollen. Problematisch an dieser Studie ist allerdings, dass die Autoren keine Angaben zur Ursache der neurogenen Dysphagie machten und auch Patienten mit einer Dysphagie-Anamnese einschlossen, ohne das klar wird ob die Patienten zum Untersuchungszeitpunkt noch eine Dysphagie aufwiesen. Insofern ist der nächste Schritt eine vergleichende quantitative Analyse der Larynxelevation mittels Videofluoroskopie und Ultaschalltechnik, die wir aktuell durchführen.


Literatur

1.
Perlman AL, Schulze-Delrieu K. Deglutition and its disorders. Singular Publishing Group, San Diego 1997
2.
Logemann JA. Evaluation and treatment of swallowing disorders. College-Hill, San Diego 1983
3.
DePippo KL, Holas MA, Reding MJ. Validation of the 3-oz water swallow test for aspiration following stroke. Arch Neurol 1992;49:1259-61
4.
Martino R, Pron G, Diamant N. Screening for oropharyngeal dysphagia in stroke: insufficient evidence for guidelines. Dysphagia 2000;15:19-30
5.
Dantas RO, Kern MK, Massey BT, Dodds WJ, Kahrilas PJ, Brasseur JG, Cook IJ, Lang IM. Effect of swallowed bolus variables on oral and pharyngeal phases of swallowing. Am J Physiol 1990;258:G675-G681
6.
Perlman AL, VanDaele DJ, Otterbacher MS. Quantitative assessment of hyoid bone displacement from video images during swallowing. J Speech Hear Res 1995;38:579-585
7.
Leonard RJ, Kendall KA, McKenzie S, Goncalves MI, Walker A. Structural displacements in normal swallowing: a videofluoroscopic study. Dysphagia 2000;15:146-152
8.
Sundgren P, Maly P, Gullberg B. Elevation of the larynx on normal and abnormal cineradiogram. Br J Radiol 1993;66:768-772